Recep Tayyip Erdogan (67) versprach in einem Interview des Fernsehsenders TRT bis zu den für 2023 geplanten Wahlen niedrigere Zinsen. Zudem sei der türkische Präsident nicht länger daran interessiert, mit höheren Leitzinsen kurzfristige Investitionen ins Land zu holen. Die Lira brach daraufhin zum Dollar und zum Euro auf Rekordtiefs ein.
Der Dollar stieg im Gegenzug bis knapp unter 14 Lira, der Euro kletterte dicht an 16 Lira. Zum Vergleich: Zum Wochenstart mussten für einen Euro phasenweise noch 14 Lira gezahlt werden, Mitte November waren es deren 12.
Ein Grab für Hamsterer
Um die Lira zu stützen, intervenierte die türkische Notenbank am Mittwoch und verkaufte zum ersten Mal seit sieben Jahren Devisen - das brachte der Landeswährung zwischenzeitlich Erholung. Erdogan feuerte den Verfall der Lira bei einer Fraktionsrede in Ankara aber erneut an.
Er sprach von «Zins-Boshaftigkeit». Ausserdem warnte er Händler davor, Waren zu hamstern, um sie später zu einem höheren Preis zu verkaufen: «Wir werden - so Gott will - dafür sorgen, dass das Land ein Grab für Hamsterer wird», sagte er.
Leitzinssenkung zur Unzeit
Die Währung der Türkei befindet sich schon länger auf Talfahrt, und die Wirtschaft leidet darunter. Hintergrund sind die Einmischungen Erdogans in die Geldpolitik der Notenbank. Entgegen jeder volkswirtschaftlichen Vernunft vertritt der Präsident die Ansicht, hohe Zinsen förderten die Inflation. Viele Notenbanker, die sich mehr oder weniger gegen Erdogans Ansichten stellten, mussten bereits ihren Hut nehmen.
Erst jüngst hatte die türkische Zentralbank die Leitzinsen auf 15 Prozent gesenkt – entgegen der gängigen Praxis, einer hohen Inflation mit einer Anhebung des Leitzinses zu begegnen. So beträgt die Teuerungsrate zurzeit rund 20 Prozent. In diesem Umfeld scheuen ausländische Unternehmer tendenziell Investitionen in dem Land, was die Wirtschaft zusätzlich belastet.
Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu warf Erdogan am Mittwoch Führungsunfähigkeit vor. In der vergangenen Woche hatte es unter anderem in Istanbul und Ankara Proteste gegen Erdogans Wirtschaftspolitik gegeben.(SDA/koh)