Einsteigen, App wischen und fahren, wohin und soweit man will. Bezahlen kann die Kundin oder der Kunde die Fahrt via hinterlegter Kreditkarte oder Mobilfunkrechnung. «Mit Fairtiq verkaufen wir ab Donnerstag die einfachste Fahrkarte der Schweiz», sagten die Ostwind-Anbieter am Mittwoch in St. Gallen vor den Medien.
Mit der neuen Ticket-App zahlen die Kundinnen und Kunden nur noch jene Strecke, die sie genutzt haben. «Sie können spontan reisen und bekommen immer den besten Preis», sagte Ernst Boos, Geschäftsführer von Thurbo. Was kundenfreundlich tönt, hat einen grossen Haken: Kunden mit «Fairtiq»-Ticket, die das Gebiet des Tarifverbunds Ostwind ohne zusätzliches Billett verlassen, gelten vorläufig als Schwarzfahrer.
Denn die SBB, als grösste Anbieterin im öffentlichen Verkehr, ist nicht an «Fairtiq» beteiligt. «Wir realisieren zusammen mit BLS und Postauto ein eigenes System zur automatischen Reiseerfassung», teilte Reto Schärli, Mediensprecher der SBB, auf Anfrage mit. Die Testphase sei vor zwei Wochen gestartet worden.
Langfristig werde sich aus Kunden- und Marktsicht nur ein national umsetzbares Gesamtkonzept durchsetzen, glaubt Schärli. Die nötigen Arbeiten seien gemeinsam mit der ÖV-Branche aufgesetzt. Die Voraussetzungen für das System der Zukunft seien gemeinsame Standards, für die mit dem Swisspass die Grundlage geschaffen worden sei.
Die fünf Ostschweizer Bahn- und Busunternehmen Thurbo, Appenzeller Bahnen, Bus Ostschweiz, VBSG und Regiobus und der Verkehrsbetrieb Liechtensteinmobil wollten nicht auf die SBB warten. Sie haben bei der Firma «Fairtiq» eine Applikation für das gemeinsame Tarifgebiet eingekauft. Wie viel die App gekostet hat, wollten die Verantwortlichen nicht kommunizieren.
In naher Zukunft soll die App auch funktionieren, wenn ein Kunde über das Ostwind-Tarifgebiet hinaus fährt. In einem nächsten Schritt wollen die Anbieter des Tarifverbunds verbundübergreifende Ticket-Käufe möglich machen. Als erstes wird dies bei der Rhätischen Bahn (RhB) möglich, die Anfang Juli eine eigene Ticket-App einführen wird.
Die «Fairtiq»-App gibt es seit einem Jahr auch in den Regionen Bern, Luzern, Freiburg und im Engadin. Bisher seien 250'000 Billette über die App gekauft worden, sagte Gian-Mattia Schucan, Geschäftsführer von Fairtiq.
Im Tarifverbund Ostwind, dem flächenmässig grössten Tarifverbund, gebe es ein Potential von 6 Mio. Tickets pro Jahr. «Vorerst werden aber nur wenige Kundinnen und Kunden das neue Ticket-System nutzen», sagte Schucan. Das Ticket sei vor allem für gelegentliche ÖV-Nutzer gedacht.
Die App funktioniert über das Mobilfunk-Netz. Nutzer müssen die Ortungsfunktion eingestellt haben. Die Kosten werden nach der Fahrt aufgelistet und abgerechnet. Probleme mit dem Datenschutz soll es laut den Ostschweizer Bahn- und Busbetreibern nicht geben. «Die personenbezogenen Daten werden nur für die Abrechnung verwendet und nach einem Jahr gelöscht», sagte Schucan.