Medikamentenpreise
100 Millionen mehr – fürs Gleiche

Apotheken und Pharma-Grosshändler wollen den Vertrieb für Medikamente massiv verteuern. Sie machen damit ein grosses Sparpotenzial zunichte.
Publiziert: 18.11.2018 um 02:16 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2019 um 21:39 Uhr
Den Patienten bleibt nur eines: Zusehen und die Zeche zahlen.
Foto: Keystone
Moritz Kaufmann
Moritz KaufmannWirtschaftsredaktor

«Wenn ein Löffelchen Zucker bittere Medizin versüsst», singt Mary Poppins im Film von 1964, der ihren Namen trägt. Das Lied ist ein Klassiker, die Methode leider auch.

Derzeit ist ein Papier des Bundesamts für Gesundheit (BAG) in der Vernehmlassung. Es geht um eine Anpassung der Zuschläge auf Medikamente. Im Grunde ist die Idee nicht schlecht: Mit der vorgeschlagenen neuen Methode lassen sich laut BAG 47 Millionen Franken 
pro Jahr einsparen. Ein Löffelchen 
Zucker für die Prämienzahler.

Pharma-Grosshändler nutzen Revision

Und hier die bittere Medizin: Das Sparpotenzial ist deutlich grösser! Statt 47 Millionen Franken wären ohne weiteres Preissenkungen von mindestens 147 Millionen Franken möglich. Doch die Pharma-Grosshändler nutzen die Revision, um ihre Margen zu erhöhen. Statt wie bisher 4,5 verlangen sie künftig sieben Prozent.

Unterstützt werden sie dabei von den Apothekern – das ist eine interessante Allianz: Die Grosshändler sind die Mittelsmänner im Markt. Sie beziehen Medikamente bei den Pharmafirmen und verkaufen sie an Apotheker, Ärzte und Spitäler. Diese wiederum geben sie an die Konsumenten ab.
Gemeinsam sind Grosshändler und Apotheker beim Bundesamt für Gesundheit in Bern vorstellig geworden und haben erklärt: Wir brauchen sieben Prozent Grossistenmarge!

Der Krankenkassenverband Santésuisse hat für SonntagsBlick berechnet, was das bedeuten würde: «Der Betrag zugunsten des Grosshandels steigt damit um mindestens 100 Millionen Franken auf 
insgesamt 330 Millionen.»
Weshalb dieser Sprung? Und warum verdient eine einfache Logistik-Dienstleistung eine derart saf-tige Marge?

Apotheker müssen Logistikkosten decken können

SonntagsBlick konfrontierte die Verbände Pharmalog und Pharmasuisse. Im einen Verband haben sich die Pharma-Grosshändler zusammengeschlossen, im anderen die Apotheker. Die beiden Verbände sprechen sich ab: Stellung nimmt nur Pharmalog-Präsident René Jenny. Er erklärt: «Die Preise für die Medikamente ab Fabrik sind stark gesenkt worden.» Deshalb brauche es prozentual mehr, damit die Apotheker die Logistikkosten decken können.

Santésuisse kann diese Begründung nicht nachvollziehen. Es gebe keinerlei Rechtfertigung dafür, dass die Logistik alleine so viel kostet. In Deutschland zum Beispiel betrage die Marge für den Grosshandel 3,15 Prozent. Und: «Die Transportkosten sind in den letzten Jahren eher gesunken als gestiegen.»
Der Vorschlag des BAG ist bisher noch nicht zum Gesetz geworden. Bis Mitte Dezember können die wichtigsten Player im Gesundheitswesen Stellung dazu beziehen. Erst dann wird entschieden.

Geld verdienen auf Kosten der Prämienzahler?

Doch die Fronten sind längst klar. «Auf Kosten der Prämienzahler wird Geld verdient – ohne Mehrleistung zu bieten», sagen die Krankenkassen. Pharmalogistik-Vertreter René Jenny entgegnet: «Einkassieren tut bestimmt niemand, im Gegenteil.»

Die Medikamentenkosten sind ein wesentlicher Treiber im Gesundheitswesen. 2016 beliefen sich die Kosten für Arzneimittel in der obligatorischen Krankenversicherung auf über sieben Milliarden Franken. In den letzten Jahren betrug das durchschnittliche Kostenwachstum jeweils mehr als sechs Prozent. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.

Den Prämienzahlern bleibt derweil nur eines: zusehen. Und am Ende die Zeche zahlen. Das schmeckt auch mit Zucker bitter.

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