Nationale-CEO Hans Künzle redet nach Helvetia-Angebot Klartext
«Das ist für alle ein Schock»

Die Versicherungsgesellschaft Helvetia will Nationale Suisse schlucken. Noch unklar ist, wie viele Stellen wegfallen. Die Nationale-Angestellten erfuhren erst heute Morgen von den Übernahmeplänen.
Publiziert: 07.07.2014 um 15:45 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 15:01 Uhr

Für die Angestellten der Nationale Suisse kam das Übernahmeangebot der Konkurrentin Helvetia heute Morgen überraschend. «Das ist für alle Mitarbeitende ein Schock», sagte Nationale-Chef Hans Künzle (siehe Video). Sie hätten sich nicht auf die Mitteilung heute morgen einstellen können.

Künzle sagte an der Medienkonferenz in Zürich, dass sein Unternehmen eine dynamische und hochprofitable Firma sei. Seit Ende 2013 jedoch habe man vier vergleichbar starke Kernaktionäre, von denen drei Mitbewerber seien. «Die Aktionärsstruktur war instabil und nicht nachhaltig», sagte Künzle. Es habe grosse Interessenskonflikte unter den Aktionären gegeben. «Alleine konnten wir nicht bestehen bleiben.»

Mehrere Übernahmeofferten

Nationale Suisse hatte offenbar mehrere Übernahmeofferten vorliegen. Von wem diese Offerten stammten, wollte Nationale-Verwaltungsratspräsident Andreas von Planta nicht sagen. Das Angebot der Helvetia sei das höchste gewesen.

Anzunehmen ist, dass auch die anderen Hauptaktionäre ein Angebot unterbreitet hatten. Mit grösseren Anteilen an der Nationale beteiligt sind einerseits auch die Mobiliar, und anderseits die Baloise-Gruppe. Beide Gesellschaften äusserten sich am Montag nicht zum Kaufangebot der Helvetia.

«30 Prozent mehr Gewinn»

Stefan Loacker, Chef der Helvetia, betonte die gute wirtschaftliche Verfassung der beiden Versicherer. «Zwei komplett gesunde Unternehmen kommen zusammen», sagte er. «Die Fusion bringt 30 Prozent mehr Gewinn. Der Schweizer Markt hat die mit Abstand grösste Bedeutung. Wir sind überzeugt, dass das Zusammengehen auch für die Kunden einen Mehrwert bringt.»

Die Unternehmen preisen das Übernahmeangebot als Zusammenschluss an, um zur «klaren Nummer Drei» im Schweizer Versicherungsmarkt zu werden. Laut eigenen Angaben kommen Helvetia und Nationale zusammen auf einen Marktanteil von 12 Prozent.

Mit den rund 2 Prozent Marktanteil von Nationale könnte Helvetia damit ihre Konkurrenten Baloise, Zurich, Allianz und Mobiliar distanzieren, die auf 7 bis 9 Prozent kommen. An der Spitze stehen Swiss Life mit 18 Prozent und Axa Winterthur mit 28 Prozent.

Prämienvolumen von 5 Milliarden Franken

Der Zusammenschluss solle zu einer «starken» Versicherungsgruppe führen, die rund 9 Mrd. Fr. Prämien einnehmen und ein Gewinnpotenzial von über 500 Mio. Fr. haben soll. Im Schweizer Markt allein erreiche das Prämienvolumen der neuen Gruppe rund 5 Mrd. Franken.

Der Verwaltungsrat von Nationale Suisse empfiehlt den Aktionären der Versicherungsgesellschaft, das Helvetia-Angebot anzunehmen, wie es weiter hiess. Auch die Kernaktionäre von Helvetia, also die Patria Genossenschaft, Raiffeisen und Vontobel, unterstützten das Angebot.

Für den Verwaltungsratspräsidenten der Nationale Suisse, Andreas von Planta, ist Helvetia der ideale Partner im In- und Ausland. Beide Versicherungen verfügten über eine lange und erfolgreiche Unternehmensgeschichte, eine ähnliche Unternehmenskultur und eine lokale Verankerung in Basel.

Nationale mit 1,8 Milliarden Franken bewertet

Helvetia will für die Übernahme tief in die Tasche greifen: Pro Nationale-Suisse-Aktie sollen die Aktionär einen Gegenwert von 80 Franken erhalten, davon 52 Franken in bar und den Rest in Form von 0,068 neuen Helvetia-Aktien.

Das Gesamtangebot enthält somit eine Prämie von 26 Prozent zum Schlusskurs der Nationale-Aktie vom letzten Freitag. Insgesamt wird Nationale mit 1,8 Mrd. Fr. bewertet. Vom Kaufangebot ausgenommen ist allerdings der Anteil von 18,7 Prozent, welche die Helvetia und Patria Genossenschaft bereits hält.

Nationale-Aktie im Auftrieb

Das Übernahmeangebot hat dem Aktienkurs der Nationale Suisse am Vormittag kräftig Auftrieb verliehen. Der Wert der Aktien stieg um rund 25 Prozent und notiert gegen 79 Franken. Das Kursplus bewegt sich damit in der Grössenordnung des Aufschlags, den Helvetia zu zahlen bereit ist.

Die Barzahlung im Rahmen des Kaufangebotes von total 931 Mio. Fr. ist laut Helvetia durch ein Überbrückungsdarlehen sichergestellt, welches nach Abschluss der Transaktion über den Kapitalmarkt mit Anleihen refinanziert werden soll.

Die neue Versicherung wird unter der Marke Helvetia auftreten. Helvetia mit Stammsitz in St. Gallen hatte sich in den 1990er-Jahren bereits mit der Basler Versicherungsgesellschaft Patria zusammengeschlossen und deren Marke später verschwinden lassen.

Angepeilt werden durch den Zusammenschluss mit Nationale Suisse Kosteneinsparungen in der Grössenordnung von 100 bis 120 Mio. Fr. pro Jahr. Die einmaligen Restrukturierungskosten werden auf 150 bis 180 Mio. Fr. veranschlagt.

Umfang vom Stellenabbau noch unbekannt

Beschäftigen soll die neue Gruppe rund 7000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zum Umfang des Stellenabbaus gab es keine genauen Angaben, da die Zusammenführung erst vorbereitet werde, wie ein Sprecher erläuterte. Während zwei bis drei Jahren sollen viele Stellen von ausscheidenden Mitarbeitenden nicht nachbesetzt werden.

Angesichts der natürlichen Fluktuationsrate von 5 bis 10 Prozent pro Jahr könne «ein beträchtlicher Teil der personalbezogenen Effizienzgewinne» schonend realisiert werden, hiess es.

Die Führung der neuen Gruppe soll aus Personen beider Gesellschaften gebildet werden. Verwaltungsratspräsident soll Erich Walser bleiben und Stefan Loacker wird die erweiterte Helvetia-Gruppe weiterhin als CEO leiten. Nationale-Chef Hans Künzle soll zum zweiten Vizepräsidenten des Verwaltungsrats gewählt werden. (sda/thj)

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