Nach der Finanzkrise: Spitzenlöhne im freien Fall
Es geht auch für die Hälfte!

Arm sind unsere Wirtschaftskapitäne nicht. Noch immer kassieren sie Millionen. Eine Analyse der 20 Unternehmen im Swiss-Market-Index (SMI) zeigt aber: Die ganz fetten Jahren sind vorbei.
Publiziert: 29.03.2015 um 14:22 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 03:44 Uhr
29,9 Millionen Franken: Er galt als Abzocker der Nation: Daniel Vasella, Novartis.
Foto: Keystone
Von Martina Wacker

Seit der Finanzkrise halbierten sich die Löhne der Topverdiener in der Finanz- und der Pharmaindustrie (siehe Tabelle). Dazu beigetragen haben der Druck der Öffentlichkeit und die Minder-Initiative.

Jahrelanger Boni-König war Daniel Vasella (62). Als CEO und Verwaltungsratspräsident des Pharmakonzerns Novartis kassierte er 2007 ein Gesamtsalär von 29,9 Millionen Franken. Für die Befürworter der Abzocker-Initiative, initiiert von Ständerat Thomas Minder, war Vasella das Paradebeispiel eines Abzockers.

Dieses Etikett lässt sich Vasellas Nachfolger, Joseph Jimenez (56), nicht mehr so leicht umhängen: Der heutige CEO bezog 2014 vergleichsweise bescheidene 12,7 Millionen Franken, eine halbe Million weniger als im Vorjahr – obwohl der Konzerngewinn um über zehn Prozent gestiegen war.

Der neue Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt (58) hat Novartis einen neuen Stil verpasst. Statt Protz ist nun eher Zurückhaltung angesagt. Reinhardt selbst gab sich letztes Jahr mit 4,0 Millionen zufrieden – nach 5,2 Millionen Franken im Vorjahr.

Ein ähnliches Bild präsentiert die Konkurrentin Roche. Kassierte der im vergangenen Jahr ausgeschiedene Franz Humer (69) für seinen CEO- und Präsidentenposten im 2007 noch 21,6 Millionen, muss sich der heutige CEO Severin Schwan (48) mit rund 12 Millionen bescheiden geben. Verwaltungsratspräsident Christoph Franz (55) verdient 4,03 Millionen Franken.

Nicht nur in der Pharmaindustrie, auch bei den Grossbanken sind «magerere» Zeiten angebrochen. Die UBS zahlt ihrem CEO Sergio Ermotti (55) für 2014 11,2 Millionen Franken. Präsident Axel Weber (58) bezieht 5,9 Millionen.

Zum Vergleich: Der damalige Präsident Marcel Ospel (65) kassierte 2006 satte 26,6 Millionen Franken. Ein Jahr darauf geriet die Bank wegen Spekulationen mit Billig-Hypotheken in den USA in eine existenzgefährdende Krise. Die UBS verlor 50 Milliarden Franken, Ospels Gehalt sank auf 2,6 Millionen, kurz darauf war er seinen Job los.

Die Konkurrenz backt ebenfalls kleinere Brötchen. Der gegenwärtige CS-Chef Brady Dougan (55), der mit einem Superbonus von 71 Millionen Franken 2010 für Aufruhr sorgte, kommt heute noch auf 9,7 Millionen.

«In den Chefetagen und Vergütungsgremien hat ein Umdenken stattgefunden, nicht zuletzt wegen der Minder-Initiative und dem öffentlichen Druck gegen übermässige Saläre», sagt Michael Otte (30), CEO des Aktionärsdienstleisters zRating.

Für seine These spricht, dass jene Unternehmen, die weniger im Rampenlicht stehen, die Löhne erhöht haben. Beispiele sind der Personalvermittler Adecco oder der Biotechkonzern Actelion.

Laut Otte hat sich zudem die Transparenz verbessert. «Die Aktionäre können mittlerweile nachvollziehen, wie sich die Entlöhnung des Managements zusammensetzt.» Das sei früher teilweise unmöglich gewesen.

Dank Minder haben die Aktionäre auch mehr Rechte. An der Generalversammlung der UBS und der CS können sie entscheiden, ob Ermotti und Dougan ihre Boni wert waren oder nicht.

Anders als Otte glaubt Unternehmensberater und Lohnexperte Urs Klingler (57) nicht, dass bei den Wirtschaftsführern tatsächlich ein Umdenken stattgefunden habe. Dass die Löhne sinken, liege vor allem am veränderten konjunkturellen Umfeld: «Wegen der mässigen wirtschaftlichen Entwicklung schreiben viele Unternehmen, wie etwa die Banken, weniger Gewinn. Deshalb schrumpft hier auch die Vergütung für das Management», sagt er.

Klingler glaubt auch nicht, dass Transparenz  zu tieferen Löhnen führt – im Gegenteil. Transparenz treibe die Spirale erst richtig an, sagt der Lohnexperte: «CEOs verhalten sich wie alle anderen Mitarbeitenden. Wenn sie wissen, was die Mitbewerber verdienen, wollen sie im nächsten Jahr auch ein vergleichbares Lohnpaket.»

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