Auf einen Blick
- Jelmoli schliesst heute nach 126 Jahren für immer seine Türen
- Treue Kunden zeigen sich bestürzt und trauern um den Verlust
- Manor zieht 2027 auf 13'000 Quadratmetern Verkaufsfläche ein
Treue Jelmoli Kundinnen und Kunden fühlen sich am Freitag wie die Regale der Zürcher Warenhauskette – leer. Noch ein letztes Mal gingen die Pforten des noblen Konsumtempels auf. Danach ist Schluss. Heute Freitag um punkt 19 Uhr verschliesst das Verkaufspersonal für immer die Jelmoli-Türen. Das, nachdem die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site (SPS) im Februar 2023 entschieden hatte, den Glaspalast nahe der Bahnhofstrasse zu beerdigen.
Die letzten Kunden zeigen sich bestürzt. Noch ein letztes Mal sind sie an die Bahnhofstrasse gependelt, um Abschied von dem Kult-Warenhaus zu nehmen, das sie seit ihrer Kindheit begleitet. Der Aussage von Evert (55) aus Meilen ZH dürften viele zustimmen: «Jelmoli war ein Teil meines Lebens», sagt er gegenüber Blick. «Schon als Bub habe ich mich an den Kleidern der berühmten Modeschöpfer dieser Welt oder dem glitzernden Schmuck erfreut.»
Die Seniorin Maria Allero (88) aus der Stadt Zürich hat sich heute bewusst ganz in schwarz gekleidet. «Die Farbe der Trauer passt schliesslich zum Anlass», findet sie. Als sie das erste Mal von der Schliessung der Warenhauskette gelesen hatte, seien ihr die Tränen heruntergekullert. «Ich denke, es tut nicht nur mir, sondern der ganzen Schweizer Bevölkerung weh, so etwas aufgeben zu müssen», so Allero.
Aber auch bei jüngeren Generationen schwingt am heutigen Tag eine grosse Portion Sentimentalität mit. «Die Schliessung ist so schade. Jelmoli war einfach Tradition», findet Larissa (28). Ihre Freundin Jasmin (29) stimmt ihr nickend zu. Auf die Frage, was ihre Lieblingserinnerung an Jelmoli sei, kommt die Antwort promt: Das ikonische Märlitram! Die beiden sind jeden Winter als kleine Mädchen damit gefahren.
Alles muss raus!
Am Freitag erlebt Jelmoli das letzte Mal seit seinem 126-jährigen Bestehen einen Grossandrang. Viel gibts nicht mehr. Die meisten Regale sind schon leergeräumt. Trotzdem: Die Kundschaft lässt sich kein Schnäppchen entgehen. Sogar Kleiderbügel, Schaufensterpuppen und Jelmoli-Säcke nehmen sie mit. Die Papiersäcke gibts für einen Franken, erklärt ein Passant gegenüber Blick, der einen ganzen Stapel in den Händen hält.
Zwei Verkaufsangestellte stehen mit sechs vollen Tüten vor dem Eingang. Prall gefüllt mit Produkten der super-luxuriösen Hautpflege- und Make-up-Marke «La Mer». Den Warenwert der sechs Säcke möchte man sich gar nicht ausmalen. Die Lotionen, Cremes und Puder seien aber nicht für sie selbst. Sie müssen das verbliebene Sortiment in die nahegelegene Bogénie schaffen.
Zürcher Künstler malt Warenhaus
Vor dem Eingang trifft man auch auf den Künstler Robert Honegger (69) aus Oberrieden ZH. Mit Farben, Pinsel und Staffelei ausgestattet hält dieser eine letzte Momentaufnahme des Warenhauses als Erinnerung fest. Die Frage, ob das Bild eine Auftragsarbeit sei, verneint Honegger. Es sei nur für ihn.
«Als Kind sind wir vielleicht einmal im Jahr in die Stadt gefahren. Dann haben wir immer einen Abstecher in den Jelmoli gemacht», erinnert sich der Kunstmaler. Besonders gefallen haben ihm die vielen Düfte und die modisch eingekleideten Schaufensterpuppen. Bereits beim Untergang der Credit Suisse, die schweiz- und weltweit für Aufsehen sorgte, stellte sich Honegger vor das Gebäude am Paradeplatz. Und hielt auch diesen Moment auf seiner Leinwand fest.
Die Geschichte von Jelmoli
Der Versandhandel machte Jelmoli in der ganzen Schweiz bekannt. Nach dem Telefonbuch hatte der Jelmoli-Katalog die grösste Auflage, war der zweitgrösste Druckauftrag in der Schweiz. Auch um diesen lukrativen Auftrag für ihre Druckerei zu sichern, erwarb die Verleger-Familie Ringier, Herausgeberin des Blick, Anfang 1940 die Mehrheit am Warenhaus.
Mittlerweile in neuer Eigentümerschaft erlebte die Jelmoli-Gruppe in den 80er-Jahren ihren Höhepunkt mit über 230 Standorten. Am Schluss blieb nur der Glaspalast an der Zürcher Bahnhofstrasse übrig.
Was passiert jetzt mit der Liegenschaft?
Nicht betroffen von der Schliessung ist der Onlinehandel jelmoli-shop.ch. Dieser bleibt geöffnet – und wirbt aktuell auch proaktiv damit. Das Ganze hat nur einen Haken: Der Onlineshop hat seit den 1990er-Jahren nichts mehr mit Jelmoli zu tun – und gehört zur deutschen Heinrich Heine GmbH.
Die Jelmoli-Liegenschaft wird ab März saniert. Danach im Jahr 2027 zieht Manor auf einer Verkaufsfläche von rund 13'000 Quadratmetern ein, verteilt auf 3 Etagen. Den bisherigen Standort an der Bahnhofstrasse hatte Manor wegen stark gestiegener Mietpreise nach jahrelangem Rechtsstreit aufgegeben.
Mit dem Einzug von Manor ist das «neue» Jelmoli-Haus nun zur Hälfte vermietet. Auf der anderen Hälfte der Fläche entstehen in den oberen Geschossen Büroräume sowie ein Gastronomie- und Freizeitangebot. Auf der Dachterrasse soll es ebenfalls ein Restaurant geben.