Huawei ist der Spion Pekings! Das ist die Überzeugung der USA. Die Regierung hat den chinesischen Telekomriesen schon vor Jahren aus dem Land verbannt. Seither üben die Amerikaner Druck auf ihre westlichen Partner aus, es ihnen gleichzutun. Kanada folgte im Frühjahr 2022. Europa zeigte sich indes standfest und gewichtete wirtschaftliche Interessen höher als den Informationsschutz – bis jetzt.
Die deutsche Bundesregierung plant, den Einsatz chinesischer Technologie in den Mobilfunknetzen des Landes einzuschränken, wie das «Handelsblatt» diese Woche unter Berufung auf Regierungskreise vermeldete. Das bedeutet: Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica müssen schon verbaute Huawei-Komponenten aus ihren Anlagen, die zur kritischen Infrastruktur zählen, entfernen.
Das werden nicht wenige sein: Schätzungsweise 60 Prozent der im deutschen Netz verbauten Komponenten stammen vom chinesischen Unternehmen. Die Kosten in Milliardenhöhe werden die Unternehmen selbst tragen müssen.
Schweiz setzt auf Huawei
Auch in der Schweiz spielt Huawei als Lieferant beim Ausbau der 5G-Netze eine gewichtige Rolle. Der chinesische Anbieter ist bei der 5G-Technologie führend. Sowohl Sunrise als auch Salt und Swisscom nutzen daher Komponenten von Huawei. Das bestätigen die Telekomanbieter gegenüber Blick.
«Sunrise teilt die bisherige Einschätzung der Bundesbehörden, wonach Huawei nicht vom Aufbau der 5G-Infrastruktur auszuschliessen ist, da die Thematik primär ein Teil des Handelskriegs zwischen den USA und China ist», lässt ein Sprecher ausrichten. «Das Schweizer Fernmeldegesetz verpflichtet die Telekomanbieter, ihre Netzwerke zu sichern. Selbstverständlich erfüllt Sunrise sämtliche Rechtsvorschriften.»
Nachrichtendienst über Huawei
Tatsächlich schätzt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) die Lage noch anders ein als die USA. Die Amerikaner sollen nie Beweise für ihre Spionage-Behauptungen vorgelegt haben, heisst es in Bern. In seinen jährlichen Lageberichten thematisiert der NDB seit Jahren regelmässig die Rivalität zwischen den USA und China, spricht von einer «wachsenden Kluft» zwischen dem liberalen Westen und dem autoritären Staatskapitalismus. Und konstatiert: «Die Schweiz könnte künftig gezwungen sein, sich auf einen dieser Normenräume zu beschränken.»
Auf Blick-Anfrage sagt NDB-Sprecherin Sonja Margelist: «Der genaue Zeithorizont dieses potenziellen Szenarios ist nur schwer abschätzbar, weshalb der NDB keine genaueren Angaben macht.» Auch zu einer allenfalls von Huawei ausgehenden Gefahr will sich der Nachrichtendienst des Bundes nicht äussern. Nur so viel: Die Einschätzungen des NDB würden jeweils in Berichte einfliessen, die an den Bundesrat gehen.
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Bund kann Huawei nicht verbieten
Zurzeit hätte der Bundesrat aber sowieso nicht viel zu melden. Anders als Deutschland hat der Bund keine rechtlichen Kompetenzen, um auf die Ausrüstungsbeschaffungen der Netzbetreiberinnen Einfluss zu nehmen. Bedeutet: Wenn ein privates Unternehmen wie Sunrise 5G-Komponenten von Huawei verwenden will, kann der Bund dies nicht grundsätzlich verbieten.
Politische Bestrebungen, dies zu ändern – wie seitens der SP vor einem Jahr –, sind bisher ergebnislos geblieben.