Nach den VR-Mandaten verliert Pierin Vincenz auch ehrenamtliche Jobs
Vincenz' stiller Abschied aus der Gesellschaft

Pierin Vincenz (61) verliert nach und nach seine letzten Mandate. Nicht einmal mehr seine ehrenamtliche Arbeit in Stiftungen ist erwünscht.
Publiziert: 18.03.2018 um 15:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:25 Uhr
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Um den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz wird es immer einsamer.
Foto: Keystone
Thomas Schlittler

Der ehemalige Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz sitzt noch immer in Untersuchungshaft. Die Zürcher Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung.

Für Vincenz gilt die Unschuldsvermutung. Diese Tatsache verhindert jedoch nicht, dass der einstige Starbanker mehr und mehr zur Persona non grata degradiert wird.
Der Grund ist klar: Unternehmen, Stiftungen und gemeinnützige Organisationen werden nicht gerne mit Personen in Verbindung gebracht, die auch nur annähernd unter Verdacht stehen, Dreck am Stecken zu haben.

Seine wichtigsten Ämter musste Vincenz schon vor Monaten abgeben, als sich abzuzeichnen begann, dass er wegen seiner heiklen Deals als Raiffeisen-Chef Probleme bekommen könnte.
Im Verlaufe des Jahres 2017 trat er bei der Kreditkartenfirma Aduno, beim Finanzdienstleister Leonteq und bei der Versicherungsgruppe Helvetia zurück. Anfang 2018 folgten dann die Abgänge beim Bündner Energieunternehmen Repower sowie bei der KMU-Beteiligungsgesellschaft Investnet. Bei allen Firmen war Vincenz als Verwaltungsratspräsident tätig.

Doch damit nicht genug. Während Vincenz in einer U-Haft-Zelle sitzt, setzt sich sein Abschied aus Gesellschaft und Öffentlichkeit still und leise fort.

Seinen Sitz im Stiftungsrat der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse hat Vincenz bereits im Dezember 2017 verloren, als er als Helvetia-Verwaltungsratspräsident zurücktrat. «Scheidet ein Mitglied des Stiftungsrates aus seiner Funktion bei der Förderfirma aus, so ist es verpflichtet, sein Amt zur Verfügung zu stellen», sagt Avenir-Suisse-Kommunikationschefin Verena Parzer-Epp.

Auch die Uni St. Gallen ist zurückhaltend

Die Universität St. Gallen bricht auch keine Lanze für den einstigen Studenten. Zwar sitzt Vincenz mit anderen bekannten Namen wie Michael Ringier, Peter Spuhler, Pietro Supino, Roger de Weck und Thomas Jordan im Stiftungsrat der Law and Economics Foundation St. Gallen, die sich für die Mittelbeschaffung zur Finanzierung des Studiengangs einsetzt. Doch dem dürfte nicht mehr lange so sein. Direktorin Suzanne Dvorak sagt gegenüber SonntagsBlick: «Wir gehen davon aus, dass Pierin Vincenz zurücktreten wird.»

Im Vorstand der gemeinnützigen Organisation Pflege- und Adoptivkinder Schweiz (PACH) sind die Tage von Vincenz ebenfalls gezählt. «Wir hatten bereits im Januar ein längeres Telefongespräch, in dem er seinen Austritt aus dem Vorstand angekündigt hat», sagt Präsidentin und SP-Nationalrätin Barbara Gysi.

Auch der Förderverein für Kinder mit seltenen Krankheiten macht sich Sorgen um seine Reputation, weil Vincenz im Vorstand sitzt. «Diese Problematik hat bei uns oberste Priorität», sagt Geschäftsleiterin Manuela Stier. Man werde deshalb an der nächsten Vorstandssitzung Ende März darüber diskutieren und allfällige Wechsel im Vorstand kommunizieren.

Das Traurige an dieser Entwicklung: Vincenz führte all diese Ämter ehrenamtlich aus. Nirgendwo kassierte er Geld für seine Tätigkeit. Im Gegenteil: In der Regel war es seine Aufgabe, für die Stiftungen und Organisationen Geld zu sammeln.

Bei den Bergbahnen der Familie ist auch Schluss

Besonders bitter für Vincenz ist auch, dass es nicht einmal von den Bergbahnen Brigels, die sein Vater Gion Clau Vincenz gegründet hat, ein glasklares, unmissverständliches Bekenntnis zu ihm gibt. Das Unternehmen lässt verlauten: «Die Amtszeit von Pierin Vincenz läuft per Ende 2018 aus. Wir überlassen es der Familie Vincenz, sich zu überlegen, wen sie als Vertretung ihrer Familie und ihres Aktienpakets als Mitglied des Verwaltungsrats bestimmen wollen.»

Keine Stellung nehmen wollten die Stiftung Pro Kloster Disentis, wo Vincenz im Stiftungsrat sitzt, sowie die Plozza Wine Group. Sie betonen lediglich, dass für Pierin Vincenz weiterhin die Unschuldsvermutung gelte.

Das betonen übrigens auch alle anderen in diesem Bericht erwähnten Unternehmen, Stiftungen und gemeinnützigen Organisationen. Zumindest bei der Plozza Wine Group ist das keine Überraschung. Denn bei der Weinhandelsfirma ist Vincenz nicht nur Verwaltungsratspräsident, sondern auch Inhaber.

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