Am 7. August veröffentlichte Tesla-Chef Elon Musk einen folgenschweren Tweet. Darin spielte er mit dem Gedanken, Tesla von der Börse zu nehmen. Insbesondere seine Bemerkung, dass die Finanzierung für den Deal stehe, wird durch die Börsenaufsicht SEC überprüft und hat bereits zu zwei Anklagen geführt (BLICK berichtete).
Aber nicht nur das: Das Unternehmen kämpft darum, die Produktion des neuen Models 3 hochzufahren.
In einem Interview mit der «New York Times» verrät Musk, wie sehr ihm das vergangene Jahr zugesetzt hat, ob er seinen folgenschweren Tweet bereut und wie es um seine Zukunft bei Tesla steht. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen zum Interview und dessen Folgen:
Wie steht es um die Gesundheit von Musk?
«Nicht gerade toll», sagt Musk gegenüber der «Times». Das vergangene Jahr sei das schwierigste und schmerzhafteste Jahr seiner Karriere gewesen. «Es war unerträglich.» Er habe deswegen fast die Hochzeit seines Bruders verpasst und den eigenen Geburtstag komplett in der Fabrik verbracht.
Wie Musk erzählt, habe es an allen Seiten gebrannt, während Tesla Probleme hatte, Tausende Model 3-Fahrzeuge zu produzieren und auf den Markt zu bringen.
Er arbeite 120 Stunden die Woche und könne manchmal nur mit dem Schlafmittel Ambien Ruhe finden. «Es ist oft die Alternative: kein Schlaf oder Ambien», zitiert die Zeitung den Tesla-Chef. Während des rund einstündigen Interviews habe Musk abwechselnd gelacht und geweint, beschreiben die Reporter.
Bereut Musk seinen Tweet vom 7. August?
«Wieso sollte ich?», sagt Musk im Interview. Und fügt an, dass er nicht aufhören werde, die sozialen Medien zu benutzen. Einige Verwaltungsratsmitglieder hätten aber Musk dazu angehalten, Twitter fernzubleiben und sich lieber auf das Herstellen von Autos und das Starten von Raketen zu konzentrieren, schreibt die «Times».
Tritt Musk jetzt zurück?
Musk will weder zurücktreten noch hat er Pläne, seine Doppelrolle als Verwaltungsratspräsident und CEO bei Tesla aufzugeben, wie er im Interview sagt. Er fügt aber an: «Falls es jemanden gibt, der einen besseren Job machen kann als ich, lassen Sie mich dies bitte wissen. Er kann den Job haben und die Zügel sofort übernehmen.»
Einige Stimmen fordern Musk indirekt auf, zumindest kürzer zu treten. Maryann Keller, eine unabhängige Analystin der Autoindustrie, sagt gegenüber «Bloomberg»: «Er tut der Aktie oder seinem Ansehen als Chef nicht gut.» In derselben Zeitung lässt sich auch Stephen Diamond zitieren, ein auf Unternehmensführung spezialisierter Rechtsprofessor der Santa Clara Universität.
Er sagt: «Es ist klar, dass Musk nicht vier Unternehmen gleichzeitig führen kann.» Damit spricht er an, dass Musk nicht nur in der Tesla-Führung eine Doppelrolle spielt, sondern auch beim privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX sowie zwei weitere Firmen führt. «Tesla verdient und braucht einen exklusiven Vollzeit-CEO», so Diamond.
Der Verwaltungsrat sucht dringend einen Topmanager, um den gesundheitlich angeschlagenen Firmenchef zu entlasten. Die «Times» beruft sich dabei auf «Personen, die mit der Sache vertraut sind». Danach sei die Suche nach den umstrittenen Tweets von Musk noch intensiviert worden. Musk sagt im Interview jedoch, seines Wissens nach gebe es «derzeit keine aktive Suche» nach einer Nummer zwei.
Auf «Bloomberg» folgte nach dieser Meldung der «Times» eine Richtigstellung: Es gäbe keine offizielle Suche nach einem Topmanager durch den Verwaltungsrat. Gesucht werde nach einem «Senior Talent», was aber kontinuierlich der Fall sei und in den letzten Wochen nicht intensiviert worden sei.
Wie viel Geld machten die Tesla-Anleger nach dem Interview?
Für die Leerverkäufer, die derzeit gegen Tesla wetten, war am Freitag Zahltag: Die Investoren verdienten insgesamt rund eine Milliarde Dollar, wie die «Times» unter Berufung auf Daten des Analysehauses S3 Partners berichtet.
Die Tesla-Aktie hatte an diesem Tag um fast neun Prozent verloren und landete bei rund 303 US-Dollar. Das bedeutet, dass die Investoren, die gegen Tesla gewettet haben, an diesem Freitag den Grossteil dessen, was sie nach dem berüchtigten Börsenabgangs-Tweet von Musk verloren hatten, wieder reinholen konnten.
Ausgerechnet jene Investoren profitierten also, gegen die Musk immer wieder wettert. Im Interview mit der «Times» macht er sie für einen grossen Teil seines Stresses verantwortlich. Er glaubt, die Leerverkäufer wollen Tesla scheitern sehen.
Konnte Musk seine Kritiker besänftigen?
Nur teilweise. Die «Times» schreibt über den Tesla-Chef, er habe im Interview ein aussergewöhnliches Mass an Selbstreflexion und Verletzlichkeit gezeigt und erkannt, dass seine unzähligen Führungsaufgaben einen hohen persönlichen Tribut fordern würden. Das könnte sich positiv auf das Vertrauen zu Musk auswirken.
Doch für «Bloomberg» überwiegt der Umstand, dass sich die Befürchtungen um Musks Gesundheitszustand durch das Interview erhöht haben. Und für den Gadget-Blog Gizmodo ist klar, dass Tesla weiterhin mit PR-Problemen zu kämpfen haben wird.
Ein Twitter-User glaubt gar, dass Musk das Interview gezielt gegeben habe, um Tesla einfacher von der Börse zu nehmen:
Auch andere Twitter-User kritisieren die Aussagen Musks:
Zwar konnte Musk nach dem Interview mit der «Times» mit positiven News aufwarten: In einem Gespräch mit dem Youtuber Marques Brownlee schätzt er, dass Tesla in drei Jahren ein Model produzieren könne, das für 25'000 Dollar bereits erhältlich sei.
Für negative Schlagzeilen nach dem Interview sorgte hingegen die Behauptung der Rapperin Azealia Banks, der Tesla-Chef nehme LSD, wie die «Bild» schreibt. Banks ist eine Bekannte von Musks Freundin, der kanadischen Musikerin Grimes (30).