#aufbruch mit Patrizia Laeri
Die Ausreden der Männer-Konzerne

Fünf der 20 grössten Schweizer Firmen werden nur von Männern geleitet. Ihre Rechnung geht nicht auf, schreibt Kolumnistin Patrizia Laeri.
Publiziert: 27.06.2018 um 08:44 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 16:19 Uhr
In fünf Schweizer Grosskonzernen findet sich immer noch keine Frau in der Geschäftleitung, die Unternehmen sollen sich nun erklären.
Foto: imago
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Patrizia LaeriKolumnistin

Mein Sohn erfindet gern Ausreden. Zum Beispiel, dass der Hund seine Hausaufgaben gefressen habe. Nur – wir haben gar keinen Hund. Ähnlich abstrus scheinen mir die Ausflüchte der Konzerne, die nur von Männern geleitet werden. Das sind unter den 20 grössten Schweizer Firmen immer noch fünf: Swiss Life, Swisscom, Adecco, Geberit und Lonza.

Der Nationalrat will neu, dass Konzerne entweder Gleichberechtigung in der Geschäftsleitung erfüllen oder sich erklären, wenn sie ohne Frauen führen. Ich konnte es mir nicht verkneifen, heute schon nachzufragen. Wie erklären diese fünf ihre reinen Herren-Geschäftsleitungen, und das im Jahr 2018?

Swiss Life hat keine «anforderungsgerecht qualifizierte Frau» gefunden. Wirklich? 2018, wo Frauen Männer in Sachen Bildung längst abgehängt haben. Auch das Sanitär-Imperium Geberit habe keine qualifizierte Kandidatin gefunden. Ein Tipp: Personalvermittler wie Get Diversity finden für jede Position eine Frau. Adecco hingegen scheint selbst mit der Frauensuche überfordert. Der weltgrösste Personalvermittler hat die eigenen zwölf Geschäftsleitungspositionen nur mit Männern besetzt.

Es habe eben viel mehr Männer in der Pharma-Industrie, erklärt Lonza. Mit Verlaub nach Basel, warum sind denn bei Roche und Novartis Frauen in den obersten Chefbüros längst angekommen? Swisscom bringt ebenfalls die Männerdominanz in der ganzen Branche ins Spiel. Eine Erklärung ist das nicht.

In Grossbritannien mussten sich die grössten Männer-Konzerne bereits öffentlich erklären. Sie lieferten teils haarsträubende Antworten wie: «Die meisten Frauen wollen den Druck in der Führung nicht.» Oder: «Meine Kollegen wollen nicht, dass eine Frau nominiert wird.» Immerhin, die klingt ehrlich.

Es sind billige Ausreden, welche die Konzerne teuer zu stehen kommen können. Millennials wollen sinnvolle Jobs. Für Frauen ist es sinnstiftend, wenn sie für eine Firma arbeiten, die Gleichberechtigung lebt. Reine Männer-Konzerne laufen Gefahr, die besten Talente zu verpassen, aber auch Kundinnen. Nicht zu vergessen die Geldgeber. Immer mehr Investoren bewerten Firmen auch anhand ihrer Gleichstellungs-Politik. 

Swiss Life, Swisscom, Adecco, Geberit und Lonza: Warum fällt es euch so schwer, mit der Zeit zu gehen? Das sind keine Erklärungen, das sind Ausreden. Macht eure Hausaufgaben. Gilt natürlich auch für meinen Sohn.

Patrizia Laeri (40) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF-Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.

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