Walter Streich (60) schläft schlecht. Nicht, weil es in seinem Hof in Hausen am Albis ZH nachts zu kalt wäre oder seine Kühe zu laut muhten, sondern weil ihn aufwühlt, was mit ihm und den Milchbauern in der Schweiz passiert.
Seit der Bundesrat 2009 den Milchmarkt liberalisiert hat, fallen die Preise. Um sich einen kleinen Lohn ausbezahlen zu können, müsste ein Bauer etwa 70 Rappen pro Liter bekommen. Nur: Im Oktober gab es für Molkereimilch nur gerade 57,59 Rappen – elf Prozent weniger als im Vorjahr. Letztes Jahr mussten Hunderte Milchbauern ihren Hof aufgeben.
Auch Streich wollte aussteigen. Er verkaufe seine 20 Kühe, erzählte er SonntagsBlick im August. Doch noch immer melkt er jeden Tag zwölf Kühe. Er fand keine Abnehmer für seine Tiere: «Viele kleine und mittlere Höfe wollen gerade nicht kaufen oder zahlen ganz schlechte Preise», sagt er. Das Vieh, das er losbrachte, habe er um bis zu 1000 Franken unter Marktpreis verkaufen müssen. Eine Kuh, die er einem Grossbetrieb verkauft hatte, bekam er nach einer Woche wieder zurück. Sie hatte sich dem Melkroboter verweigert.
Streich mag Betriebe nicht, wo Kühe nur noch «von Maschinen gemolken werden und nichts mehr mit Menschen zu tun haben». Die Landwirtschaftspolitik gehe in die falsche Richtung, sagt er. Ginge es nach ihm, sollten nicht Banken, sondern die Bauern für system-relevant erklärt werden. «Geld kann man nicht essen», sagt Streich.
Doch statt zu resignieren, hat er umgesattelt. Streich machte seinen Nebenjob zur Hauptarbeit und betreibt eine Pferde-Pension. Wer möchte, kann bei den Streichs das eigene Pferd unterstellen und in der neu gebauten Halle oder auf dem Gelände um den Hof ausreiten. «Die Pferde-Pension samt Reithalle läuft gut an», sagt Streich.
Weil im nahe gelegenen Sihlwald das Reiten in der Natur immer mehr eingeschränkt wird, gewinnt seine Reithalle an Attraktivität. Schon sieben Pferde versorgt Streich mit Stroh und Heu – für 650 Franken pro Monat. Es gibt bereits Reservierungen für neue Pferdeboxen. «Die Pferde retten mich», sagt er. «So habe ich eine Aufgabe, bis ich uralt bin.»