Die USA zittern. Grund ist ein heikler Personalentscheid, der beim chinesischen Telekomriesen Huawei ansteht. Ausgerechnet die einst ins Visier der US-Justiz geratene Tochter des Huawei-Firmengründers Ren Zhengfei (78) soll zum 1. April erstmals den rotierenden Vorsitz des Konzerns übernehmen. Die Rede ist von Meng Wanzhou (51), aktuell noch Finanzchefin bei Huawei.
Wie informierte Kreise der Deutschen Presse-Agentur in Peking berichteten, wird mit Wanzhou eine Nachfolgeregelung für Zhengfei eingeleitet. Das Unternehmen bestritt die Darstellung und betonte, dass es bei dem bewährten «kollektiven Führungsmodell» bleibe.
USA warnt vor Huawei
Ein weiterer Aufstieg der 51-Jährigen in der Unternehmensspitze könnte die politischen Vorbehalte in den USA gegen Huawei noch verstärken. Nach Presseberichten erwägt US-Präsident Joe Biden (80) gegenwärtig, die Sanktionen gegen das Unternehmen zu verschärfen. Huawei könnte der Zugang zu Halbleitern von wichtigen US-Zulieferern wie Qualcomm oder Intel verwehrt werden. Die USA machen Gefahren für die nationale Sicherheit geltend.
Doch Peking sieht die Sanktionen vielmehr als Versuch des Rivalen USA an, Chinas technologischen und politischen Aufstieg in der Welt zu bremsen. «Externe Versuche, China zu unterdrücken und einzudämmen, eskalieren», beklagte Premier Li Keqiang am Sonntag bei der Eröffnung der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking. Um angesichts des Gegenwinds stärker auf eigenen Füssen zu stehen, treibt China die technologische Innovation mit allen Mitteln voran.
Wanzhou wurde drei Jahre lang in Kanada festgehalten
Die Tochter des Huawei-Gründers gewann Ende 2018 zweifelhafte internationale Prominenz. Auf Ersuchen der US-Justiz wurde die Finanzchefin unter dem Vorwurf des Bankbetrugs zur Umgehung von Sanktionen gegen den Iran in Kanada festgenommen. Das Tauziehen weitete sich gleich zu Beginn zu einem Drama aus, als zwei Kanadier unter Spionageverdacht in China festgenommen wurden. Diplomaten sprachen von «Geiselpolitik».
Drei Jahre wurde die Top-Managerin in Vancouver in einem lockeren Hausarrest festgehalten und kämpfte gegen ihre Auslieferung in die USA. Im September 2021 konnte Meng Wanzhou nach einem Deal mit den US-Strafverfolgern – im Gegenzug für die Freilassung der beiden Kanadier – in ihre Heimat zurückkehren, wo sie als Heldin gefeiert wurde. Das Kapitel wurde erst im vergangenen Dezember geschlossen, als die US-Ankläger den Fall wie vereinbart fallen liessen.
Huawei spricht von «unterschiedlichen Rollen»
Ohne ein Datum zu nennen, bestätigte Huawei auf Anfrage, dass Meng Wanzhou in diesem Jahr «in Übereinstimmung mit unserer bekannten Führungsstruktur» für sechs Monate rotierende Vorsitzende werde. Im Vorjahr war die Managerin bereits neben Eric Xu und Ken Hu zur dritten Führungskraft für den rotierenden Vorsitz aufgerückt, die «vorrangig» das Unternehmen leiten, wie es hiess.
Ein Unternehmenssprecher betonte, es gehe nicht um eine Nachfolgeregelung. Der Gründer und Konzernchef Ren Zhengfei und die drei rotierenden Vorsitzenden hätten «unterschiedliche Rollen». Das Unternehmen habe eine gut entwickelte interne Führungsstruktur, in der alle Teile klare Autorität und Verantwortung hätten und «unter gegenseitiger Kontrolle operieren». «Das Schicksal des Unternehmens kann nicht an ein einzelnes Individuum gebunden sein, und die Führungsgremien müssen dem Modell einer kollektiven Führung folgen.»
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Das steckt hinter dem Streit
Die USA begründen die Sanktionen mit Verbindungen Huaweis zu chinesischen Behörden und warnen vor der Gefahr von Spionage oder Sabotage. Dem Konzern wurde unter anderem der Zugang zum US-Betriebssystem Android gekappt, was dessen Smartphone-Geschäft schwer belastete. Wie sehr sich das Geschäft zwangsweise gewandelt hat, zeigte sich vergangene Woche auf der grossen Mobilfunkmesse in Barcelona (Spanien), wo Huawei keine neuen Smartphones mehr vorstellte.
Huawei weist die Vorwürfe zurück. Seit mehr als 30 Jahren arbeite der Telekomausrüster mit mehr als 1500 Netzbetreibern in mehr als 170 Ländern und Regionen. «Wir haben eine nachgewiesene Erfolgsbilanz in der Cybersicherheit.» Eine Diskussion über Netzwerksicherheit sei sicher nötig, aber «eine Bewertung anhand des Herkunftslandes» sei «diskriminierend».
Gründer Ren Zhengfei hat das Unternehmen mit seiner Vision von bescheidenen Anfängen zum Weltkonzern gemacht. Die Frage ist, ob seine Tochter die grossen Fussstapfen ausfüllen kann. In der Rivalität mit den USA will Huawei am liebsten «kein geopolitischer Mitspieler» sein – sondern schlicht ein Technologiekonzern. (nim/SDA)