Was für ein trauriges Schlusskapitel in einem der grössten Wirtschaftskrimis der Schweiz: Am Samstagabend um 18 Uhr findet Daniela Sheridan (65) ihren Lebenspartner Rolf Erb (†65) tot im Schloss Eugensberg in Salenstein TG. Noch ist die Todesursache unbekannt. Frühestens heute liegen die Ergebnisse der Obduktion vor. Klar ist: Eine Dritteinwirkung ist ausgeschlossen.
Der Milliarden-Pleitier wurde im September 2015 wegen Betrugs und Urkundenfälschung verurteilt. Vor zwei Wochen erhielt Erb vom Bundesgericht den Bescheid, dass er seine siebenjährige Haftstrafe definitiv antreten muss. Experten stufen ihn im Urteil vom 27. März als stark suizidgefährdet und angeschlagen ein.
Zwei Mal Schlaganfall nach Urteil
So gab Erb gegenüber dem Bundesgericht an, dass er im Januar 2014 und im September 2015 einen Schlaganfall erlitten hatte. Immer nach Urteilseröffnungen. Zudem war Erb nach seinem gesellschaftlichen Abstieg in den letzten Jahren schwer depressiv.
Das zuständige Zürcher Amt für Justizvollzug war gewarnt, dass Rolf Erb den Knast nicht überleben könnte. Und es hat gehandelt. Laut BLICK-Recherchen hat es Erbs ursprünglichen Haftantritt vom Mittwoch, 5. April um einige Tage verschoben: «Es waren gemäss den Erwägungen des Bundesgerichts noch Abklärungen und Vorkehrungen zu treffen», sagt Sprecherin Rebecca de Silva.
Keine fürsorgerische Unterbringung
Am Vollzug wurde aber nicht gerüttelt: «Herr Erb hat das schriftliche Aufgebot zum Strafantritt von uns erhalten und hätte seine Strafe in den nächsten Tagen antreten müssen», sagt de Silva. Was das Amt wegen Erbs Suizidgefahr unternommen hat, untersteht dem Amtsgeheimnis.
Gerichtspsychiater Josef Sachs (67) erklärt: «Wenn bekannt ist, dass eine verurteilte Person vor dem Haftantritt akut suizidal ist, besteht die Möglichkeit einer fürsorgerischen Unterbringung.» Im Fall Erb ist das nicht geschehen.
Laut Thomas Buomberger, Autor des Buchs «Die Erb-Pleite», wollte Erb seiner Gefängnisstrafe um jeden Preis entgehen. «Mit zahlreichen Beschwerden gelang es ihm, den Antritt seiner Haftstrafe und den Auszug aus dem Schloss immer weiter zu verzögern», sagt der Erb-Kenner. Die Schuld habe er immer anderen gegeben: «Für ihn wäre ein Suizid, sofern es denn einer gewesen ist, der letzte Schritt, diese Verantwortung von sich zu weisen.»
Familie soll in Ruhe trauern können
Sheridan und die Zwillinge (14) hätten per 1. Mai aus dem Schloss ausziehen müssen. Experten schätzen den Wert des Anwesens auf 30 Millionen Franken. Rolf Erb hatte es 2003 seinen damals nicht einmal einjährigen Söhnen überschrieben, als sich die Pleite des Erb-Imperiums abzeichnete. Doch der Trick funktionierte nicht.
Martin Wenk, Leiter des Thurgauer Konkursamtes, sagt zu BLICK: «Welche Auswirkungen der Tod von Rolf Erb auf den Auszug per 1. Mai aus dem Schloss hat, ist im Moment noch unklar. Die Familie soll erst einmal in Ruhe trauern können.»
Dann werde man mit ihr das weitere Vorgehen besprechen. Nach den jüngsten Entwicklungen ist es gut möglich, dass die Familie Erb erneut Aufschub erhält und länger im Schloss bleiben darf.