Der Vierte Verhandlungstag am Bundesstrafgericht in Bellinzona TI in Sachen Dieter Behring (61) ist zu Ende. Die Richter befragten einen ganz besonderen Zeugen: Den obersten Strafverfolger, Bundesanwalt Michael Lauber (50).
Die Anklage will Dieter Behring wegen Betrugs zwischen 1998 und 2004 drankriegen. Er soll rund 2000 Geschädigte um insgesamt 800 Millionen Franken erleichtert haben, so der Vorwurf.
Im Fall Behring droht die Verjährung
Ob der Prozess weitergeführt wird, ist aber noch unklar. Denn Behrings Verteidigung beschuldigt die Strafverfolger, gemauschelt zu haben. Der private Rechtsanwalt des Angeklagten, Bruno Steiner (67), behauptet, das Bundesstrafgericht habe sich mit der Bundesanwaltschaft abgesprochen, um sich im Fall nur noch auf Behring zu konzentrieren.
Die Richter in Bellinzona und die Bundesanwaltschaft streiten das ab. Zudem sei Behring im Vorverfahren ungenügend verteidigt gewesen, so Steiner.
Die Hypothese des Rechtsanwalts ist nicht ganz abwegig. So muss die Bundesanwaltschaft eine weitere Schlappe in der Geschichte der Behörde verhindern.
Lauber: «Nichts Ausserordentliches»
Gut möglich, dass Lauber mit der Fokussierung auf Behring wenigstens einen Übeltäter bestraft sehen will. Zieht sich der Fall noch weiter in die Länge, droht die Verjährung. Vorher hatte die Bundesanwaltschaft gegen zehn Beschuldigte ermittelt.
Zur Neubeurteilung kam es laut Lauber nach der Analyse des Falls durch eine Task Force. Die damit verbundene Verzögerung sei für eine faire Neubeurteilung gerechtfertigt gewesen, erklärte der Bundesanwalt.
Gemäss Lauber sei die Fokussierung auf Behring im Frühjahr 2013 umgesetzt worden. Es sei nichts Ausserordentliches, in einem Betrugsfall so zu verfahren. Er sei heute noch der Überzeugung, dass dies rechtens sei. Entwürfe zu einer Anklageschrift lagen laut Lauber zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vor.
Eine Serie von Pannen
Lauber trat sein Amt 2012 an, nachdem seine Vorgänger für einige spektakuläre Patzer in ihrem Amt sorgten:
Oskar Holenweger: Die grösste Schlappe erlitt die Bundesanwaltschaft im Fall Oskar Holenweger (70). Ex-Bundesanwalt Valentin Roschacher (56) glaubte 2003 dem kolumbianischen Drogenbaron José Manuel Ramos, der behauptete, Holenweger betreibe Geldwäscherei für die kolumbianische Kokainmafia. Acht Jahre nach Holenwegers Verhaftung blieb nur noch ein Freispruch. Die Richter befanden, das Untersuchungsverfahren sei von Beginn weg «rechtswidrig» gewesen.
Rütli-Bomber: Am 1. August 2007 detonierte nach der offiziellen Feier ein Sprengsatz auf der Rütliwiese. Im Januar 2008 wurde ein Verdächtiger verhaftet. Zehn Monate später befand er sich wieder auf freiem Fuss. Vier Jahre danach stellt die Bundesanwaltschaft das Verfahren ein. Was vom Fall bleibt: Kosten für monatelange Überwachung von 1,5 Millionen Franken.
Hells Angels: Die Bundesanwaltschaft ermittelte acht Jahre lang gegen den Motorrad- und Rockerclub. Mit einer spektakulären Grossrazzia in Zürich wollten die Ermittler 2004 Beweise dafür finden, dass der Club eine kriminelle Organisation sei. Doch die Bundesanwälte scheiterten. 2012 sprach das Gericht ein paar bedingte Haftstrafen aus. Vom Anfangsverdacht blieb nichts mehr übrig. Auch hier kam übrigens Behrings Verteidiger, Bruno Steiner, zum Einsatz. Auch dort stand er auf der Seite der Angeklagten im Kampf gegen das seiner Meinung nach ungerechte Vorgehen der Bundesanwaltschaft.
Werkspionage bei Ems: 2013 sprach das Bundesstrafgericht einen angeblichen Drahtzieher von Werkspionage bei der Ems-Chemie frei. Nach sechs Jahren waren die wesentlichen Tatbestände verjährt.
Gegen Montagmittag wurde die Befragung von Michael Lauber abgeschlossen. Laut dem vorsitzenden Richter wird das Bundesstrafgericht bis am Dienstagmorgen entscheiden, ob das Verfahren weitergehen soll. Falls ja, wird mit der Befragung Behrings fortgefahren.