Man stelle sich einmal vor: Thomas Jordan (53), Präsident der Schweizerischen Nationalbank SNB, bevorzugt – what else? – Nespresso-Kaffee aus der Kapsel. Weil er kein Club-Mitglied von Nespresso sein will und den Einkauf in einer Boutique als lästig empfindet, sucht er einen neuen Weg, um an seinen Lieblings-Schwarzen zu kommen.
Da offeriert ihm der Kapselgigant Nestlé einen Deal: Wir stellen Ihnen ein Kapsel-Terminal in die SNB. Sie wählen über einen Touch-Screen die Produkte aus und bezahlen dort gleich mit EC-Karte. Im Anschluss oder am Feierabend müssen Sie Ihre Bestellung nur noch an einem abgemachten Servicepunkt abholen. Würde Jordan das nicht schätzen?
Die Schweiz ist interessiert
Das Beispiel ist hypothetisch. In der Europäischen Zentralbank EZB in Frankfurt a. M. (D) sind Nespressos Kapsel-Terminals aber bereits Wirklichkeit. In Deutschland testet die Nestlé-Tochter den Verkauf von Kapseln über Terminals zudem noch in einem Kaufhof-Laden in Bonn und bei einer Saturn-Filiale in Münster, berichtet die «Lebenmittelzeitung».
«Wenn sich die Pilotphase weiter so positiv entwickelt, werden wir das System 2017 weiter ausrollen», zitiert die Fachzeitung Niels Kuijer, Deutschland-Chef von Nespresso. Auch die Zentrale in der Schweiz schaue in dieser Sache interessiert nach Deutschland, heisst es weiter.
Hierzulande gibt es noch keine Terminals, dafür einen Nespresso-Cerube im Centre Manor in Chavannes-de-Bogis VD. Das ist ein Verkaufswürfel ohne Kassierer. Ein Roboter gibt die Ware gegen Bezahlung heraus. In einzelnen Boutiquen können Kunden Kapselstangen selber scannen und bezahlen. Das wars aber auch schon.
Von exklusiven Verkaufsstrategie entfernen
In der Schweizer Nespresso-Zentrale hält man sich bedeckt: «Sofern der Pilot in Deutschland sich als Erfolg herausstellt, werden wir das auch für die Schweiz prüfen», sagt ein Sprecher. «Die Terminals könnten eine interessante Alternative sein für die Schweiz, da Platz ein rares und teures Gut ist hierzulande.»
Entscheidend sei, dass das Nespresso-Business-Modell mit dem exklusiven Internet-Club und eigenen Boutiquen nicht verwässert werde.
Fällt der Entscheid für eine Expansion mit dem neuen Kooperationsmodell bei Detailhändlern wie Saturn, dann würde sich die Nestlé-Tochter ein Stück weit von dieser direkten und sehr exklusiven Verkaufsstrategie entfernen. Das attestiert auch die «Lebensmittelzeitung». Das sei als Eingeständnis zu werten, dass auch eine physische, breite Distribution im Wettstreit um Kunden unverzichtbar ist.