Migros-Chef streicht Informatik und Marketing zusammen
Doch die nächste Abbau-Welle rollt schon heran

Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich! Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen baut in einem ersten Schritt 290 Stellen ab. Jetzt setzt er das Messer beim Marketing an.
Publiziert: 29.06.2018 um 23:39 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:47 Uhr
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Fabrice Zumbrunnen, neuer Migros-Chef, setzt nach knapp eineinhalb Jahrzehnten erstmals wieder das Messer in der Migros-Zentrale an.
Foto: WALTER BIERI
Ulrich Rotzinger

Jetzt ist passiert, was unter der Führung von Ex-Chef Herbert Bolliger (64) als unmöglich galt. Dessen Nachfolger Fabrice Zumbrunnen (48) geht mit dem Sparhammer durch die Migros-Zentrale. 290 Stellen fallen in den nächsten drei Jahren in der Verwaltung weg. 70 Angestellte erhalten die Kündigung. Bei 2700 Arbeitsplätzen am Zürcher Hauptsitz geht damit jede neunte Stelle verloren.

«Ich bin mir bewusst, das ist für die Betroffenen ein Schock. Für sie beginnt eine belastende Zeit», sagt Zumbrunnen. Gestern Morgen informierte er die Belegschaft. Auch jene Mitarbeitenden, die frei hatten, mussten antraben. «Es herrschte für alle Anwesenheitspflicht», sagt ein Angestellter zu BLICK. 

Ziel der Übung sei ein «gezielterer Ressourceneinsatz», schreibt Zumbrunnen in einer Mitteilung. «Was auf den ersten Blick schmerzhaft erscheint und ist, wird kurz und mittelfristig unsere Leistungsfähigkeit steigern.»

Das hat die Migros auch bitter nötig. Die Gewinne schrumpfen seit Jahren. Letztes Jahr brach der Reinertrag mit 503 Millionen Franken um ein Viertel ein. Es müsse wieder aufwärtsgehen, sagte Zumbrunnen damals zu BLICK.

Zumbrunnen muss Regionalfürsten liefern

Im Kerngeschäft, den Supermärkten, sind auch die Umsätze rückläufig. In der Gruppe gibt es diverse Baustellen: Die Kosten liefen aus dem Ruder, zum anderen gab es Wertberichtigungen, auch die massive Restrukturierung bei Ex Libris schlug zu Buche, erklären die Detailhandelsexperten vom Marktforschungsinstitut GfK. «Das Departement Handel ist das Sorgenkind mit einem operativen Verlust von 83 Millionen Franken.»

Die regionalen Genossenschaften, die Zumbrunnen zum Chefposten bei der Migros verholfen haben, kritisieren den Migros-Genossenschaftsbund (MGB) seit Jahren als «aufgeblähten Wasserkopf». Sie fordern, dass Zumbrunnen nun die Zentrale schleift. Die GfK-Experten teilen die Einschätzung: «Er muss die Kosten runterfahren und den Konzern agiler machen.»

Zur Seite steht Zumbrunnen eine Berater-Armada von McKinsey und Batton & Company. Laut Migros-Sprecher Luzi Weber sind über 30 Massnahmen identifiziert, um die Abläufe innerhalb des MGB zu vereinfachen. Sie betreffen Informatik (IT), Personalabteilung, Kommunikation, Marketing und Finanzen.

IT-Projekte gekillt, Köpfe werden rollen

Acht IT-Projekte wurden gestoppt. Weitere zwölf werden redimensioniert und bei drei anderen zudem die Kosten gedrückt. «Mit diesen Massnahmen sollen die IT-Leistungen rund 4,7 Millionen Franken günstiger werden», sagt Sprecher Weber. Das ist aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Damit lassen sich nur kurzfristig Kosten senken. Hier werden auch Köpfe rollen müssen. Derzeit zählt Migros-IT-Services 630 Mitarbeitende. 

Gehen musste gemäss BLICK-Informationen Lorenz Brügger (50), Chef der Direktion Medien. Diese wurde aufgelöst und mit der Kommunikation zusammengelegt. Weg ist auch Cornelia Diethelm, Leiterin der Direktion Nachhaltigkeit. Die Migros bestätigt die Zusammenlegung, will sich aber nicht zu den Personalien äussern. Auch nicht zu den von der «Handelszeitung» genannten 120 Millionen Franken, die der orange Riese in der zentralen Verwaltung insgesamt einsparen will.

Nächste Abbauwelle betrifft Marketing

Damit nicht genug. Eine zweite Abbauwelle rollt heran. Denn auch das Migros-Marketing mit seinen rund 1400 Mitarbeitenden steht in der Kritik der regionalen Genossenschaften. Klar ist: Hier geht es um massiv mehr Kosteneinsparungen als die in Medienberichten herumgereichten 30 Millionen Franken. Wohl nicht ohne Grund drückte sich der sonst immer anwesende Marketingchef Hansueli Siber (51) im März vor der Migros-Bilanzmedienkonferenz.

Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern in der Zentrale ist spürbar. Obwohl Chef Zumbrunnen versichert, die Massnahmen seien absolut notwendig, der Sozialplan für die Betroffenen grosszügig.

Wie die grösste private Arbeitgeberin der Schweiz wird der gesamte Detailhandel derzeit umgepflügt. Der Online-Boom und der Einkaufstourismus lassen keine andere Wahl, als teure Strukturen aufzubrechen. Die Migros hat auch Trümpfe: Mit Digitec/Galaxus mischt sie im Online-Geschäft vorne mit, im Supermarktgeschäft ist ihr Discounter Denner eine profitable Stütze und verlässlicher Umsatzbringer.

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