Nach Salmonellen-Skandal
Ferrero muss seine Schoggi-Fabrik in Belgien schliessen

Wegen Salmonellen-Fällen in mehreren Ländern muss der Süsswarenhersteller Ferrero die Produktion in seiner Fabrik in Belgien stoppen. Zudem wurde bekannt, dass der Schoggi-Hersteller seit Monaten vom Salmonellen-Problem gewusst hatte.
Publiziert: 08.04.2022 um 15:24 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2022 um 17:29 Uhr
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Der Ferrero-Fabrik in Belgien ist die Lizenz entzogen worden.
Foto: AFP

Der Salmonellen-Verdacht im Hause Ferrero hat eine neue Dimension angenommen. Schon im Dezember ist dem Süsswaren-Riesen ein Salmonellen-Fall in jener Fabrik im belgischen Arlon bekannt geworden, die seit einigen Tagen im Fokus der Lebensmittelbehörden steht. Dies geht aus einer Mitteilung von Ferrero France in Luxemburg hervor.

Der Mitteilung zufolge wurden am 15. Dezember am Standort Arlon Salmonellen in einem Sieb am Auslass von zwei Rohstofftanks festgestellt. Die daraus gefertigten Produkte seien daraufhin zurückgehalten worden. Der Filter sei ausgetauscht und Kontrollen der unfertigen und fertigen Produkte seien gesteigert worden, so Ferrero.

7 Prozent der weltweiten Produktion

Warum Ferrero nicht schon damals die bereits im Umlauf befindlichen Produkte zurückrief, geht aus der Mitteilung nicht hervor. In den vergangenen Tagen hat das Unternehmen in etlichen Ländern Produkte seiner «Kinder»-Süsswarenserie zurückgerufen - auch in der Schweiz. Zuletzt ist der Rückruf auch auf die USA ausgedehnt worden, wie aus einer Unternehmensmitteilung hervorgeht.

Die Aufsichtsbehörde Afsca kündigte am Freitag an, die Produktionslizenz für die Fabrik in Arlon in Folge von Ermittlungen zu entziehen. Ferrero habe in den Ermittlungen nicht ausreichend Informationen geliefert, so die Mitteilung. Mitten im wichtigen Ostergeschäft müssen demnach alle Produkte aus dem Werk zurückgerufen werden, unabhängig von ihrem Produktionsdatum.

Der Mitteilung von Afsca zufolge sind hiervon alle Kinder Surprise, Kinder Mini Eggs, Kinder Surprise Maxi und Schoko-Bons betroffen, die in Arlon gefertigt wurden. Afsca bat auch alle Vertriebsfirmen, die entsprechenden Produkte aus dem Einzelhandel zu nehmen. Das Werk in Arlon dürfe erst wieder öffnen, wenn alle Regeln und Anforderungen der Lebensmittelsicherheit erfüllt seien.

Ferrero räumt nach der behördlichen Schliessung des Werks in einer Mitteilung ein, dass es «interne Ineffizienzen gab, die zu Verzögerungen bei der rechtzeitigen Beschaffung und Weitergabe von Informationen führten». Dies habe sich auf die Schnelligkeit und Wirksamkeit der Untersuchungen ausgewirkt. Das Werk werde erst wieder öffnen, wenn die Behörden die Freigabe erteilt hätten.

Auf das Werk in Arlon entfallen laut Angaben von Ferrero rund 7 Prozent des Gesamtvolumens der jährlich weltweit hergestellten Kinderprodukte.

Ferrero entschuldigt sich

Nach der behördlichen Schliessung entschuldigte sich Ferrero erstmals offiziell für die Angelegenheit. In einer Mitteilung heisst es: «Wir bedauern diese Angelegenheit zutiefst. Wir möchten uns bei allen unseren Verbrauchern und Geschäftspartnern aufrichtig entschuldigen und danken den Lebensmittelsicherheitsbehörden für ihre wertvollen Hinweise.»

Der Schutz der Verbraucher habe für das Unternehmen oberste Priorität. Der Fall dürfte Spuren in den Supermarktregalen hinterlassen. Und das im lukrativen Ostergeschäft!

«Bevölkerung muss sofort gewarnt werden»

Heftige Kritik an dem Unternehmen übte indes die Verbraucherorganisation Foodwatch. «Wenn so ein Fehler passiert, muss die Bevölkerung sofort gewarnt werden», sagte Andreas Winkler von Foodwatch. Seiner Ansicht nach sind Eigenverantwortung und Eigenkontrollen der Hersteller nicht ausreichend, notwendig seien «Transparenzpflichten für Behörden, damit Fälle wie Ferrero umgehend öffentlich gemacht werden müssen.»

Aber was war überhaupt der Auslöser für die vielen Rückrufe der vergangenen Tage? Zu Beginn der Woche waren zunächst in Grossbritannien und Frankreich Fälle von Salmonellen-Erkrankungen bekannt geworden. In Grossbritannien waren vor allem kleine Kinder erkrankt, wie die Nachrichtenagentur PA am Montag meldete. Kurz darauf rief Ferrero einige Chargen an Kinder-Überraschungseiern zurück. Die Lebensmittelsicherheitsbehörde teilte mit, der Rückruf habe «eine mögliche Verbindung zu einem Salmonellen-Ausbruch».

21 Infektionsfälle in Frankreich

Auch in Frankreich hatte Ferrero zu Wochenbeginn nach 21 Infektionsfällen Produkte zurückgerufen, wie die Gesundheitsbehörden in Paris mitteilten. Nach deren Angaben handelt es sich genetisch um dieselben Salmonellen, die für einen Ausbruch von Salmonellen-Erkrankungen in Grossbritannien und Irland verantwortlich sind. Hergestellt werden die betroffenen «Kinder»-Schoggiprodukte demnach alle in besagter Fabrik im belgischen Arlon.

Durch die Zusammenarbeit mit Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden in Europa habe Ferrero neue Daten erhalten, die eine Übereinstimmung zwischen den in Europa gemeldeten Salmonellenfällen und dem eigenen Werk in Arlon zeigten, hiess es nun von dem Unternehmen.

Am Donnerstag weitete Ferrero seinen Produktrückruf in Deutschland auch auf einige Weihnachtsartikel aus. Es handelt sich unter anderem um spezielle Überraschungseier und Adventskalender, jeweils mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 20. April 2022, wie aus einer am Donnerstag im Portal lebensmittelwarnung.de veröffentlichten Übersicht hervorgeht.

Durchfall und Erbrechen

In Europa nahmen die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA und die EU-Gesundheitsbehörde ECDC Untersuchungen auf. Die beiden Behörden hatten am Mittwoch von 105 bestätigten Salmonellenfällen und 29 Verdachtsfällen gesprochen, die meisten davon bei Kindern im Alter von unter zehn Jahren. Bestimmte Schokoladenprodukte seien als wahrscheinlicher Infektionsweg identifiziert worden.

«Eine Salmonellen-Erkrankung äussert sich innerhalb weniger Tage nach der Infektion mit Durchfall und Bauchschmerzen, manchmal mit Erbrechen und leichtem Fieber», teilt die Verbraucherzentrale mit. Bei Gesunden klingen die Beschwerden demnach in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. In bestimmten Fällen könne es jedoch zu schweren Krankheitsverläufen kommen, insbesondere bei Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen und Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem. (pbe/sfa/SDA)

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