Schon zu Beginn der fast zweistündigen Debatte hatte Vonlanthen gesagt, dieser Schritt sei ihm nahegelegt worden. Er gedenke es aber nicht zu tun. Am Ende tat er es doch. Gleichzeitig äusserte er die Hoffnung, dass die SRG ihren Zentralisierungsentscheid überdenken möge. Nun ist der Ball beim Nationalrat, dem ebenfalls Vorstösse zum Thema vorliegen.
Zur Debatte steht, ob die SRG per Gesetz gezwungen werden soll, die Radio-Informationssendungen weiterhin schwergewichtig in Bern und Lausanne und die TV-Informationssendungen in Zürich und Genf zu produzieren.
Es gehe um weit mehr als eine Standortfrage, sagte Vonlanthen. Er kritisierte die «sture und kompromisslose» Haltung der SRG. Diese nehme bewusst eine Verarmung des publizistischen Angebots in Kauf. Die Frage des Standorts könne nicht von publizistischen Inhalten getrennt werden.
Der Zentralisierungsentscheid sei ein Schlag ins Gesicht aller SRG-Unterstützer. Die SRG sei aber mehr denn je auf die Unterstützung der Politik angewiesen. Und die föderalistische Schweiz sei auf eine dezentral organisierte SRG angewiesen.
Für den Vorstoss machten sich vor allem Ständeräte aus den Kantonen Bern, Genf, Wallis und Freiburg stark. Eine zentralisierte SRG sei die Antithese zum Service public, sagte Hans Stöckli (SP/BE).
Werner Luginbühl (BDP/BE) kritisierte, die SRG habe nach der No-Billag-Abstimmung überhastete Sparmassnahmen beschlossen. Dabei habe sie betriebliche vor staatspolitische Überlegungen gestellt. Wenn sie ihre Hausaufgaben nicht mache, müsse die Politik eingreifen.
Robert Cramer (Grüne/GE) stellte fest, der Produktionsort habe sehr wohl einen Einfluss auf den Inhalt. Journalistinnen und Journalisten seien nämlich keine Maschinen. Das hob auch Christian Levrat (SP/FR) hervor: Der Blick auf die Schweiz und die Welt sei vom Aareufer aus nicht immer derselbe wie vom Limmatufer aus.
Beat Rieder (CVP/VS) befand, die SRG stelle mit dem Zentralisierungsentscheid ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Wäre sie eine private Aktiengesellschaft, würde er Nein stimmen. Das sei sie aber nicht.
Die vorberatende Kommission hatte die parlamentarische Initiative Vonlanthens deutlich abgelehnt. Sie war nach einer Aussprache mit der SRG-Spitze zum Schluss gekommen, dass es nicht angezeigt sei, die Produktionsstandorte auf Gesetzesstufe zu regeln.
Die SRG müsse sparen, stellte Kommissionssprecher Claude Janiak (SP/BL) fest. Und die SRG-Spitze habe dargelegt, dass sie mit dem geplanten Schritt bei der Infrastruktur und nicht beim journalistischen Angebot spare. Es gebe keinen Grund, daran zu zweifeln.
Entgegen der verbreiteten Wahrnehmung werde der Standort Bern keineswegs aufgegeben, fuhr Janiak fort. Es drohe auch kein Einheitsbrei. Die SRG sei sich ihrer Verantwortung bewusst. Aus seiner Sicht gehe es hier um einen «mit staatspolitischen Argumenten veredelten Kampf um lokale Interessen".
Die Gegnerinnen und Gegner des Vorstosses wiesen auch auf die unternehmerische Freiheit hin. Es sei nicht Sache des Staates, in Firmenentscheide einzugreifen, sagte Damian Müller (FDP/LU). Konrad Graber (CVP/LU) befand, der Ständerat dürfe nicht ein «Superverwaltungsrat» werden.
Mit der geforderten Gesetzesänderung würde die SRG-Führung blockiert - und dies in einer Phase der «medialen Disruption», gab Graber zu bedenken. Im Falle einer Referendumsabstimmung habe eine solche Gesetzesänderung ausserdem das Potenzial eines Spaltpilzes. Jede Region würde Ansprüche anmelden.
Géraldine Savary (SP/VD) warnte davor, mit der gesetzlichen Verankerung von Standorten Entwicklungen zu verhindern. Sie verglich die Befürworter des Vorstosses mit enttäuschten Liebenden. Alle hätten sich im Abstimmungskampf zur No-Billag-Initiative für die SRG stark gemacht und seinen nun enttäuscht. Der Vorstoss sei von guter Absicht getrieben, aber kontraproduktiv.
Gegen die zunehmende Zentralisierung der Medien in Zürich wehrt sich auch der Verein «Pro Idée Suisse". Im Unterstützungskomitee sitzen vier Parteipräsidenten: Albert Rösti (SVP/BE), Gerhard Pfister (CVP/ZG), Regula Rytz (Grüne/BE) und Martin Landolt (BDP/GL). Von der SP ist Vizepräsident Beat Jans (BS) dabei.
Sie haben im Nationalrat Vorstösse eingereicht, über welche der Rat voraussichtlich noch in der laufenden Sommersession entscheidet. Auch der Kanton Bern, der Kanton Genf sowie der Verein Hauptstadtregion Bern kritisieren die SRG wegen der Umzugspläne. Die SRG hatte den Umzug letzten Herbst beschlossen. 170 Mitarbeitende sind davon betroffen.
(SDA)