Die Migros stellt sich öffentlich gegen den Begriff «Mohrenkopf». Der orange Riese und seine Tochter Migrolino nehmen das Produkt von Dubler aus dem Verkauf. Eine wichtige und richtige Entscheidung, finden die einen. Völlig unnötig, sagen die anderen. Eine Welle der Entrüstung bricht los. Die Migros gerät selbst ins Kreuzfeuer der Kritik.
Doch «Mohrenkopf» ist nicht die einzige problematische Bezeichnung im Sortiment. Man muss nur ein Regal runter, um fündig zu werden: «Moretti» heissen die Schaumküsse der Billig-Linie M-Budget auf italienisch. Auf deutsch heisst das «braune Buben». Mehrere Personen sehen darin ebenfalls eine versteckte Diskriminierung und prangern dies auf Twitter an. Diverse BLICK-Leser schicken Bilder und fordern eine Erklärung der Migros.
Der Detailhandelsgigant zeigt sich einsichtig. «Der Name ‹Moretti› bei unserem M-Budget-Produkt wird in den kommenden Wochen angepasst», sagt ein Sprecher. Der französische Name «Têtes au choco» bleibt aber offenbar. Auch dieser soll, je nach Auslegung, rassistisch sein.
«Infoline der Migros überlastet»
Mit dem Schritt ist die Angelegenheit aber noch nicht ausgestanden. Die Kunden verlangen nach Erklärungen. Die Infoline der Migros ist überlastet. Corona und Mohrenkopf in Kombination – das ist zu viel. Wer sich über das Kontaktformular beim Detaillisten meldet, erhält die Information, dass man «nicht in der gewohnten Zeit antworten könne».
«Wegen der aussergewöhnlichen Situation erhalten wir überdurchschnittlich viele Anfragen. (...) Dafür entschuldigen wir uns und bitten um etwas Geduld und Verständnis.»
Beim Süssspeisen-Fabrikanten Dubler rennen die Kunden derweil die Bude ein. Auch heute am Freitag bilden sich riesige Schlangen vor dem Fabrikladen. Die in Folie abgepackten Dubler-Mohrenköpfe waren heute früh restlos ausverkauft. Den Kunden war es egal. Sie kauften kistenweise Mohrenköpfe ohne Folie.
Dubler: «Out of control»
Dubler wächst die Sache langsam über den Kopf. «Out of control» sei die Situation, sagt der Firmenchef Robert Dubler (72). Seine Leute haben heute eine Extraschicht eingelegt und um fünf Uhr in der Früh damit begonnen, die umstrittene Süssspeise zu fabrizieren. Dubler freut sich über die Solidaritätswelle und die Kundschaft im Laden. Er sehnt sich aber auch nach ruhigeren Zeiten. Und so dürfte es auch der Migros gehen.
Denn längst ist die Debatte auf andere Produkte übergegangen. Sind die Haarpflegemittel von Schwarzkopf noch in Ordnung? Was ist mit dem Zigeunersalat? Dem Zigeuner-Cervelat? Dem Schwarzen Peter? Hat die Migros jetzt eine Task-Force ins Leben gerufen, um das Sortiment systematisch nach diskriminierenden Begriffen durchzugehen?
«Nein, es gibt keine solche Task-Force», heisst es von der Zentrale an der Limmatstrasse in Zürich. «Und der Schwarze Peter», sagt die Migros weiter, «ist schon längst ein Kaminfeger.»