Die Krankenkassenprämien steigen nächstes Jahr in der Grundversicherung um 5,8 Prozent. Doch für viele Schweizer kommt der wahre Prämienhammer erst noch. Denn Zusatzversicherungen werden ebenfalls massiv teurer. Dort sind die Aufschläge sogar im zweistelligen Bereich.
Das zeigt das Beispiel von Erika Baumer (70) aus einem Dorf bei St. Gallen: Ihre Halbprivat-Zusatzversicherung bei der CSS wird nächstes Jahr um 15 Prozent teurer. Jene ihres Mannes um 17 Prozent. Pro Monat sind das Mehrkosten von 130 Franken für das Ehepaar.
Erika Baumer heisst in Wahrheit anders. Aus Angst, die Kasse könnte sie aus der Zusatzversicherung verbannen, will sie anonym bleiben.
Rahmenvertrag nicht mehr gültig
Sie hält das Schreiben ihrer Versicherung in den Händen und schüttelt den Kopf: «Seit mehr als 40 Jahren bin ich bei der CSS versichert. Nun bugsieren sie mich einfach aus dem Rahmenvertrag hinaus.»
Die ehemalige Lehrerin ist noch immer Mitglied beim kantonalen Lehrerverband. Das hat den Vorteil, dass sie dank einem Kollektivvertrag bisher günstiger zu einer Zusatzversicherung kam. Ende Jahr ist Schluss damit: Der Rahmenvertrag sei für sie nicht mehr gültig, teilte ihr die CSS Ende September mit.
Ein Schock für das Ehepaar Baumer. Weil sie als Mutter lange Teilzeit arbeitete und ihr Mann keine Pensionskasse hat, ist ihre Rente bescheiden. 130 Franken Mehrausgaben fallen ins Gewicht: «Wir Älteren werden in die Armut getrieben. Eine wahre Schande für unser Land!», sagt sie. «Entschuldigung, wenn ich das so offen sagen muss.»
Kein Anrecht mehr auf Rabatte
Doch klein beigeben wollte sie nicht. Als treue Kundin wandte sie sich an die CSS. Vergebens. Die Versicherung blieb hart: Pensionierte hätten kein Anrecht mehr auf Rabatte, heisst es in der Antwort.
Die CSS wälzt die Schuld auf die Finanzmarktaufsicht (Finma) ab: Diese habe ihre Praxis bei der Vergabe von Rabatten für Rahmenverträge geändert, sagt CSS-Sprecherin Christina Wettstein. «Die CSS hat den Entscheid zur Kürzung also nicht selbst gefällt, sondern setzt die Vorgaben lediglich um.»
Tatsächlich hat die Finma nach einer Reihe von Fehlkalkulationen der Walliser Kasse Groupe Mutuel sämtliche Zusatzversicherungen unter die Lupe genommen. Und strikte Vorgaben erlassen: Rabatte dürfen nur noch gewährt werden, wenn diese durch tiefere Kosten gerechtfertigt sind.
Die Aufsicht will damit verhindern, dass Einzelversicherte ohne Grund mehr zahlen als Kollektivversicherte. Dass Pensionierte keine Rabatte mehr erhalten dürfen, hat die Finma allerdings nicht entschieden. Andere Versicherer zeigen sich kulanter: Die Helsana hat Pensionierte nicht generell aus den Kollektivverträgen gestrichen, wie Sprecher Stefan Heini sagt.
Kein Einzelfall
Das Ehepaar Baumer ist kein Einzelfall. Hunderttausende von Zusatzversicherten verlieren ihre Rabatte. Nicht nur pensionierte Lehrer, auch Mitglieder von Sportvereinen oder Uni-Abgänger zahlen künftig mehr.
Dadurch steigen die Prämieneinnahmen der Versicherer. Geben sie diese ihren Kunden weiter? Die CSS winkt ab. Preissenkungen seien allenfalls in den Folgejahren ein Thema.
Für Erika Baumer ist das ein schwacher Trost. An der Zusatzversicherung hält sie trotzdem fest. «Falls jemand von uns ins Spital muss, möchten wir nicht in einen Massenschlag.» Dafür muss das Paar künftig den Gürtel enger schnallen. «Ferien liegen wohl keine mehr drin.»
Alle Jahre wieder klingelt das Telefon. Am anderen Ende: Vermittler, die einen zum Krankenkassenwechsel überreden wollen. Nur sind oft die Einzigen, die davon profitieren, die Vermittler selbst. Sie sacken Provisionen ein.
Richard Lüdi (50) will das ändern. Dafür hat er die «Interessengemeinschaft Schweizer Versicherter» (IGSV) gegründet. Der Name ist zwar irreführend, da es sich nicht um einen Verein, sondern um eine gewinnorientierte Firma handelt. Gleichwohl verspricht Lüdi eine Transparenzoffensive, wie die «Aargauer Zeitung» berichtete.
Wie andere Versicherungsmakler berät Lüdi Kunden, ob und wie ein Kassenwechsel Sinn macht. Aber bei der Abrechnung lässt er sich in die Bücher blicken. Kommt es zum Wechsel, schlüsselt er seine Provision auf und bezieht daraus sein Honorar für die Beratung. Der Rest lande beim Kunden, verspricht er.
Die Offensive schmeckt offenbar nicht jedem Vermittler. In der Szene gilt er gar als Nestbeschmutzer, wie Lüdi selber sagt. «Ich wurde mehrfach anonym angerufen und aufgefordert, mit meinem Projekt aufzuhören», sagt er. Dabei wolle er nur einen fairen Ansatz in eine verrufene Branche bringen.
200 bis 300 Millionen Franken schütten Krankenkassen jährlich an Provisionen aus. Deren Verteilung ist nebulös. Klar ist nur eines: Am Ende profitieren die Vermittler. Richard Lüdi weiss: «Mit Tricks und cleverer Beratung schafft man es, Laien zwischen den Krankenkassen herumzuschieben und so abzukassieren.»
Alle Jahre wieder klingelt das Telefon. Am anderen Ende: Vermittler, die einen zum Krankenkassenwechsel überreden wollen. Nur sind oft die Einzigen, die davon profitieren, die Vermittler selbst. Sie sacken Provisionen ein.
Richard Lüdi (50) will das ändern. Dafür hat er die «Interessengemeinschaft Schweizer Versicherter» (IGSV) gegründet. Der Name ist zwar irreführend, da es sich nicht um einen Verein, sondern um eine gewinnorientierte Firma handelt. Gleichwohl verspricht Lüdi eine Transparenzoffensive, wie die «Aargauer Zeitung» berichtete.
Wie andere Versicherungsmakler berät Lüdi Kunden, ob und wie ein Kassenwechsel Sinn macht. Aber bei der Abrechnung lässt er sich in die Bücher blicken. Kommt es zum Wechsel, schlüsselt er seine Provision auf und bezieht daraus sein Honorar für die Beratung. Der Rest lande beim Kunden, verspricht er.
Die Offensive schmeckt offenbar nicht jedem Vermittler. In der Szene gilt er gar als Nestbeschmutzer, wie Lüdi selber sagt. «Ich wurde mehrfach anonym angerufen und aufgefordert, mit meinem Projekt aufzuhören», sagt er. Dabei wolle er nur einen fairen Ansatz in eine verrufene Branche bringen.
200 bis 300 Millionen Franken schütten Krankenkassen jährlich an Provisionen aus. Deren Verteilung ist nebulös. Klar ist nur eines: Am Ende profitieren die Vermittler. Richard Lüdi weiss: «Mit Tricks und cleverer Beratung schafft man es, Laien zwischen den Krankenkassen herumzuschieben und so abzukassieren.»