OVS zahlt Reinigungsinstitut nicht mehr – Verkäuferinnen müssen WC selber putzen
«Die Italiener wussten genau, dass sie nicht zahlen werden»

Jetzt kriegt auch die Reinigungsbranche ihr Fett ab. Und leidet unter dem Scheitern des Charles-Vögele-Retters OVS. 200 Putzfrauen verlieren ihren Job. Die Verkäuferinnen müssen jetzt selber zum WC-Bürsteli greifen.
Publiziert: 18.06.2018 um 23:42 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 16:59 Uhr
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Reinigungsunternehmer Simon Stampfli (44) ist stinksauer auf das OVS-Management.
Foto: Anja Wurm
Patrik Berger und Julia Fritsche

Schon wieder müssen Hunderte Schweizer Angestellte für das Versagen der als Retter von Charles Vögele angetretenen Italiener von OVS büssen. Nach den 1180 OVS-Angestellten, die während der Nachlassstundung um ihren Job zittern, trifft es nun das Putzpersonal. Es sorgte bislang an den 140 Schweizer Standorten für saubere Filialen.

BLICK weiss: Jahrelang führte mit ISS einer der ganz Grossen der Branche den Auftrag aus. Die Reinigungsfirma hat 12’000 Angestellte und 36 Niederlassungen in der ganzen Schweiz – und seit kurzem einen grossen Kunden weniger.

Als OVS die Rechnungen über Monate nicht mehr bezahlt hatte, wurde es ISS Ende April zu bunt. Das Facility Services-Unternehmen zog sein Putzpersonal aus den Filialen ab. ISS wollte dazu nichts sagen. «Zu Kundenvereinbarungen und -beziehungen nehmen wir keine Stellung», meint eine Sprecherin.

«In 25 Jahren noch nicht passiert» 

Die Textilkette OVS wurde bei einem neuen Putzinstitut vorstellig, bei der Stampfli AG in Subingen SO. Die Firma hat 2000 Angestellte an zehn Standorten im ganzen Land. «Die Verhandlungen für diesen Auftrag habe ich selber geführt, bis tief in die Nacht hinein», erinnert sich Simon Stampfli (44), Mitinhaber und CEO. «So etwas wie mit den Italienern ist mir in 25 Jahren noch nie passiert!»

OVS habe bestimmt schon gewusst, dass sie die Rechnungen nicht mehr bezahlen können. «Sie haben einen Vertrag abgeschlossen, obwohl ihnen klar war, dass sie ihn nicht mehr einhalten können. Das grenzt an Betrug», sagt Stampfli.

300'000 Franken Schaden

Der Aufwand war gross. «In einer Nacht- und Nebel-Aktion mussten wir für 140 Filialen in der ganzen Schweiz Personal und Material aufbieten, Kleidung für die Mitarbeiter organisieren, die Angestellten einarbeiten. Das war eine grosse Herausforderung», erinnert sich Stampfli.

Anfang Mai hat seine Firma angefangen. Nach vier Wochen war bereits wieder Schluss. «Am 1. Juni habe ich die Arbeiten sofort eingestellt.» Der Unternehmer bleibt auf einem Schaden von 300’000 Franken sitzen.

Rund 200 Teilzeitangestellte haben ihren Job verloren. «Das sind Leute, die im Stundenlohn zwei bis drei Stunden eine Filiale reinigen. Sie tun mir leid», sagt er. Er überlegt sich nun, rechtliche Schritte gegen OVS einzuleiten. «Am liebsten würde ich den leidigen Fall aber einfach abschliessen.» 

Verkäuferinnen mit Wischmop und WC-Bürsteli 

Die OVS-Angestellten können das nicht. Als wären die drückende Ungewissheit über der berufliche Zukunft und der Stress mit dem Liquidationsverkauf nicht schon genug: Seit Anfang Juni müssen sie selber zu Wischmop und WC-Bürsteli greifen.

«Das kam aus heiterem Himmel, wir wurden nicht informiert. Plötzlich müssen wir auch noch putzen!», ärgert sich Filialleiterin Daniela Z.*. «Anfangs mussten wir das Putzzeug sogar noch bei benachbarten Geschäften holen. Das war mir richtig peinlich!», erinnert sie sich. «Immerhin wurde uns mittlerweile bewilligt, dass wir das Nötigste, wie etwa WC-Papier, einkaufen dürfen.»

Den Wischmop in die Ecke stellen können die Verkäuferinnen der Filialen von Appenzell und Freiburg. Ihre Läden schliessen morgen für immer.

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