Statt bis knapp an die Landesgrenze fährt die BVB-Linie 3 künftig über eine Neubaustrecke von 3,1 Kilometern bis zum Bahnhof der französischen Grenzstadt Saint-Louis, wo auch eine Park+Ride-Anlage entsteht. Mitsamt dieser kostet das Projekt 91,3 Millionen Franken. Davon entfallen 33,6 Millionen auf die Schweizer und 57,7 Millionen auf die französische Seite. Der Bund übernimmt maximal 35 Prozent.
Mit der Verlängerung der aus Birsfelden BL via Basler Innenstadt kommenden Tramlinie 3 soll primär ein Teil der 30'000 Grenzgänger aus dem Elsass zum Umsteigen vom Auto auf den öffentlichen Verkehr bewegt werden. Pendler waren auch bei der Verlängerung der Tramlinie 8 ins deutsche Weil am Rhein im Fokus, die seit Dezember 2014 besteht.
Zum Ärger des Basler Detailhandels entwickelte sich der «Achter» aber namentlich nach dem Frankenschock vom Januar 2015 zum Shuttle für Einkaufstouristen. Diese machten im ersten Betriebsjahr nahezu die Hälfte der Fahrgäste auf dem deutschen Streckenabschnitt aus, die Pendler dagegen nur rund 10 Prozent.
Inzwischen dürften sich die Relationen verändert haben, zumal das Halbtax-Abo und das Generalabonnement ennet der Grenze seit einem Jahr nicht mehr gelten. Auch die Erstarkung des Euros in den letzten Monaten dürften den einen oder andern Schnäppchenjager von einer Shopping-Tour nach Weil am Rhein abgehalten haben.
Dass die Passagierzahlen auf dem deutschen Abschnitt der Linie 8 sinken, haben auch die Basler Verkehrs-Betriebe festgestellt, wie auf Anfrage zu erfahren war. Aktuelle Zahlen liegen jedoch noch nicht vor. Letztes Jahr sank die Zahl der Passagiere auf der ganzen Linie 8 von 21,27 auf 19,93 Millionen.
Von der Verlängerung der Tramlinie 3 nach Frankreich erhofft sich die BVB zunächst 600'000 zusätzliche Fahrgäste - davon 500'000 im grenzüberschreitenden Verkehr. Dazu kommen 100'000 Passagiere pro Jahr, die das Tram innerhalb von Saint-Louis mit seinen rund 20'000 Einwohner benützen dürften.
Auf französischem Boden bedient die Linie 3 vier Haltestellen. Erschlossen werden unter anderem ein Spital, ein Gymnasium und ein Schwimmbad sowie ein neues Quartier.
Noch im Bau ist beim Bahnhof Saint-Louis ein Parking mit 740 Plätzen, in welchem Pendler ab kommenden Frühling ihre Autos abstellen und mit dem ÖV Richtung Schweiz reisen sollen. Neben dem Tram stehen ihnen dort die Bahn sowie eine Buslinie mit jährlich über 700'000 Passagieren für die Fahrt nach Basel zur Verfügung.
Was den Einkaufstourismus betrifft, herrscht gegenüber dem «Dreier» mehr Gelassenheit als beim «Achter». Gewerbedirektor Gabriel Barell etwa befürchtet für den Basler Detailhandel keine grosse zusätzliche Konkurrenz.
Er verweist gegenüber der Nachrichtenagentur sda auf die Sprachbarriere und namentlich auf das Preisgefälle zwischen Frankreich und Deutschland. Wegen diesem würden schon heute viele Elsässer für Einkäufe nach Deutschland ausweichen.
Für Einkaufstouristen aus der Schweiz ist Frankreich nicht nur wegen höherer Preise weniger attraktiv als Deutschland, sondern auch wegen des unterschiedlichen Umgangs mit der Mehrwertsteuer. Während diese in Deutschland auch für kleine Einkäufe zurückerstattet wird, braucht es dafür in Frankreich einen Mindesteinkauf von 175 Euro.
Aufgenommen wird der reguläre Trambetrieb auf der neuen Strecke mit dem Fahrplanwechsel am kommenden Wochenende (10. Dezember). Bis nach Saint-Louis fährt vorerst nur jedes zweite Tram, also eines alle 15 Minuten.
Auf die neue Verbindung ist die BVB sichtlich stolz: Nach hausinternen Recherchen sind die Basler Verkehrs-Betriebe nämlich weltweit das einzige städtische Transportunternehmen, das drei Länder verbindet.