Gib jemandem den kleinen Finger, und er nimmt die ganze Hand. So oder ähnlich dürfte ein Haufen Lebensmittelmanager im Moment stöhnen.
Den kleinen Finger hat Nestlé gegeben. Der Multi aus Vevey VD hat im Frühjahr auf massiven Druck der Agecore, einem europäischen Zusammenschluss von Supermarktketten, die Preise senken müssen. Und damit Zugeständnisse gemacht, die jetzt eine Lawine auslösen könnten.
Denn Agecore, der neben Edeka (Deutschland) oder Eroski (Spanien) auch Coop angehört, hat Blut geleckt. Die neusten Opfer heissen Red Bull, Mars und Heineken. Grosse Marken, aber noch viel mehr: Weltkonzerne mit Dutzenden Untermarken, die sie an die Supermärkte liefern.
0,8 Prozent des Umsatzes
So gehören unter anderen die Biere Calanda, Eichhof, Ittinger und Desperados zu Heineken. Und der Mars-Konzern kontrolliert unter anderen die Süsswarenmarken M&M's, Balisto, Snickers und Bounty und die Tiernahrungsmarken Whiskas, Sheba oder Pedigree.
Laut der deutschen «Lebensmittelzeitung» fordert Agecore-Chefverhandler Gianluigi Ferrari jeweils 0,8 Prozent Preisnachlass auf den Umsatz, den die Lieferanten mit den sechs Agecore-Mitgliedern machen. Um Druck zu machen, boykottieren diese Supermarktketten nun eine Reihe von Produkten der Hersteller. Zur Weihnachtszeit, in der die Menschen viel kaufen, ist das besonders schmerzhaft.
Es soll um 56 Artikel von Mars, 21 von Red Bull und 14 von Heineken gehen. Dabei seien dies allerdings noch nicht die Schlagerprodukte. Indem er diese boykottiert, könnte Ferrari den Druck später allerdings ausbauen.
Die ersten Löcher klaffen schon im Regal
Die «Lebensmittelzeitung» bezieht sich mit diesen Angaben auf den deutschen Supermarktriesen Edeka. Aber sie dürften in etwa auch für die Schweiz, sprich für Coop, gelten. Im Frühjahr war dies im Streit mit Nestlé nämlich der Fall. Weder Coop noch die Zulieferer wollten sich gestern auf Anfrage äussern.
Dafür tut es ein Coop-Mitarbeiter, als BLICK gestern fragte, wo denn das ganze Erdinger-Bier geblieben sei. Heineken darf die Marke in der Schweiz nämlich exklusiv vertreiben. «Haben wir nicht an Lager», sagt der Angestellte. Ein paar Regale weiter bestätigt sich das Bild: Wo eine Sugus-Sorte sein sollte, klafft ein Loch. Genauso bei einer Uncle-Ben's-Reissorte. Im Moment sei der Artikel nicht lieferbar, heisst es auf einem Schild.