Sie sind jung, sie sind viele, sie können sich laufend mehr leisten – und sie sind Schleckmäuler. Die Menschen in asiatischen Boomstaaten wie Indonesien, Malaysia oder Pakistan gelüstet es nach Süssem. Besonders beliebt sind fremdländische Leckereien in ausgefallenen Formen. So auch die dreieckige Schokoladenstange oder die runden Schokokugeln aus der Schweiz.
In Fernost lockt das Geschäft der Zukunft – und kaum ein helvetischer Schoggihändler wie Toblerone, Lindt & Sprüngli, Nestlé oder deren kleinere Konkurrenten will den Run verpassen.
Eine Kleinigkeit aber gilt es zu beachten: Die meisten dieser Boomstaaten sind dem Islam zuzuordnen. Und dort ist halal Trumpf! Auf Arabisch bedeutet das Wort so viel wie «gestattet» oder «zulässig». Was halal ist, entspricht den Vorschriften des Korans, darf also verzehrt werden.
Neue Importregeln in Pakistan
Die religiösen Feinheiten werden nun Lindt & Sprüngli zum Verhängnis. Seit diesem Monat gelten in Pakistan – mit 200 Millionen potenziellen Naschkatzen – neue Importregeln. Die zwei bittersten Änderungen aus helvetischer Sicht: Die Zutaten müssen in der pakistanischen Amtssprache auf der Verpackung stehen – auf Urdu! Und: Ab sofort verlangt Pakistan ein offizielles Halal-Zertifikat.
Jedoch, wie das Unternehmen aus Kilchberg ZH schon an Weihnachten auf Anfrage mitteilte: «Lindt & Sprüngli führt momentan keine halal-zertifizierten Produkte.» Damals hatte bereits Konkurrentin Toblerone auf halal-konforme Produktion umgesattelt und die SonntagsBlick-Nachricht darüber weltweit für Schlagzeilen gesorgt.
Lindt & Sprüngli hält den Ball flach
Punkto Pakistan hat Lindt & Sprüngli nun Pech. Lindor-Kugeln sind dort unerwünscht und werden ab sofort nicht mehr geliefert. Auf Anfrage gibt man sich wortkarg. Ja, Lindt-&-Sprüngli-Produkte würden in Pakistan nicht vertrieben. Ja, bis vor kurzem habe man dort noch Lindor verkauft. Das Unternehmen spielt die Sache herunter, spricht von geringen Mengen. Kein weiterer Kommentar. Insidern zufolge will es zunächst abwarten, wie sich die Lage mit dem neuen Gesetz entwickelt.
Eine unvorteilhafte Entwicklung könnte auch in Indonesien bevorstehen. Das grösste muslimische Land der Welt macht diesen Oktober ernst mit seinem Halal-Gesetz. Dann heisst es für Schweizer Unternehmen: halal oder Exportstopp.
Camille Bloch etwa ist nicht halal und exportiert auch nicht nach Pakistan oder Indonesien. Anders liegen die Dinge bei Nestlé, dem grössten Lebensmittelkonzern der Welt. Mehr als hundert seiner Fabriken sind halal-zertifiziert.
So oder so: Das Thema ist aufgeladen. Auf Firmen, die mit dem Prädikat «halal» werben, wird mit Boykottaufrufen reagiert. Rechtsausleger wie die deutsche AfD sehen in dem Vorgang ein Zeichen für eine angebliche Islamisierung.
Letztmals traf es Toblerone. Nein, nach Pakistan liefere man nicht, teilt der Hersteller der dreieckigen Schokolade schon mal vorsorglich mit.