Partnerin (†66) stirbt im Fitnesscenter
Ohne Unterschrift gibts für 72-Jährigen keine Rente

Weil ein Formular fehlt, verweigert die St. Galler Pensionskasse einem 72-Jährigen die Lebenspartnerrente. Sie darf das. Und zeigt sich auch nicht kulant.
Publiziert: 28.10.2024 um 17:45 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2024 um 16:53 Uhr
Nach dem Tod seiner Lebenspartnerin muss sich Walter Kuster mit der St. Galler Pensionskasse SGPK herumschlagen. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

Auf einen Blick

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Bernhard Raos
Beobachter

Es ist ein Tag im April, der für Walter Kuster aus St. Gallen alles verändert. Der rüstige Senior trainiert wie so oft mit seiner sechs Jahre jüngeren Lebenspartnerin Cony Schläpfer im Fitnesscenter. Da bricht sie plötzlich zusammen und stirbt – vor seinen Augen: «Diesen Anblick werde ich nie mehr vergessen», sagt der 72-Jährige. Der Schock sitzt immer noch tief.

Zur grossen Trauer über den Verlust seiner Cony gesellt sich für Kuster der Frust über die St. Galler Pensionskasse SGPK, die Vorsorgeeinrichtung für das Staatspersonal. Dort war die frühpensionierte Lehrerin versichert und erhielt seit 2019 eine Altersrente von gut 1200 Franken im Monat. Die Hälfte ihres Guthabens bezog sie damals als Kapital.

Voraussetzungen nicht erfüllt

Für die Abwicklung des Kapitalbezugs hatte Walter Kuster sie zur Sachbearbeiterin bei der SGPK begleitet und wurde dort auch als Lebenspartner von Cony vorgestellt. «Wir gingen davon aus, damit sei alles geregelt.»

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Umso grösser war Kusters Ärger, nachdem er der SGPK den Tod seiner Lebenspartnerin mitgeteilt hatte. Man bedauerte zwar wortreich den persönlichen Verlust – doch versicherungstechnisch sei sein Anspruch auf Hinterlassenenleistungen leider nicht erfüllt: «Wegen fehlender Voraussetzungen.»

Darum geht es: Der Anspruch eines Lebenspartners auf eine Rente aus der beruflichen Vorsorge ist eine sogenannt überobligatorische Leistung. Pensionskassen können sie anbieten – aber sie müssen nicht. Ein obligatorischer Anspruch besteht nur bei verheirateten Paaren.

Botschaft nicht angekommen

Die SGPK anerkennt zwar wie die meisten Kassen den Anspruch von Lebenspartnern, macht diesen aber von bestimmten Voraussetzungen abhängig.

So muss etwa die Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt während mindestens fünf Jahren bestanden haben. Und: Die gegenseitige Unterstützungspflicht muss «auf dem von der SGPK vorgesehenen Formular schriftlich vereinbart» sein.

Bei Letzterem liegt im Fall von Walter Kuster und Cony Schläpfer das Problem: Das Paar hatte zwar einen gemeinsamen Mietvertrag und lebte seit Jahren zusammen, aber das nötige Formular für die SGPK fehlt. Was Kuster nicht versteht und ihn erzürnt: «Warum hat man uns nicht darauf aufmerksam gemacht, als wir für den Kapitalbezug bei der Kasse waren?»

Auf Anfrage des Beobachters verweist die Pensionskasse auf ihr Reglement. Es sei auch so, dass in den Versicherten-Infos immer wieder auf den Unterstützungsvertrag für Lebenspartner und auf die Formularpflicht aufmerksam gemacht werde. Und auch im Formular für den Kapitalbezug werde der Unterstützungsvertrag erwähnt.

Bei Kuster und seiner Partnerin sind diese Botschaften aber ganz offensichtlich nicht angekommen.

Ein Jackpot für die Kasse

Fakt ist: Die SGPK hat das Recht auf ihrer Seite. Das Bundesgericht hat dies in vergleichbaren Fällen so bestätigt: Ist eine schriftliche Unterstützungsvereinbarung reglementarisch vorgesehen, so muss diese erkennbar verfasst sein. Ohne unterschriebenes Formular gibt es keine Rente. Nicht alle Kassen sind so strikt, oft genügt eine formlose E-Mail.

Für die SGPK ist diese Nachlässigkeit ein Jackpot: Sie sackt das restliche Sparkapital von rund 200’000 Franken für sich ein. Auch die beiden Kinder der verstorbenen Frau gehen leer aus. Weil sie bereits eine Rente bezogen hat, gibt es kein Todesfallkapital für die Erben.

Kulanz? Fehlanzeige

Profitiert also die SGPK in Fällen wie dem von Walter Kuster auf Kosten der Versicherten? Nein, heisst es von der Kasse. In den letzten beiden Jahren seien die technischen Verluste höher gewesen als die Mutationsgewinne. Das bedeutet, dass die Rentnerinnen und Rentner insgesamt mehr beziehen, als sie angespart haben.

Hätte die SGPK wenigstens aus Kulanzgründen einen Spielraum zugunsten von Walter Kuster? Auch da heisst es unmissverständlich: «Nein.» Das Reglement lasse keine Ausnahme zu, so die Auskunft an den Beobachter.

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