«Die feinen Düfte und die schönen Frauen imponierten mir»
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Robert war als Kind im Jelmoli:«Die feinen Düfte und die schönen Frauen imponierten mir»

Erai (32) ist nach 126 Jahren der allerletzte Jelmoli-Kunde
«Es hat sich angefühlt, als wäre ich berühmt»

Jetzt ist es soweit: Die Geschichte der Zürcher Warenhauskette Jelmoli ist zu Ende geschrieben. Angestellte verschliessen die Türen ein letztes Mal. Blick trifft den letzten Kunden.
Publiziert: 28.02.2025 um 09:14 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2025 um 20:05 Uhr
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Er geht in die Geschichte ein: Erai (32) ist der allerletzte Jelmoli-Kunde.

Darum gehts

  • Jelmoli schliesst heute nach 126 Jahren für immer seine Türen
  • Treue Kunden zeigen sich bestürzt und trauern um den Verlust
  • Manor zieht 2027 auf 13'000 Quadratmetern Verkaufsfläche ein
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Treue Jelmoli-Kundinnen und -Kunden fühlen sich am Freitag wie die Regale der Zürcher Warenhauskette – leer. Noch ein letztes Mal gingen die Pforten des noblen Konsumtempels auf. Doch jetzt ist Schluss. Etwas nach 19 Uhr verschliesst das Verkaufspersonal unter tosendem Applaus des grossen Publikums die Jelmoli-Türen für immer. Das, nachdem die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site (SPS) im Februar 2023 entschieden hatte, den Glaspalast nahe der Bahnhofstrasse zu beerdigen. Die letzten Minuten sorgten für einen riesigen Andrang.

Kunden strömen in Jelmoli wegen Liquidation
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Grosser Andrang im Video:Kunden strömen in Jelmoli wegen Liquidation

Nach 126 Jahren geht Erai (32) aus der Stadt Zürich als allerletzter Jelmoli Kunde in die Geschichte ein. Beim Verlassen des Geschäfts erhielt auch er eine Runde Applaus. «Das hat sich ein bisschen so angefühlt, als wäre ich berühmt», sagt er zu Blick. Sonderlich viel hatte er mit der Kette Jelmoli aber nicht am Hut. Der Deutsche ist erst vor kurzem nach Zürich gezogen. Erai widerspiegelt die Gefühlslage der restlichen Anwesenden aber nicht wirklich. Denn die Betroffenheit unter vielen ist gross.

Die Kundschaft wird sentimental

Praktisch alle Kunden zeigen sich bestürzt. Noch ein letztes Mal sind sie an die Bahnhofstrasse gependelt, um Abschied von dem Kult-Warenhaus zu nehmen, das sie seit ihrer Kindheit begleitet. Der Aussage von Evert (55) aus Meilen ZH dürften viele zustimmen: «Jelmoli war ein Teil meines Lebens», sagt er gegenüber Blick. «Schon als Bub habe ich mich an den Kleidern der berühmten Modeschöpfer dieser Welt oder dem glitzernden Schmuck erfreut.»

Die Seniorin Maria Allero (88) aus der Stadt Zürich hat sich heute bewusst ganz in schwarz gekleidet. «Die Farbe der Trauer passt schliesslich zum Anlass», findet sie. Als sie das erste Mal von der Schliessung der Warenhauskette gelesen hatte, seien ihr die Tränen heruntergekullert. «Ich denke, es tut nicht nur mir, sondern der ganzen Schweizer Bevölkerung weh, so etwas aufgeben zu müssen», so Allero.

Aber auch bei jüngeren Generationen schwingt am heutigen Tag eine grosse Portion Sentimentalität mit. «Die Schliessung ist so schade. Jelmoli war einfach Tradition», findet Larissa (28). Ihre Freundin Jasmin (29) stimmt ihr nickend zu. Auf die Frage, was ihre Lieblingserinnerung an Jelmoli sei, kommt die Antwort promt: Das ikonische Märlitram! Die beiden sind jeden Winter als kleine Mädchen damit gefahren.

Zürcher Künstler malt Warenhaus

Am Freitag erlebt Jelmoli das letzte Mal seit seinem 126-jährigen Bestehen einen Grossandrang. Viel gibts nicht mehr. Die meisten Regale sind schon leergeräumt. Trotzdem: Die Kundschaft lässt sich kein Schnäppchen entgehen. Sogar Kleiderbügel, Schaufensterpuppen und Jelmoli-Säcke nehmen sie mit. Die Papiersäcke gibts für einen Franken, erklärt ein Passant gegenüber Blick, der einen ganzen Stapel in den Händen hält.

Vor dem Eingang trifft man auch auf den Künstler Robert Honegger (69) aus Oberrieden ZH. Mit Farben, Pinsel und Staffelei ausgestattet hält dieser eine letzte Momentaufnahme des Warenhauses als Erinnerung fest. Die Frage, ob das Bild eine Auftragsarbeit sei, verneint Honegger. Es sei nur für ihn. «Als Kind sind wir vielleicht einmal im Jahr in die Stadt gefahren. Dann haben wir immer einen Abstecher in den Jelmoli gemacht», erinnert sich der Kunstmaler. Besonders gefallen haben ihm die vielen Düfte und die modisch eingekleideten Schaufensterpuppen.

Die Geschichte von Jelmoli

Der Versandhandel machte Jelmoli in der ganzen Schweiz bekannt. Nach dem Telefonbuch hatte der Jelmoli-Katalog die grösste Auflage, war der zweitgrösste Druckauftrag in der Schweiz. Auch um diesen lukrativen Auftrag für ihre Druckerei zu sichern, erwarb die Verleger-Familie Ringier, Herausgeberin des Blick, Anfang 1940 die Mehrheit am Warenhaus.

Mittlerweile in neuer Eigentümerschaft erlebte die Jelmoli-Gruppe in den 80er-Jahren ihren Höhepunkt mit über 230 Standorten. Am Schluss blieb nur der Glaspalast an der Zürcher Bahnhofstrasse übrig.

Was passiert jetzt mit der Liegenschaft?

Nicht betroffen von der Schliessung ist der Onlinehandel jelmoli-shop.ch. Dieser bleibt geöffnet – und wirbt aktuell auch proaktiv damit. Das Ganze hat nur einen Haken: Der Onlineshop hat seit den 1990er-Jahren nichts mehr mit Jelmoli zu tun – und gehört zur deutschen Heinrich Heine GmbH.

Die Jelmoli-Liegenschaft wird ab März saniert. Danach im Jahr 2027 zieht Manor auf einer Verkaufsfläche von rund 13'000 Quadratmetern ein, verteilt auf 3 Etagen. Den bisherigen Standort an der Bahnhofstrasse hatte Manor wegen stark gestiegener Mietpreise nach jahrelangem Rechtsstreit aufgegeben.

Mit dem Einzug von Manor ist das «neue» Jelmoli-Haus nun zur Hälfte vermietet. Auf der anderen Hälfte der Fläche entstehen in den oberen Geschossen Büroräume sowie ein Gastronomie- und Freizeitangebot. Auf der Dachterrasse soll es ebenfalls ein Restaurant geben.

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