«Meine Mission ist es, die Migros zu transformieren»
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Zumbrunnen im Interview:«Meine Mission ist es, die Migros zu transformieren»

Migros-Zumbrunnen streicht zusammen, was sein Vorgänger aufgebaut hat
Der Anti-Bolliger

Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen will zurück zum Kerngeschäft. Ex-Chef Herbert Bolliger hatte den Tätigkeitsbereich während zwölf Jahren massiv ausgeweitet. Geschäftlich wie privat könnten die beiden Spitzen-Manager nicht gegensätzlicher sein.
Publiziert: 27.06.2019 um 23:35 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2020 um 23:54 Uhr
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Herbert Bolliger: Der Vorgänger von Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen stand zwölf Jahre lang an der Spitze des orangen Riesen.
Foto: Keystone
Ulrich Rotzinger

Vor genau einem Jahr überraschte Fabrice Zumbrunnen (49) zum ersten Mal. Was unter der Führung seines Vorgängers Herbert Bolliger (65) als undenkbar galt, wurde unter dem neuen Migros-Chef Wirklichkeit. Er kündigte den Abbau von 290 Jobs in der Migros-Zentrale an. Jede neunte Stelle fällt seinem Sparhammer bis 2020 zum Opfer.

Gestern war wieder so ein Tag der Überraschung. Der Romand tritt vor die Medien. Wieder saust der Sparhammer runter. Die Migros will sich von ihren Tochterunternehmen Globus, Gries Deco Gruppe (Depot), Interio und M-way trennen. «Wir sind nicht mehr die beste Eigentümerin», sagt er trocken. Er wolle das Kerngeschäft stärken. Betroffen sind 9018 Mitarbeiter, auf sie kommen unruhige Zeiten zu.

Zumbrunnen streicht zusammen

Vorgänger Bolliger hatte den Migros-Konzern in seinen zwölf Jahren im Amt mit neuen Angeboten, Firmen und Stellen massiv ausgebaut. Mit 89'671 Angestellten im Inland ist die Migros grösste private Arbeitgeberin im Land und eine der beliebtesten Marken.

Zumbrunnen streicht jetzt vieles zusammen, was seine Vorgänger angehäuft haben. «Es ist bemerkenswert, wie offensiv Zumbrunnen seine Baustellen angeht», applaudiert ihm ein ehemaliger Leiter eines Migros-Tochterunternehmens.

Nicht nur geschäftlich, auch als Mensch ist der Welsche eine Antithese zu Bolliger. Er wirkt nicht hemdsärmlig und kampflustig, er poltert nicht. Er lässt sich auch nicht zu spitzen Aussagen hinreissen, die zwar den Nagel auf den Kopf treffen, aber auch wehtun können.

«Aber sehr emotional bin ich nicht»

Er bleibt cool, wirkt bisweilen gelangweilt. Ausser am gestrigen Donnerstag an der Pressekonferenz: Da verwirft er schon mal die Arme, verdreht die Augen über Handelschef Beat Zahnd (61), als dieser zu lange über die Verluste von Globus spricht. Und fällt ihm präzisierend ins Wort, dass die Globus-Immobilien einen Wert hätten.

Sonst liess er sich kaum etwas anmerken. «Sehr emotional bin ich nicht», zitierte ihn letztes Jahr die «Bilanz».

Das Wort Sparübung kommt ihm nicht über die Lippen. Zumbrunnen spricht von Effizienzprogrammen – solche, wie sie derzeit in allen zehn regionalen Migros-Genossenschaften vorangetrieben werden (gestern im BLICK). «Ich bin ein Manager mit klaren Vorstellungen, der seinen Job machen muss», sagt er.

Lieber ein Sie als ein Du

Seine Mitarbeiter schildern Zumbrunnen als umgänglich, aber distanziert. Er ist eher dem Sie als dem Du zugeneigt, was wohl auf seine welsche Abstammung zurückzuführen ist. Seine Familie wohnt noch immer in der Uhrenmetropole La Chaux-de-Fonds NE. Ehefrau Paule (51) ist Konzertgeigerin. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder, Rose und Rodolphe.

Eineinhalb Jahre nach Amtsantritt wird nun unmissverständlich klar: Dieser Mann hat einen Plan. Er lautet: zurück zu den Wurzeln, weg mit Luxus, zurück zu Dutti und damit zu den Kunden.

BLICK bezeichnete ihn nach seinen ersten öffentlichen Auftritten als den «ruhigen Reformer». Er ist der jüngste Migros-Chef, vielleicht auch der ruhigste aller Zeiten. Doch nun muss man ihn besser den stillen Revolutionär nennen.

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