Eine Journalistin von «Inc.», einem bekannten US-Wirtschafts-Magazin, schrieb vor vier Monaten: «Elon Musk, Stephen Hawking und Pascal Kaufmann stehen an der Spitze der Bewegung für ein neues Verständnis von künstlicher und menschlicher Intelligenz.»
Musk, 46, der amerikanische Tesla-Entrepreneur, Hawking (†76), der im März verstorbene britische Astrophysiker, neben Kaufmann, 40, Biologe, aufgewachsen in Kloten ZH und Mitgründer der Technologie-Firma Starmind. Ein übertriebener Vergleich?
«Kein typischer Schweizer»
BLICK hat Kaufmann besucht. Starmind heisst die 40-Mitarbeiter-Bude. Die Büros sind in einem Gewerbebau in Küsnacht an der Zürcher Goldküste untergebracht.
Kaufmanns Projekt: Er will den Code des menschlichen Gehirns knacken. Dabei gibt es Milliarden-Konzerne, die genau das Gleiche probieren – warum steigt er in dieses Rennen ein? «Wenn ich nicht daran glauben würde, dass dies möglich wäre, müsste ich es nicht einmal probieren.»
Auf die Frage, wie das Ganze funktionieren soll, antwortet Kaufmann: «Die ganze Welt redet davon, dass künstliche Intelligenz unsere Hirne bald überflüssig macht. Doch dabei gehen viele davon aus, dass ein Computer ähnliche Leistungen, Kreativität zum Beispiel, hinkriegt, wenn er nur schnell genug rechnen kann. Wir sehen das etwas anders.»
Kaufmann ballt die Hände, rutscht auf seinem Stuhl vor und zurück, als er erklärt, wo die Differenzen zu anderen Projekten liegen. «Die Lösung kennt noch niemand. Aber die Zeit ist reif dafür, dass es jemand rausfindet.» Der Mann strotzt vor Energie.
Eine Maschine, die so tickt wie ein menschliches Gehirn, nur viel leistungsfähiger – was passiert dann? «Wir könnten Hunger, Kriege, den Klimawandel besiegen. Die Probleme der Welt sind für das menschliche Gehirn zu kompliziert geworden.»
Die Schweiz sei der perfekte Ort, um den entscheidenden Schritt zu machen. «Niemand möchte, dass dieser Schritt einem Konzern wie Facebook oder Google gelingt. Oder Regierungen mit menschenverachtenden Wertesystemen.»
Zwei Wochen in Trumps WEF-Hotel
Kaufmann weiss, dass er die Sensation nicht alleine schaffen kann. Darum hat er am vergangenen Freitag aus allen Ecken des Globus 50 schlaue Köpfe aus verschiedenen Wissenschafts-Disziplinen in die Schweiz einfliegen lassen. Darunter Neurologen, Biologen, Robotiker, Ethiker, Physiker oder Gewinner von Wissenschaftsolympiaden.
In Davos, im Hotel Intercontinental – dort schlief US-Präsident Donald Trump (71) während des WEF – sitzen sie jetzt zwei Wochen lang zusammen. Halten Vorträge, diskutieren, spinnen Ideen, planen Prototypen, forschen. Alle tragen Aufnahmegeräte. Für den Fall, dass einer den entscheidenden Geistesblitz hat, soll er das beweisen können. Bis 2021 will Kaufmann die Konferenz in Davos zehn Mal wiederholen, mit jeweils 100 anderen schlauen Köpfen. Bis dann soll das Gehirn entschlüsselt sein.
Kaufmann hat das Programm Mindfire getauft – auf Deutsch Verstand und Feuer. Was man nicht mit dem Firmennamen Starmind – Stern und Verstand – verwechseln dürfe. Mindfire ist Kaufmanns Baby, eine Stiftung mit Spendengeldern, die der Welt Gutes bringen soll. Starmind dagegen hat er zusammen mit einem Mitstreiter, dem Computerwissenschafter Marc Vontobel (34), grossgezogen. Sie ist eine Aktiengesellschaft, soll also Geld verdienen.
Grosskonzerne als Kunden
Und zwar so: Starmind stellt Konzernen die Software zur Verfügung, mittels der sich Mitarbeiter weltweit vernetzen können. Hat einer eine Frage, gibt er sie in eine Suchmaske ein. Ein Algorithmus dahinter findet heraus, wer im Konzern am ehesten die Antwort kennt und stellt den Kontakt her.
Schon nach weniger als fünf Jahren schreibt Starmind schwarze Zahlen, zählt mittlerweile Grosskonzerne wie den weltgrössten Rückversicherer Munich Re oder die Zurich-Versicherung zu ihren Kunden.
Für einige ist das schon Grund genug, um Kaufmann auf eine Stufe mit Musk und Hawking zu stellen. Sollten die schlauen Köpfe in Davos Erfolg haben, Kaufmann würde wohl noch eine Stufe über den beiden stehen.