Bundesanwaltschaft unterstützt
Schweizer Rohstoff-Riesen unter Korruptionsverdacht

Die Schmiergeld-Affäre um den brasilianischen Öl-Konzern Petrobras beschäftigt die Schweizer Justiz seit Jahren. Nun gibt die Bundesanwaltschaft bekannt, bei Untersuchungen gegen Glencore, Vitol und Trafigura, den drei umsatzstärksten Firmen der Schweiz, zu helfen.
Publiziert: 12.02.2019 um 07:10 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2019 um 18:19 Uhr
Fabian Vogt

Der Petrobras-Skandal ist eine der grössten Korruptionsaffären der Wirtschaftsgeschichte. Mitarbeiter des brasilianischen Öl-Riesen (Jahresumsatz 150 Milliarden Dollar) haben nachweislich jahrelang Schmiergeldzahlungen angenommen und Unternehmen dafür Aufträge zugeschanzt. Es geht um Milliarden von Dollar. Der frühere Präsident Luiz Inácio Lula da Silva musste deswegen ins Gefängnis, seine Nachfolgerin Dilma Rousseff wurde abgesetzt.

Nun weitet sich der Petrobras-Skandal vom Finanz- auf den Rohstoffplatz aus. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hilft mit herauszufinden, ob Glencore, Vitol oder Trafigura in den Petrobras-Skandal involviert sind. Die Bundesanwaltschaft sei von brasilianischen Behörden um Unterstützung angefragt worden, sagte am Montag ein Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Man habe zwischen Juni 2018 und Januar 2019 Anfragen zur «gegenseitigen Rechtshilfe» bekommen. Auf Nachfrage sagte der Sprecher, dass die Unterstützung «für zwei der drei genannten Firmen, sowie mehrere Einzelpersonen», angefordert worden sei. Namen wurden nicht genannt.

Die Nachricht könnte grössere Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Schweiz haben. Es handelt sich bei den drei Rohstoff-Unternehmen nämlich um die drei umsatzstärksten Firmen der Schweiz! Glencore mit Sitz in Baar ZG machte 2017 202 Milliarden Umsatz, das war mehr, als Nestlé, Roche und Novartis zusammen erwirtschafteten. Dahinter folgte Vitol (2017: 178 Milliarden Franken Umsatz), die Gruppe hat ihre Sitze in Rotterdam (Niederlande) und Genf. Ebenfalls in Genf ist Trafigura (2017: 136 Milliarden Franken Umsatz) ansässig, weitere Hauptstandorte sind Amsterdam, London und Singapur. Zudem besitzt Trafigura gemeinsam mit der angolanischen Sonangol Holdings Eigentümer der Puma Energy mit Sitz in Genf.

«Schweizer Korruptionsmassnahmen nicht wirksam»

Bereits letztes Jahr warfen Nichtregierungs-Organisationen Glencore und Trafigura vor, in die Schmiergeldaffäre verwickelt zu sein. Das damalige Fazit der NGOs: Insgesamt zeige «Lava Jato», wie die Petrobras-Affäre auch genannt wird, beispielhaft die wichtige Rolle des Finanz- und Rohstoffplatzes Schweiz in der transnationalen Korruption. Ins gleiche Horn blies vor rund einem Jahr die OECD, als sie über die Korruptionsbekämpfung in der Schweiz sagte, dass «die getroffenen Massnahmen nicht wirksam, nicht verhältnismässig und nicht abschreckend sind». Zum Schweizer Rohstoffhandel gab es damals die Empfehlung, ihn «einer angemessenen und verbindlichen Regulierung» zu unterziehen.

Vergangenen Dezember wurden die drei Firmen, zusammen mit anderen, schliesslich von der brasilianischen Justiz beschuldigt, Petrobras-Mitarbeitern mindestens 31 Millionen Dollar Schmiergelder über sechs Jahre bezahlt zu haben. Vitol und Glencore haben bereits gesagt, mit den brasilianischen Behörden zusammenzuarbeiten. Trafigura sagte, man nehme die Anschuldigungen ernst. Bisher teilten die Unternehmen stets mit, dass es keine Belege für Fehlverhalten gebe. Trafigura stellt sich auf den Standpunkt, nicht einmal indirekt mit Petrobras Kontakt gehabt zu haben. Glencore und Vitol gaben zu, mit Mittelsmännern in Brasilien zusammengearbeitet zu haben.

Bereits 2016 gab die Schweizer Bundesstaatsanwaltschaft bekannt, eine Untersuchung gegen Trafigura und mögliche Verwicklungen in die Petrobras-Affäre eröffnet zu haben. Über den Stand der Untersuchung gab es gestern keine Neuigkeiten.

Die Bundesanwaltschaft hat eine eigene Taskforce eingesetzt und bisher über 40 Schweizer Banken und rund 1000 Bankbeziehungen durchleuchtet. Eine Milliarde Franken wurde bislang blockiert, über 100 Strafverfahren wurden eröffnet, über 50 Rechtshilfe­ersuchen sind in Bearbeitung und Vollzug. Die Finanzmarkt­aufsicht (Finma) hat gleichzeitig bei rund einem Dutzend Banken Abklärungen geführt und gegen vier ein Verfahren eröffnet. Die Verfahren gegen BSI, PKB Bank in Lugano und Banque Heritage hat die Finma abgeschlossen, teilweise wurden Strafzahlungen fällig. Daneben sind bisher die Namen der J. Safra Sarasin, HSBC, Lombard Odier, Pictet, Cramers sowie Julius Bär im Rahmen der Petrobras-Affäre genannt worden. Für diese und weitere Finanzinstitute dürfte der Skandal noch lange nicht abgeschlossen sein.

Fruchtbare Partnerschaft Brasilien-Schweiz

Sicher ist, dass die Zusammenarbeit von Brasilien und der Schweiz in den vergangenen Jahren gut funktionierte. So wurde im Rahmen der Petrobras-Affäre der Mischkonzern Odebrecht SA für schuldig befunden, in zwölf Ländern bis zu 785 Millionen US-Dollar an Schmiergeldern gezahlt zu haben, um dafür Bauaufträge zu erhalten. Odebrecht wurde zu einer Strafe von 3,6 Milliarden Dollar verdonnert, konnte aber nur 2,4 Milliarden Dollar zahlen.

Der Grossteil davon floss nach Brasilien, dahinter folgte die Schweiz mit 116 Millionen Franken. Weil auch ein anderes brasilianisches Unternehmen, Braskem, in den Korruptionsskandal verwickelt ist und eine Strafe zahlen musste, erhält der Bund aus diesen beiden Verfahren über 200 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 hat die Bundesanwaltschaft insgesamt nur rund 20 Millionen Franken eingezogen.

Die brasilianischen Behörden und die Rohstoff-Unternehmen haben sich bisher nicht zu den Aussagen der Bundesstaatsanwaltschaft geäussert.

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