Draussen an der Zürcher Bahnhofstrasse ist es brütend heiss. Doch nicht die Hitze, sondern die Konkurrenz der modischen Onlineshops bringt den Schweizer Modedetailhandel gehörig ins Schwitzen. Eine ruinöse Rabattschlacht tobt, die zuletzt OVS (ehem. Charles Vögele) zur Aufgabe der über 140 Schweizer Filialen zwang. Und nun will auch noch die Migros Globus mit seinen Modegeschäften verkaufen. In diesem Umfeld erläutert PKZ-Chefin Manuela Beer (49), wie anforderungsreich es ist, ein traditionelles Modehaus erfolgreich zu führen. Dazu lädt sie ins gekühlte Dachgeschoss der PKZ-Men-Filiale in Zürich.
BLICK: Männer gehen nicht gerne auf grosse Einkaufstour. Trotzdem läuft das Geschäft mit den Herren für PKZ gut. Woran liegt das?
Manuela Beer: Männer reagieren weniger auf saisonale Trends und sind einfacher einzukleiden. Einfacher in dem Sinne, dass es fürs Erste reicht, ein klassisches, tolles Grundangebot zu haben. Ein weisses Hemd ist ein weisses Hemd. Für den Erfolg braucht es neben den Basics jedoch ein breites Casual-Sortiment und Accessoires – und Mitarbeiter, die beraten können. Das Einkaufsverhalten führt dazu, dass Herrengeschäfte schneller rentabel sind.
Krawatte und Anzug seien total aus der Mode, heisst es. Wird der klassische Business-Look zum Ladenhüter?
Nein! Bereits gibt es einen Gegentrend. Gerade hier in der Umgebung der Zürcher Bahnhofstrasse kleiden sich die Männer wieder formeller. Wenn die Zeiten härter werden, zieht man sich korrekter an. Man will ja nicht unangenehm auffallen. Business-Anzüge haben bei uns immer noch Konjunktur.
Sie sehen sogar Wachstum im Herren-Bereich?
Wir haben in den letzten Jahren zwei weitere Männerfilialen eröffnet. Hier sehen wir Wachstumsmöglichkeiten. Es gibt einige Städte, wo wir noch nicht präsent sind, aber Mitbewerber mit einem vergleichbaren Angebot verschwunden sind. Wir stehen in Verhandlungen für eine Expansion.
Apropos Expansion: Globus wird verkauft – wird PKZ zuschlagen?
Da wir noch nicht wissen, wer Globus kaufen wird, möchte ich nicht über Möglichkeiten spekulieren. PKZ wird es nicht sein. Unabhängig davon könnten einzelne Standorte für uns interessant sein. (lacht)
Die Männer als Chance. Mit den Frauen ist das Geschäft schwieriger?
Nicht schwieriger, aber anspruchsvoller. Vor allem wenn es darum geht, ein Damenmodegeschäft rentabel zu führen. Bei den Damen braucht es eine grössere Auswahl an angesagten Marken, man muss saisonale Trends mitmachen. Aber uns gelingt es, auch das Frauengeschäft profitabel zu halten. Unsere drei grössten Filialen – in Basel, Bern und Zürich – sind Damengeschäfte. Wichtig ist es, den Kundinnen ein Einkaufserlebnis zu bieten. Die gesamte Inszenierung ist aufwendiger als in einer Herrenfiliale.
Verschwitzt Kleider probieren, macht nicht wirklich Spass. Macht das Wetter der Modebranche gerade einen Strich durch die Rechnung?
Für PKZ stimmt die Sommersaison. Der Gesamtmarkt schrumpft hingegen weiter. Uns ist der Start ins neue Jahr gelungen, der Umsatz ist bis Ende Juni um fünf Prozent gegenüber Vorjahr gewachsen. Wettertechnisch hatten wir Glück: Die Wochenenden vor der Hitzewelle waren oft verregnet, die Leute kamen zum Einkaufen in die Stadt.
Die Hitze als Rettungsanker?
Besser könnte das Wetter für uns nicht sein, denn so decken sich die Leute bei uns ein – und kaufen Badekleider und Shorts nicht erst in den Ferien am Strand. Das gilt sowohl für Männer als auch für Frauen.
Fünf Prozent Wachstum in diesem Jahr – das ist ja völlig gegen den Branchentrend?
Unser Wachstum hat schon 2017 eingesetzt. In den letzten beiden Jahren sind wir je 2 Prozent gewachsen, jetzt haben wir diesen Superjahresauftakt.
Was macht PKZ besser als andere Modehäuser?
Das hat mit unserer Neuausrichtung zu tun, mit der Strategie, die wir 2015 definiert haben. Das war im Nachhinein der perfekte Zeitpunkt für die Neuausrichtung. Nicht wirklich ahnend, wie stark der Wandel sein wird, welche Folgen die Digitalisierung für die Branche haben wird, haben wir damals auf eine Erlebnisstrategie gesetzt.
Eine Art Blindflug?
Kein Blindflug, es ist ja schon sehr viel Wissen über die Kleiderbranche eingeflossen. Aber dass der Strukturwandel so dramatisch sein würde, hat niemand geahnt. Da war auch eine Portion Glück dabei. Wir hatten von Anfang die richtige Strategie, um durch diese schwierigen Zeiten seit 2015 zu manövrieren.
Die Kleiderbranche serbelt weiter. Wie hart wird das für PKZ?
2019 ist für uns die Stunde der Wahrheit. Viele Kleidergeschäfte mussten schliessen, davon profitieren wir. Diese Läden haben in den letzten Jahren mit Liquidationen zwar viel Ware auf den Markt geschwemmt. Doch es gibt auch viele Kunden, die eine neue Heimat suchen. Zusammen mit den bestehenden Kunden, den Neukunden und insbesondere in Zürich auch Touristen erreichen wir diese fünf Prozent Wachstum bis jetzt in diesem Jahr.
Warum wird Zalando PKZ nicht aus dem Markt fegen, wie zum Beispiel Charles Vögele?
Unsere Zukunft liegt im «Sowohl-als-auch»: Wir haben 39 Filialen und einen Online-Shop. Es gibt Kunden, die nur online kaufen, andere, die nie online shoppen würden. Die meisten machen ohnehin beides. Für uns heisst das: Nicht digitaler oder stationärer Handel. Wir machen beides.
Das kostet sehr viel Geld: Ein grosses Filialnetz und die Investitionen in den Onlinehandel. Lässt sich das alles finanzieren?
Es braucht eine Gesamtrechnung. Es ist sehr anspruchsvoll, online Geld zu verdienen, wenn sie nur auf den Schweizer Markt ausgerichtet sind. Unterm Strich stimmt die Rechnung. Die Kunden, die beide Kanäle benutzen, machen doppelt so viel Umsatz als die, die nur einen der beiden Kanäle brauchen. Gerade Männer lassen sich erst im Laden ein Outfit zusammenstellen und bestellen sich dann den zweiten Anzug oder weitere Hemden im Onlineshop.
Der Ausverkauf hat bereits begonnen. Wie kann die Branche in dieser Rabattschlacht überhaupt Gewinne erzielen?
Grundsätzlich ist die Rabattschlacht schlecht für die Branche. Die Geschäfte, die zu viel Rabatt gewährt haben, die gibt es nicht mehr. Oder wenn es sie noch gibt, dann haben sie Mühe. Unser Ziel ist es, nicht zu viel Ausverkauf zu haben, das ist ungesund. Es braucht eine gesunde Mischung aus Ausverkauf, den viele preissensitive Kunden wollen, und regulären Preisen.
Macht PKZ Gewinn?
Ja.
Sind Kunden die Dummen, wenn sie Mode zum Originalpreis einkaufen?
Leute, denen die Mode wichtig ist, die Wert auf eine grosse Auswahl legen, die kaufen früh ein und zahlen den vollen Preis. Aber das ist das Gesetz der Modebranche: Kleider, die sie während der Saison nicht verkauft haben, sprich die Restposten, die setzt man im Ausverkauf herunter. Meist beginnt man mit einer Reduktion um 30 Prozent, die Stücke, die dann immer noch nicht verkauft sind, gehen zum halben Preis raus.
Manuela Beer (49) ist die erste Chefin in der 138-jährigen Geschichte des Familienunternehmens PKZ. Die Abkürzung steht für den Namen des Gründers: Paul Kehl, Zürich. Der im Jahr 2015 verstorbene Modekönig Philippe Olivier Burger (†61) hatte Beer zu PKZ geholt. Seit September 2014 steht sie an der Spitze und hat die PKZ-Gruppe durch schwierige Zeiten geführt. Dies auch dank ihrer langjährigen Erfahrung im Kleider- und Luxusgütergeschäft. Zuvor arbeitete die HSG-Absolventin unter anderem für die Möbelproduzentin de Sede und das Warenhaus Globus. Die PKZ-Chefin ist mit Hans Beer (52), Mitglied der Geschäftsleitung der Detailhandelskette Spar (52), verheiratet und Mutter einer Tochter.
Manuela Beer (49) ist die erste Chefin in der 138-jährigen Geschichte des Familienunternehmens PKZ. Die Abkürzung steht für den Namen des Gründers: Paul Kehl, Zürich. Der im Jahr 2015 verstorbene Modekönig Philippe Olivier Burger (†61) hatte Beer zu PKZ geholt. Seit September 2014 steht sie an der Spitze und hat die PKZ-Gruppe durch schwierige Zeiten geführt. Dies auch dank ihrer langjährigen Erfahrung im Kleider- und Luxusgütergeschäft. Zuvor arbeitete die HSG-Absolventin unter anderem für die Möbelproduzentin de Sede und das Warenhaus Globus. Die PKZ-Chefin ist mit Hans Beer (52), Mitglied der Geschäftsleitung der Detailhandelskette Spar (52), verheiratet und Mutter einer Tochter.