Wer zur Stosszeit am Bahnhof Stadelhofen aus dem Zug steigt, muss die Ellbogen auspacken: Es ist eng in der Zürcher Innenstadt. Und es wird noch enger: 2027 gehen die Bauarbeiten für ein viertes Gleis am Bahnhof Stadelhofen los. Der Zürcher Stadtrat rechnet damit, dass die Passagierströme dadurch bei Fertigstellung der Erweiterung im Jahr 2035 um 50 Prozent zunehmen.
Schon heute reisen jeden Tag 100'000 Menschen über den Bahnhof Stadelhofen und machen ihn damit zum innerstädtischen Nadelöhr. Denn: Der Bahnhof ist nur Richtung Süden (also Richtung See) zugänglich.
Nun plant der Stadtrat einen neuen Zugang im Norden des Bahnhofs – und will dafür stolze 100 Millionen Franken in die Hand nehmen, wie aus einem aktuellen Stadtratsbeschluss hervorgeht.
Schnellstrasse für Studierende
Konkret soll ein 400 Meter langer Fussgängertunnel zwischen dem Bahnhof und dem Heimplatz gegraben werden. Am Heimplatz befinden sich mit dem Schauspielhaus und dem Kunsthaus zwei bedeutende Kulturinstitutionen, die somit besser zugänglich werden.
Und vor allem: Das Hochschulquartier rund um die Hauptgebäude von Uni und ETH Zürich rückt damit verkehrstechnisch näher an den Bahnhof Stadelhofen. Und das ist entscheidend, denn: Das Hochschulquartier wird in den kommenden Jahren ausgebaut. Auch dadurch rechnet der Stadtrat mit einer Zunahme der Personenströme um 13 Prozent.
Sieben Meter breit
Durch den neuen Fussgängertunnel wird auch das Bellevue verkehrstechnisch entlastet. Der 400 Meter lange Tunnel soll gemäss Stadtratsbeschluss mit «Fahrsteigen» (Treppenaufzügen und Personenförderbändern) ausgestattet werden. Eine Visualisierung zeigt, dass der Tunnel gesamthaft knapp sieben Meter breit und 3,5 Meter hoch werden könnte.
Detaillierte Visualisierungen gibt es allerdings noch nicht – denn das Projekt liegt noch sehr weit in der Zukunft. Bevor es losgehen kann, müssen die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher erst noch an der Urne darüber abstimmen. Das bedingen alleine die Projektkosten von voraussichtlich 100 Millionen Franken. Wobei der Stadtrat betont, dass diese auch um bis zu 40 Prozent höher oder tiefer liegen könnten, weil noch viele Details offen sind.
Es hagelt Kritik
Bereits jetzt sorgen die Kosten allerdings für Stirnrunzeln: Der grüne Zürcher Gemeinderat Markus Knauss sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Das ist schon sehr teuer, zudem fragt sich, ob dereinst wirklich so viele Leute diesen Fussgängertunnel benutzen werden.» Und der SVP-Gemeinderat Stephan Iten bezeichnet die Kosten in der «NZZ» als «horrend».
Die kritischen Stimmen von ganz links bis ganz rechts verheissen für die anstehende Volksabstimmung nichts Gutes. Der Stadtrat hat noch einen weiten Weg zu gehen, um die Zürcher Bevölkerung vom neuen Fussgängertunnel zu überzeugen.