Peter Voser (60) wird nach Spiesshofer-Abgang vorläufig ABB-CEO
Der unglamouröse Starmanager ist wieder da

Peter Voser hat es nie geschadet, dass er half, die Swissair zu grounden. Auch die UBS-Krise überstand er. Nun steigt er bei ABB ins Cockpit.
Publiziert: 20.04.2019 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2019 um 11:51 Uhr
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Peter Voser wurde 2015 Verwaltungsratspräsident bei ABB. Für ihn hiess das: kürzer treten!
Foto: Keystone
Moritz Kaufmann
Moritz KaufmannWirtschaftsredaktor

Als Ulrich Spiesshofer (55) am Mittwoch entlassen wurde, war der glücklose ABB-CEO der Schweizer Wirtschaftspresse nur ein paar Randnotizen wert. Stattdessen berichteten alle über den Mann, der dem Deutschen den Schuh gegeben hatte: Peter Voser (60), ABB-Präsident, neu auch Interims-CEO des Industriegiganten.

Voser fasziniert auf eigenartige Weise, denn eigentlich geht ihm jede Faszination ab. Zwar ist er ­einer der mächtigsten Schweizer Manager überhaupt, kommt aber mit dem Charme eines Interregio-Kondukteurs daher.

Frei von Allüren

Im Aargau aufgewachsen, absolvierte er nach der KV die Fachhochschule für Wirtschaft. Seine Kar­riere verdankt er zwei sehr schweizerischen Tugenden: Er kann mit Geld umgehen und er ist frei von Allüren. Als ihn das Magazin ­«Fortune» nach Vorbildern fragte, antwortete Voser: «Ich habe keine. Ich lerne von allen!»

Der Aufstieg gelang ihm bei der holländisch-britischen Erdölgesellschaft Shell. Neben Ex-Deutsche-Bank-Chef Joe Ackermann (71) gilt er bis heute als der Schweizer Wirtschaftsboss, der es im Ausland am weitesten gebracht hat.

Voser lebte mit Familie in Südamerika, später in London. Seine drei Kinder (31, 34, 36) gingen in die Deutsche Schule. Fussballfan Voser amtete als Kassier des Klubs, bei dem sein Sohn im Tor stand.

Kein Kerosin für die Swissair

Zum ersten Mal nahm der Aargauer 2001 – allerdings indirekt – grösseren Einfluss auf das Schweizer Wirtschaftsgeschehen: Als ­Finanzchef der Sparte Down­stream war er dabei, als Shell ­entschied, der überschuldeten Schweizer Airline kein Kerosin mehr zu liefern. Tags darauf blieben die Swissair-Jets am Boden. Ein knappes Jahr später war es dann Voser, dem um ein Haar das Geld ausgegangen wäre – nicht bei Shell, sondern bei ABB. Dort hatte ­Voser gerade erst angeheuert, nun stand der Konzern am ­Abgrund. Ihm und dem damaligen CEO Jürgen Dormann (79) gelang es schliesslich, die Banken davon zu überzeugen, der ABB weitere Mil­liardenkredite zu 
gewähren.

Lang blieb diese Heldentat nicht unbemerkt. Nach nur zwei Jahren holte Shell Voser zurück nach London. Erst als Finanzchef, ab Anfang 2009 dann als CEO. Seine Familie blieb im Aargau, Superstar Voser pendelte.

Sein Erfolgsrezept: «Ich gedeihe in turbulenten Zeiten. Da lernt man, sich nicht zu beklagen und keine Entschuldigungen zu suchen.»

Bestverdienender Chef Europas

Turbulenzen kennt er tatsächlich: Ab 2005 sass Voser im UBS-Verwaltungsrat. Die Grossbank war voll in die Finanzkrise geraten und brauchte Staatshilfe. Das UBS-Management wurde verspottet, der abgezockte ­Voser aber, der die Öffentlichkeit stets mied, verliess die Bank 2010 unbeschadet.

Bei Shell galt er 2009 mit 15 Millionen Euro Jahresgehalt als bestverdienender Chef in Europa. Er blieb bis 2014.

Als Voser in die Schweiz zurückkehrte, nahm er sich vor, mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Der SRF-Wirtschaftsfrau Patrizia Laeri offenbarte er, dass er sich in Sachen Frauen- und Jugendförderung engagiere, unter anderem als Coach.

Nochmals Platz im Cockpit genommen

2015 wurde er zum ABB-Verwaltungsratspräsidenten gewählt – ­Voser sah das als Kürzertreten, obwohl in der Schweiz 6300 Menschen für den Traditionskonzern arbeiten, weltweit fast 150'000.

Nun aber nimmt er selbst noch mal im Cockpit Platz, wenn auch nur ad interim. Am Mittwoch kletterte der ABB-Aktienkurs um fünf Punkte – das Vertrauen in den unglamourösen Starmanager ist immer noch gross. Und wieder einmal sind die Zeiten turbulent: ABB kommt seit Jahren nicht zum Fliegen, die Investoren machen öffentlich Stunk – für Voser wohl eine unwiderstehliche Versuchung. 

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