Neues Swiss-Flaggschiff
So viel Schweiz steckt in der 777

Erstmals fliegt die Swiss eine Maschine des amerikanischen Herstellers Boeing. Und stellte die amerikanischen Ingenieure vor eine Knacknuss, weil sie auf eine Nespresso-Maschine bestand.
Publiziert: 31.01.2016 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:32 Uhr
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Das neue Flaggschiff der Swiss: eine Boeing 777-300ER. Nach der Landung winkt der Pilot mit einer Schweizer Fahne aus dem Cockpit.
Foto: KEYSTONE/NICK SOLAND
Moritz Kaufmann

Dieser Sonderwunsch entpuppte sich als besonders knifflig. Die Swiss wollte unbedingt, dass Nespresso-Maschinen in die neuen Boeing 777-300ER verbaut sind. Aus Schweizer Perspektive logisch: Wenn etwas Schweizer Kaffeekultur verkörpert, dann das Kaffee-Kapsel-System. Doch in der Flugzeug-Industrie ist das nicht so einfach. «Wir haben anderthalb Jahre daran gearbeitet», sagt Larry Schneider (52), Chefingenieur des Boeing-777-Programms.

BLICK testet den Supervogel
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An Bord der Swiss 777:BLICK testet den Supervogel

Angefangen hat es mit zahlreichen Tests: Hält eine Nespresso-Maschine Druckunterschiede aus? Funktioniert sie auf 10 000 Meter Höhe? Kann sie zum Risiko werden? «Es hat uns ganz schön viel Arbeit gekostet», sagt Schneider. Boeing musste die Nespresso-Maschine flugtauglich machen und zertifizieren lassen. «Am Ende ist es uns gelungen, aber es dauerte lange», sagt er und schmunzelt über die Schweizer Nespresso-Versessenheit.

Andere Schweizer Produkte im neuen Swiss-Flaggschiff sind weniger offensichtlich. Aber es gibt sie. Zum Beispiel vom Textil-Spezialisten Lantal aus Langenthal BE. Dieser liefert die Stoffe und Sitzbezüge für die Passagierkabine. Zudem produziert Lantal eine spezielle Polsterung für die Business-Class-Sitze. Die Materia-lien dürfen nicht entzündlich sein, müssen ein geringes Gewicht haben und trotzdem atmungsaktiv sowie komfortabel bleiben.

Premiere im neuen Swiss-Jet

Flugzeuge sind eine der letzten Bereiche des öffentlichen Lebens, die mit Internet ausgestattet werden. Dies, weil die Technologie hochkomplex ist. Mit der neuen 777 ermöglicht die Swiss erstmals Wi-Fi und Handy-Telefonieren über den Wolken. Ob auch die anderen Flugzeugtypen damit ausgerüstet werden, ist noch nicht entschieden.

Flugzeuge sind eine der letzten Bereiche des öffentlichen Lebens, die mit Internet ausgestattet werden. Dies, weil die Technologie hochkomplex ist. Mit der neuen 777 ermöglicht die Swiss erstmals Wi-Fi und Handy-Telefonieren über den Wolken. Ob auch die anderen Flugzeugtypen damit ausgerüstet werden, ist noch nicht entschieden.

Auch aus der Schweiz stammen die Bordküchen – im Fachjargon «Galleys» genannt. Die Firma Bu-cher Leichtbau aus Fällanden ZH entwickelte das Küchensystem aus Aluminium für den neuen Jet. Die komplexen Konstruktionen müssen so geräumig, übersichtlich und ausdauernd wie möglich sein. Gleichzeitig dürfen sie kein Gramm zu viel wiegen.

Die «Triple Seven» ist die erste Boeing-Maschine der Swiss. Bisher setzte sie in der Langstrecke ausschliesslich auf die europäische Konkurrenz Airbus. Diese arbeitet stärker mit Schweizer Zulieferern zusammen als Boeing – nicht zuletzt wegen der geografischen Nähe. An der Konstruk-tion des Airbus-Superjumbo A380 sind über ein halbes Dutzend Schweizer Firmen beteiligt. Und dies nicht nur beim Interieur, sondern auch in Rumpf- oder Flügelteilen.In der Kabine setzt die Swiss dafür stark auf das Schweiz-Gefühl. Denn: Swissness lässt sich verkaufen. Laut der Swiss stammen 70 Prozent der Bord-Produkte aus der Schweiz. Pro Jahr werden 2,4 Millionen Flaschen Schweizer Wein ausgeschenkt, 14 0 000 Kilo Schweizer Käse serviert und zwei Tonnen Bündnerfleisch aufgetischt.

Hier landet der Supervogel
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Boeing-777 am Flughafen Zürich:Hier landet der Supervogel

Vor kurzem wurde bekannt, dass die Swiss in Deutschland und Österreich auf Personalsuche sei. Das kam gar nicht gut an, zumal sich die Lufthansa-Tochter stets als Schweizer Airline gibt. Die Swiss ihrerseits beschwichtigt: 80 Prozent der rund 8200 Angestellten hätten einen Schweizer Pass.

Schatten über der Ära Hohmeister

Mit Fanfaren und Trompeten hat Harry Hohmeister das neue Flaggschiff der Swiss nach Zürich überführt. Die «Tripple Seven» krönt damit die Ära des Swiss-Chefs.

Der Superflieger ist nicht nur bequemer und leiser als die A340-Maschinen. Die B777-300ER fliegt erst noch weiter und ist viel sparsamer als die alten Airbus-Flieger. Die Erneuerung der Langstreckenflotte aus Swissair-Zeiten war längst überfällig!

Doch ist es auch betriebswirtschaftlich gescheit, eine Flotte von mehreren Flugzeugherstellern zu betreiben? «Ja», sagt die Airline. Weil auch die Konzernmutter 777-Maschinen von Boeing kauft, winken Swiss grosszügige Rabatte.

Doch der wahre Lackmustest steht der Swiss erst noch bevor: Ob Hohmeister bei der Beschaffung der Ersatzmaschinen für Jumbolinos mit Bombardier wirklich aufs richtige Pferd gesetzt hat, wird sich zeigen. Denn im Gegensatz zur «Tripple Seven» besitzt ausser der Swiss keine andere Airline einen Jet der neuen C-Serie.

Der kanadische Hersteller hat wegen dieses Jets wahre Existenzängste. Es wurde sogar ein Verkauf an Airbus erwogen – allerdings vergebens. Sollte sich der Airbus-Konkurrent auch noch als Problemflieger erweisen, wäre der Glanz des scheidenden Swiss-Chefs schnell verblasst. Hohmeister würde sich dann wünschen, seine Flieger doch lieber in Toulouse statt in Montreal geordert zu haben.

Andrea Hohendahl, Wirtschaftsredaktor.
Andrea Hohendahl, Wirtschaftsredaktor.

Mit Fanfaren und Trompeten hat Harry Hohmeister das neue Flaggschiff der Swiss nach Zürich überführt. Die «Tripple Seven» krönt damit die Ära des Swiss-Chefs.

Der Superflieger ist nicht nur bequemer und leiser als die A340-Maschinen. Die B777-300ER fliegt erst noch weiter und ist viel sparsamer als die alten Airbus-Flieger. Die Erneuerung der Langstreckenflotte aus Swissair-Zeiten war längst überfällig!

Doch ist es auch betriebswirtschaftlich gescheit, eine Flotte von mehreren Flugzeugherstellern zu betreiben? «Ja», sagt die Airline. Weil auch die Konzernmutter 777-Maschinen von Boeing kauft, winken Swiss grosszügige Rabatte.

Doch der wahre Lackmustest steht der Swiss erst noch bevor: Ob Hohmeister bei der Beschaffung der Ersatzmaschinen für Jumbolinos mit Bombardier wirklich aufs richtige Pferd gesetzt hat, wird sich zeigen. Denn im Gegensatz zur «Tripple Seven» besitzt ausser der Swiss keine andere Airline einen Jet der neuen C-Serie.

Der kanadische Hersteller hat wegen dieses Jets wahre Existenzängste. Es wurde sogar ein Verkauf an Airbus erwogen – allerdings vergebens. Sollte sich der Airbus-Konkurrent auch noch als Problemflieger erweisen, wäre der Glanz des scheidenden Swiss-Chefs schnell verblasst. Hohmeister würde sich dann wünschen, seine Flieger doch lieber in Toulouse statt in Montreal geordert zu haben.

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