Zum Wochenauftakt ist die Aktie von Meyer Burger rund 50 Prozent auf knapp zwei Franken eingebrochen. Auslöser dafür war die Meldung zu einem breit angelegten Restrukturierungsprogramm. Etwa wird der Aufbau einer Solarzellenfertigung in Colorado Springs gestoppt. Das Vorhaben sei zurzeit nicht finanzierbar. Zudem tritt ein Verwaltungsratsmitglied zurück und die Präsentation der Halbjahreszahlen wird – abermals – verschoben.
So setzen die Valoren des taumelnden Solarunternehmens ihren seit Jahren anhaltenden Sinkflug fort. Dabei bewegt sich die Firma auf einem vielversprechenden Thema. Einen Eindruck davon gibt die ETH. Sie hat berechnet, dass pro Kopf 48 Quadratmeter Solarfläche notwendig würden, sollten alle Autos, Lastwagen und Häuser elektrisch betrieben respektive beheizt werden. Die Gesamtfläche entspräche dreimal der verfügbaren Dachfläche der Schweiz. Mit anderen Worten: Die Energiewende erfordert, wenn man sie konsequent durchführt, einen enormen Kraftakt – in dessen Sog sich Unternehmen gut positionieren können.
Nicht so offenbar Meyer Burger. Die Zürcher Kantonalbank sieht das finanzielle Überleben weiter infrage gestellt und disqualifiziert die Aktie mit dem Prädikat «uninvestierbar».
Andere Beispiele
Doch Meyer Burger ist kein Einzelfall. Gurit, Hersteller von Bauteilen für Windanlagen, ist ein weiteres Beispiel für ein Unternehmen, das in einem schillernden Thema unterwegs ist, den Investoren aber keine Freude bereitet. Anfang 2021 war die Aktie noch 262 Franken wert. Mittlerweile kostet sie weniger als 40 Franken. Der Aktienkurs wurde also gesechstelt.
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Anders als in den Jahren zuvor hat das Unternehmen in den Jahren 2022 und 2023 keinen ökonomischen Gewinn mehr erzielt. Der Gewinn aus laufendem Geschäft konnte die Kosten für das im Unternehmen gebundene Kapital nicht mehr decken – oder sogar übertreffen. Analysten sehen das Unternehmen einer schwachen Nachfrage und schleppenden Markterholung ausgesetzt. Die Folge sind eine schwache Kapazitätsauslastung und Preiskämpfe.
Mit einer Produktionsverlagerung nach China und Indien will Gurit nun Kosten sparen und sich damit im Wettbewerb besser aufstellen. Zudem schürt CEO Mitja Schulz Hoffnungen auf die mittelfristige Zukunft: «Der Windmarkt wird wachsen, aber später als erwartet.» Hinweise, dass auch wieder höhere Notierungen möglich sind, gibt es. Vorsichtig, aber optimistisch ist beispielsweise die Einschätzung von Octavian. Die zuständige Analystin stuft die Gurit-Aktie mit «Kaufen» ein und veranschlagt das Kursziel bei 77 Franken, nach zuvor 90 Franken.
AMS Osram konnte nicht vom Technologieboom profitieren
Während der Technologiesektor in den vergangenen Jahren boomte, hat die Aktie des Halbleiterherstellers AMS Osram gelitten. 75 Franken war sie Anfang 2018 wert. Heute wird sie nur noch etwas über einem Franken gehandelt. In den zurückliegenden drei Quartalen sank der Umsatz, die Verluste betrugen zwischen 1 und 35 Millionen Euro.
Ein Kostensenkungsprogramm soll helfen, das Unternehmen wieder in Form zu bringen. Von Analysten kommen Signale, dass dieser Plan greifen kann. So beispielsweise dürfte sich der Gewinn je Aktie von 0,07 Euro im Geschäftsjahr 2024 auf 0,23 Euro im Jahr 2026 steigern, lautet eine Einschätzung. Indes: Mit Dividenden dürfen Anteilseigner bis auf Weiteres nicht rechnen.
Medmix will mit seinen Lösungen, so liest man prominent auf der Unternehmenswebsite, «Millionen von Menschen helfen, ein gesünderes und selbstbewussteres Leben zu führen» - und sich damit an Themen wie Gesundheit und Beauty andocken. Bisher hat das noch kaum positiv auf die Aktionäre abgefärbt. Seitdem das Unternehmen im Jahr 2021 vom Industriekonzern Sulzer abgespalten wurde und an die Börse kam, sank der Aktienkurs vom Hoch bei 47,50 Franken auf unter 11 Franken. Der Tiefststand wurde vor wenigen Tagen bei 10,08 Franken erreicht. Wer von Anfang an investiert war, sitzt nun auf einem rund 75-prozentigen Verlust.
Das Mikron-Debakel
Im ersten Halbjahr gingen Umsatz und Gewinn zurück, zudem hat das Medmix-Management den Ausblick für das Gesamtjahr gesenkt. Positiv fällt indes auf: Das Unternehmen ist mit seinen Produkten in unterschiedlichen Endmärkten unterwegs. Dennoch liegen die Margen nicht unter jenen der spezialisierten Anbieter, wie Eugen Perger von Research Partners in seiner jüngsten Analyse vom Juli bemerkt. Seine Kaufempfehlung wird von einer Kurszielsenkung auf 25 von zuvor 30 Franken begleitet. Damit sieht er die Aktie im Vergleich zum aktuellen Stand zwar steigen. Diese läge damit aber immer noch deutlich unter dem Emissionspreis.
Auf tiefem Niveau gefangen hat sich der Präzisionsmaschinenhersteller Mikron. Um die Jahrtausendwende schoss die Aktie auf über 1000 Franken hoch. Das Unternehmen profitierte vom Boom der Informationstechnologie, insbesondere der Mobiltelefone.
Auf den Höhenflug folgte ein jäher Absturz und ein jahrelanges Verharren auf tiefem Niveau. Phasenweise fiel der Kurs unter die Fünf-Franken-Marke. Seit 2020 geht es wieder aufwärts. Die Aktie erreichte im Juli ein Mehrjahreshoch bei 20 Franken. Laut dem Investmenthaus Stifel kann sie weiter auf 30 Franken steigen. Der verantwortliche Analyst begründet seine Einschätzung mit dem robusten Auftragsbestand respektive der anhaltend starken Nachfrage im Bereich Automation.
«Thematisches Investieren: Sagen Sie einfach Nein»
Das Investieren nach Themen spreche den schlimmsten Anlegerinstinkt an, schrieb John Rekenthaler vom Analyseunternehmen Morningstar im Sommer 2023 – nämlich: «Den Wunsch, den eigenen Nachbarn zu übertrumpfen und dabei nicht mehr zu wissen als der eigene Nachbar.» Jener Wunsch beruhe auf einer Mischung von Habsucht und übersteigertem Selbstvertrauen. Eine pointierte Meinung, die kaum allen Anlegern gerecht wird.
«Thematisches Investieren: Sagen Sie einfach Nein», ist Rekenthaler jedenfalls überzeugt. Ob man derart rigoros sein muss? Nachhaltigkeit, Energiewende, Technologie, Gesundheit, Beauty: Das sind schillernde Themen. Sie beziehen sich auf gesellschaftliche Veränderungen und grössere Trends. Sie wirken attraktiv und versprechen Wachstum.
Investoren können durchaus davon profitieren, wie die bisherige Performance des Chipherstellers Nvidia beweist. Dessen Aktienkurs hat sich in den vergangenen zwei Jahren vervielfacht. Dennoch zeigen Beispiele wie Meyer Burger, Gurit oder AMS Osram, dass bei der Auswahl von Einzeltiteln Vorsicht besser als Nachsicht ist. Wer investieren will, fährt deshalb gut, von Anfang an eine Verlustgrenze festzulegen. Wie viel Verlust tragbar ist, hängt von der persönlichen Schmerzgrenze ab.