Zu Silvester gehen die meisten von ihnen in die Luft. Für die Tischbomben der Firma Constri in Schinznach AG herrscht kurz vorher Hochsaison. «Tischbomben bieten zwischen Silvester-Essen und Mitternacht die perfekte Unterhaltung», sagt Maurice Regel (59), seit 25 Jahren als Marketings- und Verkaufsleiter Herr über die Tischbomben.
Trotz Billigkonkurrenz aus China behauptet sich der letzte Schweizer Tischbombenhersteller auf dem heimischen Markt. Rund 20 Mitarbeiter setzten jährlich von Hand rund 800’000 Tischbomben zusammen und füllen sie mit Partyartikeln. Für Silvester sind es Tröten, Masken und Glückssymbole und für die Kinderparty Clownnasen, Piraten- oder Einhornspielzeug.
Weniger Wegwerfware als Inhalt
Die Partyartikel kauft Constri in China ein. Ein turnhallengrosser Raum ist bis zur Decke mit Hunderten von Schachteln voller Spielsachen gefüllt. Diese fliegen später vor grossen Kinderaugen in die Luft. Auch eine Erotikbombe gibt es und solche die Kägifrets oder Lolipops enthalten. Und natürlich dürfen die farbigen Wattebällchen als Füllmaterial nicht fehlen, die aus Deutschland importiert werden. Einzig Spielzeug mit Emojimotiven und Globi laufen unter Lizenz.
«Am begehrtesten sind derzeit die Artikel mit Hologrammen», sagt Regel. Sehr gesucht seien auch Glitzerware, Gold und Silber. Regel will mehr nachhaltigere Artikel einfüllen, die man nicht gleich wegwerfen muss – zum Beispiel Mini-Versionen von Spielen wie Eile mit Weile.
Auch in Deutschland, Dänemark, Norwegen und Österreich sind die Swissmade-Produkte erhältlich. Als Nächstes plant Regel den Markteintritt in Spanien, Schweden und Finnland. Der Begriff Tischbombe mache sich in Deutschland nicht gut, weiss Regel. Viele Konsumenten seien enttäuscht worden von importierten Billigtischbomben, die nicht richtig abgingen und nur Konfetti spuckten. «Darum laufen sie unter Partyartikel mit Knall.»
Nitrochemie als Zündstoff
Seine Swissmade-Tischbomben stünden für Qualität. Er bläst in eine rote Pfeife. Die Mundstücke seien auf Lebensmitteltauglichkeit geprüft worden. Bestandteile wie die Zündwatten mit Nitrocellulose würden regelmässig geprüft. Der Raum, in dem Zündmaterial in die Kolben eingebaut wird, ist isoliert. Es riecht nach nichts. Die Watte stammt von der Nitrochemie Wimmis BE – wo sich auch die Auslandkonkurrenz eindeckt.
Wesentlich für die Präzision beim Abgehen ist das Kartonrohr, das Schiessrohr sozusagen. Für die Genauigkeit sorgt die Rohrmaschine, die den Karton wickelt – der einzig automatisierte Schritt bei der Herstellung in der Produktion in Schinznach. Die Maschine stellte früher Ovo-Büchsen her und konnte günstig übernommen werden.
Plastik stand am Anfang
Der Gründer Unternehmens, der mittlerweile verstorbene. Max Amsler Senior, startete das Tischbombengeschäft, weil er die Tischbomben erstmals mit Kunststoff und Deckel ausstatten konnte – vorher bestand alles aus Karton und Zeitungspapier. Das wäre mit den heutigen Vorgaben und Normen nicht mehr möglich. Amsler erfand Constri-Bausteine, die bis vor wenigen Jahren jedes Schweizer Kind kannte, und verfügte über eine der frühen Spritzmaschinen.
In der Schweiz haben Tischbomben Tradition. Kein Land jagt so viele in die Luft wie die Schweiz. Dahinter steht laut Regel auch die Tatsache, dass die Schweiz zu Silvester wenig Feuerwerkstradition hatte. Selbst am 1. August habe es lange nur Höhenfeuer gegeben. Das Hauptgeschäft mit Tischbomben Made in Switzerland findet um Silvester statt. Der Herr über die Tischbomben möchte die Partyknaller auch an anderen Festen etablieren. Die 1.-August-Tischbomben seien eine gute Alternative, wenn am 1. August Feuerwerksverbot herrsche.