Paukenschlag
Handels-Chef Dieter Berninghaus verlässt die Migros

Diesen Abtritt hatte niemand auf der Rechnung: Dieter Berninghaus (51), der die Migros-Tochterunternehmen beaufsichtigt, verlässt den Grossverteiler. Handels-Chef Berninghaus macht sich selbstständig, wie er BLICK ausrichten lässt.
Publiziert: 18.03.2016 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:19 Uhr
Handelschef Dieter Berninghaus und die Migros gehen getrennte Wege.
Foto: SABINE WUNDERLIN
Ulrich Rotzinger

Knall am Migros-Hauptsitz in Zürich: Das Mitglied der Migros-Generaldirektion und Handels-Chef Dieter Berninghaus (51) tritt zurück. «Dieter Berninghaus hat sich entschieden, die Migros zu verlassen», schreibt der Grossverteiler in einem Communiqué. Der fünffache Familienvater wolle sich «persönlich neu orientieren».

«Im zweiten Halbjahr wendet er sich neuen Aufgaben als Verwaltungsrat, Investor und Unternehmer zu», lässt Berninghaus ausrichten. Details gibt er keine Preis. Vielen noch unbekannt ist: Berninghaus unterrichtet seit kurzem Studenten eines Masterstudiengangs an der Universität St. Gallen.

Hoher Posten im Migros-Konzern

Der Deutsche mit Schweizer Pass, Herr über 7,5 Umsatz-Milliarden, ist verantwortlich für in der Schweiz vertraute Marken wie Denner, Office World, Migrol, Micasa, Interio, Ex Libris – ausgenommen die Migros-Läden. Berninghaus ist Antreiber des Online-Geschäfts im Migros-Konzern.

Der Betriebsökonom Berninghaus war der erste Ausländer in der Migros-Chefetage. Im 2006 stiess er zu Denner, zunächst als Berater. Der damalige Denner-Chef Philippe Gaydoul (44) ebnete dem jungen Manager den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben, nachdem dieser als Chef des mächtigen Rewe-Handelskonzerns in Deutschland den Posten räumen musste.

Als Migros sich ein Jahr später den Discounter einverleibte, wechselte der Detailhandelsprofi zum Migros-Genossenschaftsbund (MGB) und nahm 2008 Einsitz in die Migros-Generaldirektion. Zuerst brachte er Denner wieder auf die Erfolgsspur, später dann trieb er die digitale Transformation voran. 

Online-Handel ist sein Steckenpferd

«Die Migros ist im Online-Handel in der Schweiz führend. Wir erzielen über 1,6 Milliarden Franken Online-Umsatz», sagte Berninghaus kürzlich im «SonntagsBlick». Dies sei aber noch nicht zufriedenstellend: «Die Digitalisierung verändert den gesamten Detailhandel.»

Berninghaus hat Ende letzten Jahres die Schweizer Staatsbürgerschaft erhalten. Damit ist die Migros-Spitze wieder rein schweizerisch. Berninghaus hätte gute Chancen auf eine Nachfolge von Herbert Bolliger (62) gehabt, der in eineinhalb Jahren vom Chef-Posten abtritt. 

«Ich danke Dieter Berninghaus für sein grosses Engagement, seinen ausserordentlichen Einsatz und seine hervorragende Arbeit», sagt Bolliger im heutigen Communiqué.

Berninghaus hinterlässt Baustellen

Offiziell ist alles in bester Ordnung. «Von Spannungen kann keine Rede sein», heisst es bei der Migros. Dennoch beschäftigen Berninghaus einige Baustellen in seinem Departement: Die Möbelbranche befindet sich in der Krise. Die Migros-Töchter Interio und Micasa sind den Einkaufstourismus ausgesetzt und haben unter der mächtigen Konkurrenz von Ikea zu kämpfen.

Eine weitere Baustelle ist Ex Libris. Die Buchtochter steckt noch im Turnaround-Prozess und ist der Online-Konkurrenz von Amazon ausgesetzt. Und auch das Premium-Warenhaus Globus schreit nach einer besseren Profilierung. Grosses, bisher ungenutztes Potenzial birgt hier auch der Online-Handel.

Berninghaus findet im Communiqué nur lobende Worte: von den «schönsten, bereicherndsten und unternehmerisch interessantesten Jahren» in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn, ist die Rede. Er habe den Entscheid reiflich überlegt – auch in Absprache seiner Familie. Bis ins zweite Halbjahr 2016 bleibe er noch bei der Migros im Amt.

Denner-Chef hat gute Karten für die Nachfolge

Der Grossverteiler bestätigt auf Anfrage, «dass die Nachfolgesuche bereits begonnen hat». Sowohl intern wie extern wird gesucht. Es wird keine einfache Aufgabe, den Berninghaus verfügt über 25 Jahre harte Detailhandelsschule.

BLICK weiss: Gute Karten innerhalb des Migros-Konzerns hat Mario Irminger (50). Wie Berninghaus hat der aktuelle Denner-Chef «Aufräumer-Qualitäten», der Handelsprofi ist im harten Preiskampf - etwa mit Lidl und Aldi - erprobt. 

Zudem ist Irminger ein guter Netzwerker – auch ausserhalb der Migros. Immer wieder trifft er auch ex-Denner-Chef Gaydoul und arbeitet mit einem bekannten PR-Berater zusammen. Irminger ist top-motiviert und dabei, sich Migros-intern in Position zu bringen für das neue Amt.

Vom Abtritt Berninghaus dürfte Irminger - seit Februar 2011 auf dem Denner-Chefposten – dennoch überrascht worden sein. Dem Vernehmen nach wurden die Chefs der Migros-Töchter erst gestern vom Abgang Berninghaus' informiert.

Eine entsprechende Anfrage von BLICK bei Denner bleibt unbeantwortet: «Wir äussern uns nicht zu Nachfolge-Spekulationen», sagt ein Denner-Sprecher. «Auskünfte überlassen wir der Migros.» Diese wollte sich nicht weiter äussern.

Ebenfalls Hoffnungen auf eine Berninghaus-Nachfolge darf sich Beat Zahnd (58) machen. Der Migros-Aare-Chef ist ebenfalls ein valabler Nachfolger von Berninghaus, sagen Insider. Auch als Anwärter auf den Posten wird immer wieder Fabrice Zumbrunnen (47) genannt. Der Leiter des Departements Personal, Kulturelles, Freizeit dürfte sich allerdings mehr Hoffnungen auf den Posten von Migros-Chef Bolliger machen können.

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