Markteintritt durch Hintertüre
Deutscher Veganriese mit Lädeli-Offensive

Erst plante Veganz eigene Läden in der Schweiz, dann sollte Coop oder Migros dessen Produkte ins Regal nehmen. Jetzt dürfen sich erst mal Kleinläden freuen.
Publiziert: 29.02.2016 um 19:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:00 Uhr
Maria Nowak in ihrem Winterthurer Laden Süss & Vegan: Seit Samstag darf sie viele Produkte des deutschen Vegan-Riesen Veganz in der Schweiz verkaufen.
Foto: Zvg
Ulrich Rotzinger

Maria Nowak (29) ist happy. Die Betreiberin des Lädeli Süss und Vegan in der Konradstrasse beim Bahnhof Winterthur hat geschafft, woran Grossverteiler sich bislang die Zähne ausbissen: Nowak ist die Erste, die in der Schweiz Produkte der deutschen Veganz-Kette verkaufen darf.

«Dass es jetzt doch so schnell geklappt hat, freut mich sehr», sagt Nowak. Seit Samstag ergänzten die ersten 24 Veganz-Artikel ihr Sortiment. Geplant sei gut das Doppelte, sagt Nowak. Vor vier Monaten fragte sie am Berliner Veganz-Sitz an – ohne grosse Erfolgschancen.

«Veganz hatte ja einen anderen Plan für den Markteintritt in die Schweiz», weiss Nowak. 

Veganz plante eigene Schweizer Supermärkte

Veganz, die erste vegane Supermarktkette Europas, plante ursprünglich eigene Supermärkte im Alpenland. Das verwarf man offenbar. «Für das kommende Jahr 2016 konzentrieren wir uns vor allem auf die Ausweitung der Grosshandelsaktivitäten in Europa, insbesondere in der Schweiz», sagte Veganz-Sprecherin Michèle Hengst im Dezember 2015 zu BLICK.

Hinter der Hand fielen die Namen der Grossverteiler Coop und Migros, die sich offenbar dafür interessierten, die Produkte der Vegan-Kette ins Regal zu nehmen. Anscheinend wurde auch daraus nichts, wie man anhand der Produktauflistung bei Süss und Vegan in Winterthur ZH sehen kann.

«Dranbleiben zahlt sich definitiv aus», sagt Nowak, für die der Gesundheitsaspekt beim Thema Veganismus weniger im Vordergrund steht als die Bestrebung, Tierleid, Ressourcenverschwendung und ökologische Folgen zu minimieren, wie sie im Gespräch erklärt.

Migros und Coop bauen Sortiment aus

Weder Veganz noch Coop noch Migros wollten sich zum Stand und Markteintritt äussern. Klar ist nur: Die beiden Detailhändler haben den – veganen – Braten längst gerochen. Und erweitern ihr Vegan-Sortiment laufend.

Ende Jahr hatte die Migros 220 Produkte mit dem Vegi-Label im Angebot, davon 119 vegane. Unter dem Label Alnatura führt die Migros zudem 150 Artikel, die mit der Vegan-Blume gekennzeichnet sind. Konkurrentin Coop führt 200 Produkte mit Vegi-Label, davon 100 vegane.

Kunden zahlen gerne mehr für Vegan-Produkte

Die Wirtschaft kommt nicht mehr um die auf pflanzliche Ernährung ausgerichteten Kunden herum – allein schon in finanzieller Hinsicht: «Veganer verschreiben sich ihrer Ernährungsweise sehr emotional. Sie sind deshalb bereit, mehr für entsprechende Produkte zu zahlen», sagt Bettina Höchli (29), Forscherin am Gottlieb Duttweiler Institut.

Laut Cristina Roduner (38), Sprecherin der Veganen Gesellschaft Schweiz (VGS), zahlen Vegan-Kunden auch dann gerne mehr für ihre Produkte, «wenn sie die Artikel nicht mehr in so vielen unterschiedlichen Läden zusammensuchen müssen». Roduner: «Davon profitiert Süss und Vegan mit der Veganz-Sortimenterweiterung.»

Anhänger des Veganismus kommen komplett ohne tierische Produkte aus. «Ihre Nachfrage ist riesig, das Wachstumspotenzial ebenso. Ein veganes Sortiment ist deshalb nicht nur finanziell lohnenswert, sondern auch ein wichtiges Instrument, um sich von der Konkurrenz abzuheben», sagt Roduner weiter. 

Weitere Kleinläden mit Veganz im Sortiment

Gemäss Informationen von BLICK werden in den nächsten Wochen und Monaten weitere Kleinläden in der Schweiz Produkte der deutschen Kette Veganz in den Verkauf nehmen. 

Die Nachfrage ist offenbar da. Unklar ist, wie viele Schweizer sich auch wirklich vegan ernähren. Zahlen gibt es nicht. Die Vegane Gesellschaft geht von 80 000 Personen aus, was ungefähr einem Prozent der Bevölkerung entspricht. Zum Vergleich: Die Zahl der Vegetarier beträgt gegen 500 000 Personen.

Dass weitere Läden Veganz-Produkte ins Sortiment nehmen können, freut Nowak ebenfalls. Sie weiss aber auch, dass der Direktimport in Eigenregie «ein ganz schön bürokratischer Spass ist», wie sie sagt. «Statt Veganz übernehmen wir den ganzen Vorgang der Zollabwicklung.» Jetzt zahle sich die Mühe aber hoffentlich aus.

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