Neue Studie beweist
Ältere Arbeitnehmer werden gar nicht diskriminiert!

Eine neue Studie räumt mit gängigen Vorurteilen zu Über-50-Jährige auf. Sie werden nicht häufiger gefeuert als jüngere. Auch bei Besetzungen von neuen Jobs sei das Alter kein Nachteil.
Publiziert: 28.09.2020 um 13:18 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2020 um 11:36 Uhr
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Foto: Keystone

Ältere Arbeitnehmer werden bei Schweizer Unternehmen laut einer Studie entgegen der landläufigen Meinung nicht diskriminiert. Bei lediglich 14 Prozent der Unternehmen haben über 50-jährige (Ü50) Beschäftigte altersdiskriminierende Tendenzen festgestellt.

Dies geht aus zwei Umfragen der Outplacementfirma Von Rundstedt bei Personalverantwortlichen und Arbeitskräften hervor, die von April bis August durchgeführt wurde. An der Befragung nahmen 791 Arbeitgeber und 1053 Ü50-Arbeitskräfte teil.

Es herrsche Einigkeit, dass Ü50 im Arbeitsmarkt an gewissen Stellen benachteiligt seien und grössere Schwierigkeiten hätten. «Trotzdem lässt sich das nicht an konkreten Praktiken oder diskriminierenden Handlungen auf Arbeitgeberseite festmachen», schrieb Von Rundstedt in der heute Montag veröffentlichten Studie.

Gleichberechtigung

Die Unternehmen legten grossen Wert auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit. «Diese wird auch mehr oder weniger gelebt. Wir können also davon ausgehen, dass die Schwierigkeiten einer wachsenden Ü50-Minderheit strukturell bedingt sind», schrieb die Outplacementfirma, welche Entlassene bei der Suche nach einer neuen Stelle unterstützt.

Strukturelle Nachteile gebe es für Ü50 auch ohne Diskriminierung, sagte Studienleiter Pascal Scheiwiller im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. So würden beispielsweise ihre Profile weniger den Anforderungen der Unternehmen an einen Job entsprechen. Oder Ü50 seien häufiger in höheren Positionen gewesen, von denen es weniger gebe. Aber es sei nicht so, dass die Unternehmen die über 50-Jährigen anders behandeln würden.

Ältere erhalten seltener den «blauen Brief»

Bei den Kündigungen sei der Anteil der Ü50 mit gut 10 Prozent deutlich tiefer als ihr Anteil an den Beschäftigten (gut ein Viertel in der Umfrage). Die Ü50 erhielten also entgegen häufiger öffentlicher Behauptungen weniger oft den «blauen Brief» als jüngere Mitarbeiter. Zudem zeigten sie selber auch weniger Bereitschaft, aus eigenem Antrieb das Unternehmen zu wechseln.

Auf der anderen Seite liege aber auch bei den Neuanstellungen der Anteil der Ü50 mit 16 Prozent tiefer als sie an der Gesamtzahl der Beschäftigten ausmachten (26 Prozent). Zudem sei der Unterschied zwischen den eingehenden Bewerbungen (24 Prozent) und den Neueinstellungen von Ü50 (16 Prozent) gross.

Bei Anstellungen setzen immer mehr Unternehmen auf Bewerbungsplattformen. Diese seien mittlerweile bei fast 80 Prozent der Firmen im Einsatz, sagte Scheiwiller. Vor zwei Jahren seien es erst rund die Hälfte gewesen.

Es kann Ältere und Jüngere treffen

Entgegen dem Vorwurf, dass auf diesen Onlineplattformen ältere Mitarbeiter wegen ihres Alters herausgesiebt werden, «haben diese Alterskriterien in der Rekrutierungspraxis relativ wenig Bedeutung. So gibt es nur bei 22 Prozent der Unternehmen teilweise Altersvorgaben und bei nur 28 Prozent der Unternehmen ist das Alter als Vorselektionskriterium zugelassen», schrieb Von Rundstedt.

Die Berücksichtigung von Alterskriterien dient in diesen Fällen gemäss der Umfrage dann nicht primär der Abwehr von älteren Arbeitskräften, sondern der gezielten und ausgewogenen Altersverteilung innerhalb bestehender Teams. «Somit kann das Alterskriterium jüngere oder ältere Arbeitskräfte treffen», schrieb Von Rundstedt.

Ganz anders sehen das die Ü50 selber. 73 Prozent der beschäftigten über 50-Jährigen und 93 Prozent der arbeitslosen Ü50 empfänden das Alter in Bewerbungssituationen klar als Nachteil, hiess es weiter.

Generell weiche das Empfinden und die Beurteilung der Situation von Ü50 durch Unternehmen und Angestellte nicht stark voneinander ab. Sie seien bei vielen Punkten gar kongruent.

Persönliche Betroffenheit

Ganz anders sei indes die Wahrnehmung der arbeitslosen Ü50. Diese würden die Lage viel negativer einschätzen als Ü50 mit einer Stelle und die Firmenverantwortlichen. Dies «lässt darauf schliessen, dass die Wahrnehmung der Ü50 Thematik primär vom Aspekt der persönlichen Betroffenheit abhängt. Das erklärt auch die grosse Polemik in den öffentlichen und privaten Diskussionen und Debatten», schrieb Von Rundstedt.

Ein Hoffnungsschimmer ist, dass die Personalabteilungen entgegen der landläufigen Meinung etwa die Hälfte der Spontanbewerbungen anschauen würden, auch wenn keine Stelle ausgeschrieben sei. Allerdings hätten auch hier die Ü50 mehr Schwierigkeiten im Bewerbungsprozess als die Jüngeren. So werden bei unter 40-Jährigen über die Hälfte der Spontanbewerbungen geprüft, während es bei den Ü50 nur knapp 40 Prozent sind. (SDA/pbe)

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