Die Euro-Franken-Parität hat das Fass für die Thurgauer Industriefirma Knobel zum Überlaufen gebracht. Sie leidet seit Jahren unter dem starken Franken. Doch nun wurde es endgültig zu viel: Die Herstellerin von Schokoladengiessmaschinen aus Felben-Wellhausen TG ist pleite. 60 Angestellte verlieren ihren Job.
Firmenchefs halten sich bedeckt
Ein Abteilungsleiter erzählt Blick am Telefon, die Belegschaft sei am Montag über den Konkurs informiert worden. Die Mitarbeitenden wurden per sofort freigestellt. Mehr kann und will der Betroffene nicht erzählen. Der Firmenkonkurs geht ihm nahe.
Die Geschäftsleitung befindet sich auf Tauchstation. Anrufe und E-Mails führen ins Leere. Mehr als ein mageres Statement von Verwaltungsrat Daniel Züger via Communiqué ist nicht zu bekommen: «Wir bedauern ausserordentlich, keine Lösung für eine Überbrückungsfinanzierung gefunden zu haben.» Sowohl für die langjährigen, treuen Mitarbeitenden als auch für die Kunden sei das Ende des Unternehmens eine traurige Nachricht.
Pionier und Weltmarktführer
Auch wenn «nur» 60 Angestellte betroffen sind: Knobel ist nicht irgendjemand – sondern der Weltmarktführer für die Produktion von Schokoladengiessmaschinen. Und ein Pionier noch dazu. In den 1980er-Jahren entwickelte das Ostschweizer Unternehmen die weltweit erste derartige Maschine. Damit wird Schokolade zum Beispiel in Hasen- oder Bärenform gegossen und farbig verziert. Das alles im Sekundentakt.
Über 2000 Maschinen der Thurgauer sind in der ganzen Welt im Einsatz. Aber genau da liegt das Problem: Mehr als 95 Prozent der Schoko-Giessmaschinen aus Felben-Wellhausen werden exportiert. Wegen des schwachen Euro schrumpft die Marge.
Zu seinen besten Zeiten hatte das Thurgauer Familienunternehmen 110 Mitarbeiter. Jetzt beim Konkurs sind es nur noch gut halb so viele.
Verlagerung ins Ausland
Jean-Philippe Kohl (56), Vizedirektor des Industrieverbands Swissmem, bedauert den Konkurs des Thurgauer Maschinenbauers. «Der Fall steht exemplarisch dafür, wie die Schweizer Exporteure durch den Wechselkurs unter Druck geraten.»
Am Dienstag fiel der Euro erstmals seit 2015 auf unter 98 Rappen. Ein neuer Tiefpunkt. «Der Franken ist gegenüber dem Euro um 7 bis 8 Prozent überbewertet», rechnet Kohl vor. 2015 waren es sogar 20 Prozent. So schlimm ist die Lage derzeit nicht. Kohl rechnet denn auch nicht mit reihenweise Konkursen unter den Industriefirmen.
«Hält die Situation jedoch an, könnten immer mehr Firmen Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern», prognostiziert Kohl. Weil es dort billiger ist als hierzulande. Auch Knobel hatte diesen Schritt laut eigenen Angaben schon vor mehreren Jahren ins Auge gefasst. Gereicht hat es ganz offensichtlich nicht.