Mit Martin Senn (†59) begeht ein zweiter Topmanager Suizid
Ver(un)sicherung Zurich - nach aussen solid, nach innen ein Tollhaus

An den Finanzmärkten gehörte der Zurich-Konzern in den letzten zwölf Jahren zu den sichersten Werten überhaupt. Doch im Innern brodelt es.
Publiziert: 31.05.2016 um 10:09 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:01 Uhr
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Ex-Zürich-Chef Martin Senn (†59) nahm sich das Leben.
Foto: KEYSTONE/ENNIO LEANZA
Guido Schätti

Stocksolid, aber verschlafen, langweilig und risikoscheu: Das war die Zürich-Versicherung in den 90er Jahren. Der damalige Chef Rolf Hüppi (73) wollte das ändern: Er benannte den biederen Versicherer in Zurich Financial Services (ZFS) um und schickte sich an, am Zürcher Mythenquai einen Finanzkonzern von Weltformat zu zimmern.

Einige Jahre ging das sogar gut. Hüppi kaufte rund um den Globus Versicherungen auf, wurde zum Superstar der Finanzgemeinde und segelte flott auf der New-Economy-Welle. Als diese brach, bekam ZFS arg Schlagseite. Nur dank üppigen Kapitalspritzen der Aktionäre konnte der Konzern den Crash abwenden. 

Auftrag: So viel langweilig wie möglich

Hüppi wurde in Pension geschickt und durch den Amerikaner James Schiro (†68) ersetzt. Der hatte nur einen Auftrag: die Zurich zu einem biederen, aber soliden Versicherer zurückzubauen. Das gelang. Unter der Führung von Investment-Chef Martin Senn (†59) überstand die Zurich sogar die Finanzkrise ohne gröberen Schaden. 

Als Senn im Jahr 2009 James Schiro als CEO beerbte, setzte er den eingeschlagenen Kurs fort. Unter dem gebürtigen Baselbieter blieb die Zurich so langweilig, wie sie war. Der Aktienkurs machte keine grossen Sprünge. Dafür flossen die Dividenden so üppig und konstant wie das Wasser die Limmat hinunter.

Im Innern gärt der Konflikt

Nur einer störte das Idyll: Als Joe Ackermann Verwaltungsratspräsident wurde, zog ein neuer Wind auf. Der Ex-Chef der Deutschen Bank forderte mehr Rendite auf den Kapitalanlagen und schalt das Management als risikoscheu und behäbig.

Der Selbstmord von Pierre Wauthier (53†) im Sommer 2013 setzte der Ära Ackermann bei der Zurich ein jähes Ende. Der Zurich-Finanzchef beschuldigte den Präsidenten, er habe ihn ungebührlich unter Druck gesetzt und letztlich in den Tod getrieben. Ackermann trat zurück. Eine Untersuchung der Finanzmarktaufsicht (Finma) wusch ihn später von allen Vorwürfen frei. 

Senns Lebenswerk handstreichartig zerstört

Danach fiel die Zurich in den alten Trott zurück. Die Resultate waren in Ordnung, aber ohne Glanz. Gegen aussen blieb alles ruhig, doch im Innern gärte es. Im letzten Herbst brach der Konflikt erneut aus: Verwaltungsratspräsident Tom de Swaan (70) entmachtete Senn handstreichartig, übernahm selbst die operative Führung und kehrte mit dem eisernen Besen.

Im Februar rechnete er knallhart mit der Ära Senn ab: Nach einem Gewinneinbruch um 53 Prozent strich er weltweit 8000 Jobs. In der Schweiz fallen rund 750 Stellen weg. Damit erlitt Senns Lebenswerk einen argen Kratzer. Von dieser Demütigung erholte sich Senn nicht. Am letzten Freitag sah er keinen anderen Ausweg als den Suizid.

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