Die Firma Interholco hat ihren Sitz in Baar ZG. Ihr Geld verdient sie allerdings im Regenwald. Und zwar in einem der letzten unberührten dieser Welt – im Urwald des Kongobeckens. Die Schweizer Firma fällt dort Bäume. «Nachhaltig!», betont Interholco-Geschäftsführer Ulrich Grauert.
Umweltschützer wie Simon Counsell, Direktor der britischen Rainforest Foundation, widersprechen: «Interholco behauptet, nachhaltig zu arbeiten, obwohl ihre Abholzung zu einer ernsthaften Zersplitterung des Waldes führt.» Er meint damit das Strassennetz, das durch den Urwald gezogen wird, um die Urwaldriesen abzutransportieren. Das bedrohe nicht nur das Volk der Baka-Pygmäen, sondern auch wild lebende Tiere wie Gorillas oder Waldelefanten. Und Counsell sagt: «Die wertvollen Hartholzbaumarten werden sich mit grosser Sicherheit nicht regenerieren.»
Waldschwund heizt Klimawandel an
Sogar von weltweiten Konsequenzen durch die Abholzung des Urwalds durch die Schweizer Firma in der Republik Kongo spricht Matthias Wüthrich von Greenpeace. «Der Urwald im Kongobecken ist ein gigantischer Kohlestoffspeicher und damit zentral für den globalen Klimaschutz.» Jeder Hektar Waldschwund heize den Klimawandel weiter an. Die Folgen: eine Zunahme von Wetterextremen wie Dürren, Überschwemmungen und verheerenden Stürmen.
Interholco sieht es völlig anders. Die Forstwirtschaft nutze dem Wald, den Pygmäen und den Tieren, so Geschäftsführer Grauert. Denn anders als in den Urwäldern Brasiliens, wo Kahlschlag betrieben wird, um Monokulturen anzulegen, betreibe Interholco selektiven Holzschlag.
Gefällt werde im Schnitt ein halber Baum pro Hektar. Und die Zonen, in denen Bäume geschlagen werden, wechseln ab. «So hat der Wald genug Zeit, um sich zu regenerieren.» Auch bei den Strassen sieht Grauert kein Problem: «Sie sind innert kürzester Zeit wieder zugewachsen.» Die indigene Bevölkerung und ihre Bedürfnisse würden sehr wohl miteinbezogen. So schlage man beispielsweise keine heiligen Bäume. Zudem schaffe seine Firma Arbeitsplätze in der Region. Grauert: «Unsere Forstwirtschaft ist ein Gewinn für die Region.» Was er sage, sei geprüft.
Umstritten, ob FSC tatsächlich für Nachhaltigkeit steht
Er hat recht: Für das Tropenholz aus der Republik Kongo (Karte links) hat Interholco die FSC-Zertifizierung. Das Forest Stewardship Council vergibt das einzige Gütesiegel für nachhaltige Forstwirtschaft. Bloss: Es ist umstritten, ob FSC tatsächlich für Nachhaltigkeit steht. Simon Counsell von der Rainforest Foundation war FSC-Gründungsmitglied; heute ist er einer der schärfsten Kritiker. Ein zentraler Kritikpunkt: Die Zertifizierer werden von der Firma bezahlt, die sie prüfen. Das Label FSC sei in keiner Weise eine Garantie dafür, dass Interholco ökologisch, sozialverträglich oder nachhaltig handle.
Am besten könnte wohl das Volk der Baka Auskunft über die Folgen des Holzschlags geben, das seit Jahrtausenden in diesem Wald lebt. Doch seine Stimme wird selten gehört. In einem Arte-Dokfilm erzählen zwei Baka-Frauen, wie ihnen die Holzfirma ihre Lebensgrundlage raubt. Sie dürften innerhalb des Interholco-Waldes nur noch wenig anbauen und nicht mehr jagen. Sie bekämen keine Arbeit, ihre Kinder keine Bildung und damit keine Zukunft. Die Ältere der beiden: «Die Firma soll verschwinden.»
Situation im Kongo-Urwald nicht ideal
Christoph Wiedmer, Co-Geschäftsleiter der Gesellschaft für bedrohte Völker, kennt den Urwald im Kongobecken. Die Situation dort sei nicht ideal, sagt er. Glaubt aber, dass sich Interholco nach jahrelangem Druck der NGOs nun bemühe, die Bevölkerung einzubinden. Es sei aber schwierig zu beantworten, ob die Baka abschätzen können, welche Auswirkungen der Holzschlag auf ihren Lebensraum hat und ob sie wirklich jeweils ihr Einverständnis geben oder nur überredet werden und im Gegenzug beispielsweise eine Klinik bekommen.
Klar ist: Der Urwald des Kongobeckens ist eines der artenreichsten Gebiete der Welt. Hier leben Menschen und Tiere, für die der Wald Lebensgrundlage ist. Interholco ist eine Firma. Sie hat in erster Linie finanzielle Interessen.
Für Wüthrich von Greenpeace gibt es deshalb nur eine Lösung: «Interholco muss sofort aufhören, den Urwald zu zerstören.»