Finanzberater haben einen miserablen Ruf. Sie versprechen den Kunden das Blaue vom Himmel, sacken Provisionen ein und sind über alle Berge, wenn die Verluste da sind.
Dass ihr Ruf so schlecht ist, daran hat Stefan Schabirosky (46) massgeblichen Anteil. Erst war er jahrelang selber als Finanzberater unterwegs. Nun plaudert er im Buch «Mein Auftrag: Rufmord» die schmutzigen Geheimnisse der Branche aus.
Schabirosky startete seine Karriere beim deutschen Finanzberater AWD, der auch einen Ableger in der Schweiz hatte. Nach einem Streit mit seinen Chefs landete er auf der Strasse. Er wurde wegen versuchter Erpressung verurteilt.
Als Rächer bei der Konkurrenz angeheuert
Dann heuerte er beim AWD-Konkurrenten Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) an – nicht mehr als Verkäufer, sondern als Rächer: Zusammen mit DVAG-Gründer, dem früheren CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Bohl (71), schmiedete er ein Komplott, um AWD vom Markt zu drängen. Das schreibt Schabirosky in seinem Buch. DVAG bestreitet den Vorwurf.
AWD-Gründer Carsten Maschmeyer (58) gab eine perfekte Zielscheibe für die Rufmord-Kampagne ab. Maschmeyer hatte Charisma, Glamour und haufenweise Geld. Er umgab sich gerne mit Politikern, später heiratete er Filmstar Veronica Ferres (52). Mit mehr oder weniger frei erfundenen Vorwürfen hetzte ihm Schabirosky die Gerichte und die Medien auf den Hals.
Swiss Life blätterte 1,9 Milliarden Franken auf den Tisch
Das Buch ist ein Racheakt Schabiroskys. Denn auch bei der DVAG ging er im Streit. Die Firma überwies ihm zwar monatlich bis zu 15'000 Euro für seine Dienste, verweigerte ihm aber die Auszahlung einer Belohnung von 3 Millionen Euro für den Fall, dass der AWD von der Bildfläche verschwindet.
Das geschah vor zehn Jahren. Maschmeyer verkaufte AWD an die Swiss Life. Unter der Führung des damaligen Konzernchefs Rolf Dörig (60) blätterte die Versicherung 1,9 Milliarden Franken auf den Tisch.
Das Buch lässt die Swiss-Life-Chefs schlecht aussehen. Sie liessen sich von Maschmeyer einen halbtoten Gaul andrehen. Schabirosky zitiert Maschmeyer im Schlusskapitel mit den Worten: «Ihre Attacken waren der ausschlaggebende Grund, weshalb ich den AWD damals verkauft habe.» Laut Schabirosky hat Maschmeyer das Zitat autorisiert.
Ein Drittel des Kaufpreises musste abgeschrieben werden
Die Swiss-Life-Chefs hatten offenbar keine Ahnung, dass gegen den AWD eine existenzbedrohende Kampagne im Gange war. Dank AWD werde man Osteuropa erobern, träumte Dörig beim Kauf. Schabirosky kann sich über so viel Naivität nur wundern: «Die Schweizer hätten wissen müssen, dass AWD mit der Übernahme nicht mehr unabhängig ist und damit den entscheidenden Wettbewerbsvorteil verliert.»
Tatsächlich: Der Deal entpuppte sich als Flop. Swiss Life macht heute keinen Euro Umsatz in Osteuropa, ein Drittel des Kaufpreises wurde abgeschrieben, der Name AWD ist verschwunden.
Schuld am Debakel sei nicht die eigene Fehleinschätzung, sondern die Finanzkrise, sagte Dörig in Interviews. Er ist noch immer in Amt und Würden. Als Präsident des Verwaltungsrats kassiert er ein Millionensalär, seit der AWD-Übernahme total 17,7 Millionen Franken. Swiss Life wollte keine Fragen zum Buch beantworten.