Mit Sofortzahlung gegen Retouren-Flut
Wer zu viel zurückschickt, darf nicht mehr auf Rechnung bestellen

Der Online-Moderiese Zalando kämpft mit einer Flut von Rücksendungen. Wer zu viel zurückschickt, darf künftig nicht mehr auf Rechnung bestellen, schreibt der «Beobachter».
Publiziert: 14.09.2019 um 18:46 Uhr
1/7
Früher wars der Schrei aus Vorfreude auf ankommende Pakete. Heute schreien Zalando-Dauerkunden aus Schrecken vor Sofortzahlung.
Foto: Sobli
Sascha Britsko («Beobachter»)

Jasmina Meier* war bis vor kurzem Dauerkundin bei Zalando. Keine Kosten für den Versand, bezahlen auf Rechnung, diese Kombination hatte es ihr angetan. Bis zum Tag, als Zalando auf Sofortzahlung beharrte.

Sie fragte beim Versandhändler nach, doch man vertröstete sie mit einer Standardantwort: «Über die Freigabe der Zahlungsarten entscheidet eine spezielle automatisierte Prüfmethode, auf die wir manuell keinen Einfluss nehmen können.» Wie die Methode aussieht, wollte Zalando ihr nicht verraten.

Noch bleibt Schweiz von Mindestbestellwert verschont

Das Geschäft beim Internethändler läuft wie geschmiert. Doch die Versandkosten für Rücksendungen drücken zunehmend auf den Gewinn. Mehr als die Hälfte der Bestellungen werden inzwischen zurückgesandt. Hinzu kommt: Die durchschnittliche Bestellsumme ist in allen 17 Ländern, in denen Zalando präsent ist, gesunken, von 65 Franken im Jahr 2017 auf 59 Franken letztes Jahr.

Für Zalando werde das zum Problem, sagt Thomas Lang. Er ist Chef von Carpathia, einer Beratungsfirma für digitale Geschäfte, und Kenner von Zalando Schweiz. «Bei einer Bestellung über 20 bis 30 Franken bleibt für Zalando nach Abzug der Logistik-, Porto- und Retourenkosten nichts übrig.»

Diese Kosten will Zalando besser in den Griff bekommen, deshalb hat der Versandhändler in vier Ländern einen Mindestbestellwert eingeführt. In der Schweiz noch nicht. Man werde aber «Mass­nahmen ergreifen, wann immer diese notwendig sind», hielt der Konzern kürzlich gegenüber der «Handels­zei­tung» fest.

Alle Rechnungen bezahlt

In den vergangenen Wochen haben sich mehrere Kundinnen beim Beobachter gemeldet, die wie Jasmina Meier Waren nicht mehr auf Rechnung bestellen können. «Ich habe stets penibel darauf geachtet, dass ich meine Rechnungen sofort begleiche und keine Zahlungsrückstände habe», sagt Meier.

Das bestätigte eine Datenauskunft über ihr Kauf­verhalten, die sie kostenlos über sich eingeholt hat. Gemäss dieser hat Meier in den letzten vier Jahren 287 Artikel bei ­Zalando bestellt, wurde nur achtmal ­gemahnt, hat aber sämtliche Rechnungen beglichen.

Nicht nur Bonität entscheidend

Zalando entscheidet, wer nicht mehr auf Rechnung bestellen darf. Die Bonitätsprüfung aber lässt der Konzern von der interna­tional tätigen Auskunftei Crif Bürgel durchführen. Sie klärt ab, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Kunde seiner Zahlungspflicht nachkommt. Dafür rechnet sie einen Scorewert aus, für den Daten wie Geburts­datum, Geschlecht, Wert des Warenkorbs, Adresse, Wohndauer und Zahlungsverhalten ausgewertet werden.

Der hiesige Ableger von Crif Bürgel stellt diese Daten auch der Schweizer Wirtschaftsdatenbank Teledata zur Verfügung, die gegen Bezahlung Auskünfte über Firmen und Privatpersonen und deren Bonität verkauft. Die Daten sind aber nicht immer richtig. Bei Jasmina Meier etwa stimmen Telefonnummer und Geburtsdatum nicht, ihre Bonität wird aber hoch eingestuft.

Neben der Bonität entscheiden weitere Faktoren wie bestellte ­Waren, Bezahlverhalten oder Retourenverhalten, welche Zahlungsoptionen einer Kundin gewährt werden. «Dadurch kann es auch bei gleichblei­bender Bonität dazu kommen, dass unterschiedliche Zahlarten angeboten werden», heisst es bei Crif Bürgel.

Zu viele Rücksendungen

Weil sich bei Jas­mina Meier sonst nichts verändert hat, ist klar: Sie hat zu viele Pakete zurückgeschickt. «Das ist eine mög­liche Massnahme, die Onlineshops bei Viel-Retournierern anwenden», be­stätigt auch E-Commerce-Berater Tho­mas Lang.

Wie viele Rücksendungen zu viel sind, verrät Zalando nicht. Der Internethändler sagt: «Auf Basis einer Vielzahl von Informationen, die aus Sicherheitsgründen nicht benannt werden können, erfolgt die Freigabe bestimmter Zahlungsarten im Bestellvorgang. Dies ist dabei nicht immer unmittelbar per­sonenbezogen.»

Diese Antwort war Jasmina Meier zu flapsig. «Wenn ich nicht auf Rechnung bestellen kann, werde ich nicht mehr bei Zalando einkaufen.» Ob ­Zalando damit sein Ziel erreicht hat, ist zweifelhaft.

* Name geändert

Artikel aus dem «Beobachter»

Dieser Artikel wurde von Beobachter.ch übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch

Dieser Artikel wurde von Beobachter.ch übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.