Meyer Burger streicht 180 Jobs in Thun – jetzt spricht der Stapi!
«Ich mache mir Sorgen um den Tech-Standort Schweiz»

Solarzulieferer Meyer Burger lagert die ganze Produktion von Thun nach China aus. Thuns Stadtpräsident ist tief betroffen. Der CEO von Meyer Burger erklärt den Kahlschlag mit den hohen Produktionskosten in der Schweiz.
Publiziert: 02.11.2017 um 21:28 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:36 Uhr
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Ende 2018 ist definitiv Schluss: Meyer Burger lagert die Produktion von Thun nach China aus.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER
Gabriela Battaglia und Patrik Berger (Text), Peter Gerber (Fotos)

Es kriselt schon länger bei Meyer Burger. Der Solarzulieferer aus Thun BE schreibt seit vier Jahren rote Zahlen. Und doch, damit hat niemand gerechnet: Meyer Burger lagert die gesamte Produktion nach China aus. 180 Jobs werden abgebaut. Ein herber Schlag für die ganze Region.

Am Hauptsitz in Thun verbleiben nur noch Verkauf, Marketing sowie Forschung und Entwicklung. Die Betroffenen haben gestern Morgen im Radio auf dem Weg zur Arbeit von ihrer Entlassung erfahren. Erst dann wurden die total 360 Mitarbeiter vom Management informiert.

Stadtpräsident fiel aus allen Wolken

Der Kahlschlag führt brutal vor Augen: Der ehemalige Börsenliebling Meyer Burger hat seinen Technologievorsprung verloren. Das erstaunt kaum. Wer jahrelang nur Verluste schreibt, dem fehlt das Geld für Investitionen. Da brachten auch eine Kapitalspritze und ein Chefwechsel Anfang Jahr – Hans Brändle (56) folgte auf Peter Pauli (57) – nichts mehr.

BLICK trifft Thuns Stadtpräsidenten Raphael Lanz (49, SVP) in dessen Büro. Lanz wurde von Brändle am Vorabend persönlich informiert. Und ist noch immer erschüttert. «Ich hätte niemals damit gerechnet, dass Meyer Burger die gesamte Produktion nach China verlagert», sagt er. Er denkt über die Region hinaus. «Ich mache mir Sorgen um den Technologie- und Industriestandort Schweiz.»

Für Lehrlinge und Härtefälle müsse man nun Lösungen finden. Lanz hat die Zuversicht trotz der Hiobsbotschaft aber nicht komplett verloren. «Die Betroffenen sind gut ausgebildet. Ich hoffe, dass sie hier in der Region wieder eine neue Arbeitsstelle finden. In der Schweiz gibt es ja einen Mangel an Fachkräften», sagt der Stadtpräsident.

Empörung in der Bevölkerung

In den Gassen Thuns ist die Umstrukturierung bei Meyer Burger das Geprächsthema. Die Empörung ist gross. «Ich weiss, was die Entlassenen durchmachen», sagt Abwart Marcel Gasser (46) aus Kirchberg BE. Er war selber drei Jahre arbeitslos. «Es ist bedenklich, dass immer mehr Schweizer Firmen im Ausland produzieren.»

Regina Stauffer (50) befürchtet, dass die Älteren keinen Job mehr finden werden. Für die Coiffeuse aus Thierachern BE ist klar: «Die Auslagerung der Produktion schadet uns allen!» Bauer Fritz Niederhauser (64) aus Boltigen im Simmental BE kritisiert: «Es geht einfach nur ums Geld. Da kennen die Manager nichts.»

China als Konkurrenz zu stark

Meyer-Burger-Chef Brändle rechtfertigt sich. «Wir mussten handeln», sagt er zu BLICK. Der Markt habe sich komplett verändert. «85 Prozent des Solarmarktes befinden sich in China.» In der Schweiz habe man bis 60 Prozent höhere Produktionskosten. «Wir brauchen gleich lange Spiesse wie die Chinesen», sagt der CEO.

Die Gewerkschaft Unia kritisiert den Entscheid, die Produktion von der Entwicklung und der Forschung zu entkoppeln. Dies sei ein kapitaler Fehler, denn beide Bereiche würden sich gegenseitig bedingen. Die Unia befürchtet, dass bis zu 250 Stellen gestrichen werden könnten, inklusive Lehrlingen und Temporären. Sie fordert die Einsetzung einer Taskforce.

Selbst bei den Aktionären kam die Massenentlassung schlecht an: Der Kurs sackte um 4,9 Prozent ab.

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Soll ich trotzdem Aktien kaufen?

Aktien mögen derzeit nicht mehr sehr günstig sein, aber günstigere Einstiegszeitpunkte kommen vielleicht nicht. Und wenn sie doch kommen, werden Anleger Angst vor Investitionen haben. Denn die Kurse fallen nicht ohne Grund.

Etwa beim Solar-Zulieferer Meyer Burger, dessen Aktie seit 2012 rund 89 Prozent ihres Wertes einbüsste. In der Solar-Branche waren Überkapazitäten aufgebaut worden, Aufträge blieben aber aus. Kein Titel an der Schweizer Börse verlor mehr in diesem Zeitraum (siehe Grafik). Dagegen legten vor allem Pharma-Titel zu.

Gestaffelt investieren

Ein weiteres Beispiel für fallende Kurse ist die Finanzkrise zwischen 2007 und 2009. Damals waren die Kurse zwar tief, aber die Anleger hatten Angst, dass das Bankensystem zusammenbrechen könnte. Deshalb investierten sie nicht zu den tiefen Kursen, sondern kauften sogar eher Kapitalschutzprodukte.

Dabei sollten Anleger Kapitalschutz-Produkte nicht kaufen, wenn es schon regnet, die Kurse also schon gefallen sind, sondern – falls überhaupt – wenn die Sonne scheint, die Kurse hoch sind. Das ist wie bei den Regenschirmen: Günstig sind sie bei Sonnenschein, wenn es regnet, werden sie teuer verkauft.

Aus dem Dilemma, dass Sie im Voraus kaum wissen können, ob Aktien aktuell günstig sind oder nicht, gibt es einen einfachen Ausweg: gestaffelt investieren. Wenn Sie heute 300'000 Franken erben, sollten Sie nicht alles sofort anlegen. Es ist besser, dies in regelmässigen Abständen über längere Zeit verteilt zu tun. Etwa heute 50'000 Franken und dann alle vier Monate wieder dasselbe, bis nach 20 Monaten der Gesamtbetrag investiert ist. Damit legen Sie über den ganzen Zeitraum gesehen zu einem Durchschnittspreis an und fahren günstiger.

Aktien mögen derzeit nicht mehr sehr günstig sein, aber günstigere Einstiegszeitpunkte kommen vielleicht nicht. Und wenn sie doch kommen, werden Anleger Angst vor Investitionen haben. Denn die Kurse fallen nicht ohne Grund.

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Dabei sollten Anleger Kapitalschutz-Produkte nicht kaufen, wenn es schon regnet, die Kurse also schon gefallen sind, sondern – falls überhaupt – wenn die Sonne scheint, die Kurse hoch sind. Das ist wie bei den Regenschirmen: Günstig sind sie bei Sonnenschein, wenn es regnet, werden sie teuer verkauft.

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