«Mit dem Essen spielt man nicht.» Das war das Motto des Initiativkomitees bei der Präsentation der Spekulationsstopp-Initiative. «Was ich meinen Kindern am Mittagstisch sage, gilt ganz genauso für Spekulanten an der Börse», sagte die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer am Montag vor den Medien in Bern.
Lanciert wurde die Volksinitiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» von der JUSO gemeinsam mit der SP, den Grünen, mehreren Hilfswerken und kirchlichen Organisationen sowie Bäuerinnen und Bauern. Die Initianten wollen der Spekulation mit Nahrungsmitteln einen Riegel schieben, weil sie diese für den Hunger auf der Welt mitverantwortlich machen.
«Als 2007 die Immobilienblase in den USA platzte und damit die Finanzkrise auslöste, suchten die Finanzkonzerne einen sicheren Hafen für ihr Geld und begannen auf die Preise von Rohstoffen zu spekulieren», erklärte JUSO-Vize-Präsidentin Hanna Bay die Aktualität des Anliegens. Die Spekulation habe sich in dieser Zeit vervielfacht.
«Jede Sekunde stirbt ein Mensch an der Folge von Unterernährung», sagte Bruderer. Der Welthunger werde durch die Entwicklungen auf den Finanzmärkten zusätzlich verstärkt. Die Initiative verlangt deshalb ein Verbot für Banken, Vermögensverwalter und Versicherungen, in Finanzinstrumente zu investieren, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen.
Spekulative Börsengeschäfte mit Nahrungsmitteln würden zu Preisspitzen und extremen Preisschwankungen führen, welche mitverantwortlich für den Hunger und das Elend von Millionen von Menschen sei. Explizit ausgenommen von der Spekulation sind die preisliche und terminliche Absicherung. Damit orientiere sich die Initiative an den bestehenden Regulierungen in den USA und der EU, erklärte Bruderer. Auch Konsumentinnen, Händler und Produzenten sind von der Regulierung ausgenommen.
Die Initiative fordert ausserdem, dass sich der Bund für die weltweite Bekämpfung der Spekulation mit Nahrungsmitteln einsetzt. Vor allem arme Haushalte in Entwicklungsländern seien betroffen, weil diese 60 bis 80 Prozent ihres Einkommens für Essen ausgeben, sagte Caroline Morel, Geschäftsleiterin des Hilfswerks Swissaid.
«Hohe Nahrungsmittelpreise führen häufig zum Verzicht auf höherwertige und gesunde Nahrung, zur Verschuldung oder geringeren Ausgaben für Gesundheit und Bildung», so Morel. Es werde geschätzt, dass ein Preisanstieg von einem Prozent zu 16 Millionen zusätzlichen Hungernden führt.
Auch Res Peter, Pfarrer vom Neumünster Zürich, sorgt sich um die Armen und sieht in der Spekulation von Rohstoffen eine der Mitursachen für Armut. Ihm sei zudem nicht verständlich, weshalb die Spekulation in der Schweiz weniger geregelt sei als in den USA und Europa.
«Selbstverständlich kann die Schweiz diesen Missstand nicht alleine lösen», sagte Marc Jost der Berner EVP-Grossrat und Präsident des Verbands Interaction. Die Schweiz sei jedoch besonders gefordert, weil sie beim Handel mit Getreide, Ölsaaten, Zucker und anderen Nahrungsmitteln eine globale Spitzenposition einnehme und entsprechend Einfluss habe.
Dass die Schweiz durch den Spekulationsstopp weniger attraktiv für Unternehmen wird, glaubt Jost nicht. «Dieses Risiko ist gering», sagte der Berner Grossratspräsident. Er ist überzeugt, dass die Regelung Ausstrahlungskraft auf andere Länder haben würde. Gemäss Bay von der JUSO hat die Schweiz zudem viele weitere Standortvorteile. «Die Spekulation macht nur einen kleinen Teil aus, für eine UBS ist das verkraftbar», so Bay.
Auch die Bauerngewerkschaft Uniterre unterstützt die Spekulationsstopp-Initiative. «Uns Bauern stört besonders, dass sich einige wenige auf Kosten der Produzenten und Konsumenten bereichern, ohne dass sie sich jemals die Hände schmutzig gemacht haben», sagte Philippe Reichenbach, Präsident Uniterre Neuenburg.
Das Parlament lehnte die Spekulationsstopp-Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Am 28. Februar 2016 wird das Volk über die Initiative abstimmen.