Knapp 35 Zentimeter fehlen noch. Mit 50 Zentimetern Neuschnee hätte das Skigebiet Engelberg-Titlis schon gestern Skibegeisterte auf seine Hänge loslassen können. Aber es fielen nur 15 Zentimeter.
Die Saison wird deshalb wohl erst nächste Woche starten, oder am 22. Oktober. So lange will man künftig nicht mehr warten: «Wir planen, den Gletscher ab Herbst 2017 zu beschneien», erklärt Marketing-Leiter Peter Reinle (56). Die Vorteile: Eine Kunstschneeschicht könne die Sonnenstrahlung reflektieren und das Abschmelzen des Gletschers verhindern. «Zum anderen werden wir dann mit Sicherheit schon Anfang Oktober in die Saison einsteigen können.»
Nicht nur Engelberg-Titlis zieht mit Schneekanonen in den Kampf gegen grüne Skihänge. Laut Seilbahnen Schweiz (SBS) wird jede zweite Piste hierzulande beschneit – vor fünf Jahren waren es keine 40 Prozent. Kein Wunder: In warmen Wintern schmelzen sonst Umsätze und Gästezahlen dahin. Der schneearme Start in die letzte Saison war laut SBS eine «Hypothek», die in einem Minus von gut zehn Prozent bei Umsätzen und Gästezahlen im Vergleich zu den vier Vorjahren resultierte.
«2015 ist bei der Beschneiung ein Wendejahr»
Das grosse Geschäft machen jetzt die Schneekanonenhersteller. «2015 ist bei der Beschneiung ein Wendejahr», sagt Anton Bächler (80), der mit seiner Firma Schneemacher vertreibt. In diesem Jahr wollen die Kunden von Bächler Snow nicht mehr nur Steilhänge und Kanten beschneien, sondern möglichst alle Pisten.
Bächler hat sein Festnetztelefon aufs Handy umgeleitet. Am Firmensitz in Oberkirch-Luzern ist er derzeit kaum anzutreffen, sondern Tag für Tag im Einsatz auf den noch grünen Pisten. Er stellt neue Schneewerfer auf, schaut, dass die Maschinen in Ordnung sind, zum Beispiel in Zermatt VS.
Gerade die niedriger gelegenen Skigebiete rüsten nun auf
Hier machen viele der 900 Kanonen aus einem Wasser-Luft-Gemisch auch dann Schnee, wenn es eigentlich regnet. Die Beschneiung funktioniert bis plus drei Grad. Eine Spezialschneekanone kommt sogar bis zu sommerlichen 30 Grad zum Einsatz. In den letzten zehn Jahren hat Zermatt fast 43 Millionen Franken in die Beschneiung gesteckt.
Neben Zermatt arbeitet Bächler mit knapp 100 anderen Schweizer Bergbahnen zusammen. Einige wollen nach dem schneearmen Winter neue Anlagen zukaufen und alte umrüsten. Gerade die niedriger gelegenen Skigebiete rüsten nun auf.
Die Pizolbahnen in Bad Ragaz SG etwa fühlten sich nach der warmen Saison 2015 in ihrer Entscheidung bestärkt, weiter in die Beschneiung zu investieren, sagt Geschäftsführer Klaus Nussbaumer (45). Die Mörlialp bei Giswil OW hat nach der letzten Skisaison entschieden, die Pisten noch stärker unter Schneekanonenbeschuss zu nehmen. Eine Viertelmillion Franken fliesst in diesem Jahr in die Beschneiung.
Beschneiung am Diavolezza-Gletscher geplant
Schneemaschinenhersteller Bächler freuts: «Man kann schon jetzt sagen, dass wir den Umsatz von 2015 in diesem Jahr verdoppeln.» Auch anderswo brummt das Geschäft. Bei der Konkurrenzfirma Demaclenko in Wallenwil TG wimmelt man Anrufer gestresst ab: «Wir haben jetzt keine Zeit für Anfragen, wir sind in der Hauptsaison.» Schneekanonen der Firma stehen etwa am Piz Nair in St. Moritz GR. Dort kleben schon jetzt Kunstschnee-Pflatscher an den Hängen.
Der unweit davon gelegene Diavolezza-Gletscher könnte laut Gemeinde Pontresina GR ab Sommer 2017 beschneit werden. Aber nicht für den Skibetrieb, sondern als Alternative zu den Folien, die den Gletscher seit Jahren vor der Sonne abschirmen.