Darum gehts
- Manor-Chef optimistisch trotz Herausforderungen. Warenhäuser investieren in Erneuerung
- Neues Fashionkonzept und regionale Anpassungen steigern Umsatz in Pilotstores
- Investitionen von über 200 Millionen Franken für Umbau geplant
Warenhäuser blicken auf eine lange Tradition zurück, doch manche Experten sehen in ihnen eher Relikte der Vergangenheit – dem Untergang geweiht. Manor-Chef Roland Armbruster bringt das nicht aus der Ruhe. Er versprüht viel Optimismus, wenn er von neuen Fashionkonzepten und der Inszenierung des Angebots erzählt. Das zum Reich der Familie Maus Frères gehörende Warenhaus ist mit der Veröffentlichung von Geschäftszahlen sehr zurückhaltend. Laut Armbruster konnte Manor den Gewinn zuletzt aber deutlich steigern – auch dank einer Schrumpfkur.
Das Geschäft mit Warenhäusern gilt als besonders schwierig. Warum tun Sie sich den Job als Manor-CEO an?
Roland Armbruster: Vor über 20 Jahren wechselte ich von der Beratung in die operative Tätigkeit bei einem Warenhausbetreiber. Kurz danach war ich bei einer Branchenkonferenz und hörte den Vortrag eines Experten unter dem Titel «Warenhäuser – die Dinosaurier des Einzelhandels». Das hat mich damals schon nachdenklich gestimmt. Doch auch heute funktionieren Warenhäuser. Es überleben die Unternehmen, die permanent in die Erneuerung investieren. Wir machen bei Manor genau das, und das ist eine spannende Aufgabe.
Sie stehen nun seit zwei Jahren an der Spitze von Manor. Was hat Sie während dieser Zeit am meisten überrascht?
Die Mitarbeitenden und deren Bereitschaft zu Veränderungen.
Den Mitarbeitenden war klar, dass sich etwas ändern muss?Ich denke schon. Wir sind in einem Geschäft tätig, das hart umkämpft ist. Es ist allen klar, dass man sich auf die Hinterbeine stellen muss, um auch in Zukunft Erfolg zu haben.
Als Sie den Job übernommen haben, war Manor nur knapp in der Gewinnzone. Wie sieht das heute aus?
Wir sind sehr zufrieden mit unserem Ergebnis für 2024. Wir hatten den höchsten Betriebsgewinn seit vielen Jahren. Die Profitabilität hat sich deutlich gesteigert. Wir haben die Prozesse optimiert, Doppelspurigkeiten beseitigt und die Hierarchiestufen vereinfacht. In einem ersten Schritt wurden also vor allem Dinge im Hintergrund verbessert. Zudem war ein Bereich zum ersten Mal gewinnbringend: der Onlineshop. Dies dank einer Sortimentsüberarbeitung, kuratierter Produkte und der Auslistung solcher, die nicht rentabel waren. Das war auch ein Grund dafür, dass der Umsatz von Manor insgesamt leicht unter Vorjahr lag.
Was funktioniert denn online nicht?
Wir hatten online ein viel zu breites Angebot. Etwa im Bereich Papeterie: Dort war unser Sortiment extrem umfangreich. Beim Versand einzelner Produkte wie Schreibstiften übersteigt der Aufwand oft den Wert des Produkts. Wir haben zugunsten der Profitabilität bewusst auf Onlineumsatz verzichtet. Ausserdem haben wir die Nutzerfreundlichkeit samt App verbessert.
Vor Ihrer Zeit wurde ein Onlineanteil von 20 Prozent bis 2025 angestrebt. Wie hoch ist er heute?
Er liegt zwischen fünf und zehn Prozent. Wir wollen diesen Anteil erhöhen, aber wir wollen profitabel wachsen.
In den letzten fünf Jahren hat Manor Hunderte von Stellen abgebaut. 2024 ist der Umsatz gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken. Schrumpft Manor weiter?
Wir haben die Profitabilität deutlich gesteigert und schalten jetzt auf Wachstum um. In den nächsten zwei Jahren sind Investitionen von über 200 Millionen Franken geplant, beispielsweise in den Umbau unserer Warenhäuser und der Manor-Food-Supermärkte.
Wo spürt die Kundschaft die Veränderungen?
Als Erstes im Bereich Fashion. In Basel und Lausanne haben wir unsere Verkaufsflächen in Pilot-Stores völlig neu gestaltet und das Sortiment grundlegend überarbeitet. Das ist gut angekommen. Dieses Konzept werden wir nun in weiteren zehn grossen Standorten ausrollen.
Gerade das Modebusiness gilt als hart, mit mächtigen internationalen Anbietern und billiger Onlinekonkurrenz aus China. Wie wollen Sie mithalten?
Einerseits haben wir unsere Eigenmarken grundlegend überarbeitet. Nicht nur was die Passform und den Stil betrifft. Auch die Qualität der Stoffe ist nun besser. Die Preise haben wir nicht erhöht, sondern punktuell sogar gesenkt. Ein Beispiel: Neu gibt es ein Herren-T-Shirt für 9.95 Franken in einer konkurrenzlos guten Qualität.
Wie wichtig sind solche günstigen Angebote?
Ein attraktives Einstiegssegment hat stark an Bedeutung gewonnen. Wir sehen am Kaufverhalten klar, dass die Kundschaft in der Schweiz stärker aufs Budget achtet und bewusst einkauft. Der Fokus auf den Preis war noch ausgeprägter, als ich erwartet hatte. Gleichzeitig holen wir Marken in unsere Stores, die uns vorher fehlten. Die ersten Auswertungen des neuen Konzepts in den Pilot-Stores sind vielversprechend. Wir konnten den Umsatz je nach Segment prozentual zweistellig steigern.
Welche neuen Marken gibt es?
Max&Co., American Vintage, Armedangels sind nur einige Beispiele. Wichtig dabei: Wir unterscheiden nun viel stärker nach Landesregion und passen das Markenangebot in den Stores den Kundenbedürfnissen an.
Die Geschmäcker sind je nach Landesteil verschieden?
Absolut. Eine Marke wie Strellson kommt in der Deutschschweiz sehr gut an. Marella ist im Tessin beliebt. Sandro, Maje oder Claudie Pierlot mag die Kundschaft in der Westschweiz besonders. Es gibt auch Unterschiede im Stil. Kurzarmhemden sind in der italienischen Schweiz weniger nachgefragt. Es gibt auch Abweichungen im Sortimentsbedarf zwischen Stadt und Land.
Welche?
Nicht alle Marken sind an kleineren Standorten erhältlich. Auch weil gewisse Marken nur an Top-Lagen präsent sein wollen. Auf dem Land sind wir oft der einzige Nahversorger mit Vollsortiment. Wir betreiben vielleicht keinen Supermarkt, aber bieten im Bereich Non-Food sämtliche Produktkategorien an.
Wie wichtig ist das Beauty-Segment für Manor?
Sehr wichtig. Das macht rund ein Viertel unseres Umsatzes aus. Wir sind hier Marktführer und damit in einer Position, einige Marken exklusiv oder Neuerungen als Erste im Angebot zu führen. Zuletzt haben sich die Trends in diesem Bereich etwas verschoben.
In welche Richtung?
Nach Covid standen Make-up und Lippenstift hoch im Kurs. Nun geht der Trend in Richtung Green Beauty. Das Angebot an nachhaltigen Produkten erweitern wir dementsprechend.
Manor hat derzeit 56 Warenhäuser. Zuletzt wurden zwei Standorte im Tessin geschlossen. Folgen weitere Schliessungen?
Wir werden langfristig schweizweit mehr als 50 Warenhäuser betreiben. Natürlich schauen wir auf die Profitabilität der jeweiligen Häuser. Wenn ein Standort in den roten Zahlen ist und keine Perspektive auf eine Trendwende besteht, erneuern wir den Mietvertrag nicht. Es gibt keine Quersubventionierung. Im Tessin betreiben wir weiterhin fünf Häuser und ein Outlet. Nach der Einstellung des Betriebs an besagten zwei Standorten gibt es für über die Hälfte der betroffenen Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung bei Manor in der Region. In Lugano investieren wir zudem stark in den Umbau.
Sie bauen auch die Supermärkte um, demnächst zum Beispiel den Flagshipstore in Genf. Wie bedeutend ist das Food-Business?
In der Westschweiz machen wir je nach Standort mehr Umsatz mit Food als mit Non-Food. Darum sind Investitionen auch in diesem Segment wichtig. Wir setzen auf frische und regionale Produkte. Bio-Brot, Patisserie und viele Convenience-Produkte werden vor Ort produziert, hausgemacht also. Damit grenzen wir uns von der Konkurrenz ab. Gleichzeitig haben wir auch bei den Nahrungsmitteln unser Angebot an Eigenmarken zu einem günstigen Preis ausgebaut. Dies ist angesichts der angespannten Konsumentenstimmung wichtig.
Bald will Globus in Basel nach drei Jahren Umbau die Wiedereröffnung feiern. Wie wird Manor das spüren?
Davor haben wir keine Angst, im Gegenteil, wir freuen uns, dass die Innenstadt wieder belebt wird. Wir haben ein Einstiegssegment und positionieren uns in der gehobenen Mitte. Wir hören da auf, wo Globus anfängt. Es gibt nur wenige Überschneidungen.
Die Warenhäuser von Coop City konnten den Umsatz zuletzt steigern. Ist das die härtere Konkurrenz?
Sie machen ihre Arbeit gut. Meiner Meinung nach haben wir jedoch ein anderes Markenportfolio, exklusive Partnerschaften und im Food verstärkt den Fokus auf hausgemacht und lokal. Die Inszenierung unseres Angebots differenziert sich von der Gestaltung der Schaufenster über das Store-Design bis hin zur Präsentation der Angebote.
Manor will 2027 ins Jelmoli-Haus in der Zürcher Innenstadt einziehen. Jelmoli ächzte unter der hohen Miete. Kann ein Warenhaus an dieser Lage profitabel wirtschaften?
Aus unserer Sicht sind die Mieten natürlich immer zu hoch. In diesem Fall sind sie vertretbar. Es ist ein Business Case, bei dem wir mit diesem Flagshipstore mit einem guten Ergebnis rechnen können. Wir werden die Flächen von Grund auf mit unseren neuen Konzepten gestalten.
Wie schwierig war die Suche im Zürcher Stadtzentrum?
Wir haben uns sehr um den Standort bemüht und lange verhandelt. Nach Bekanntgabe gab es sehr viele positive Reaktionen – und zwar von den Mitarbeitenden wie auch von Kundinnen und Kunden. Wir hörten oft das Feedback, «endlich wieder ein Ort, wo man zu normalen Preisen einkaufen kann». Wir sind eben ein demokratisches Warenhaus.
Wie meinen Sie das?
Bei uns sind alle willkommen. Man wird beim Betreten nicht von oben bis unten angeschaut, ob man hier wirklich reinpasst. Hohe Qualität zu fairen Preisen ist in Zürich mittlerweile eine Seltenheit.
Warum kommt kein Manor-Supermarkt nach Zürich?
Weil uns der Platz fehlt. Es wird aber ein vielfältiges Restaurationsangebot auf über 1000 Quadratmetern geben für den Genuss vor Ort und Take-away. Ein Frühstück mit Kaffee gibt es bei uns im Manora Restaurant schon ab 6.50 Franken. So viel kostet je nach Lokal in Zürich schon ein Espresso.
Spürt Manor bei der Schnellverpflegung, dass die Leute mehr Zeit im Homeoffice verbringen?
Ganz klar, am Freitag läuft weniger. Aber wir sehen insgesamt eine Trendumkehr. Man geht wieder öfter ins Büro.
Wohl auch weil das immer mehr Firmen von ihren Mitarbeitenden verlangen. Wie lautet die Homeoffice-Regel bei Manor?
Der Grossteil unserer Mitarbeitenden arbeitet im Verkauf oder in den Verteilzentralen und hat keine Möglichkeit für Homeoffice. In der Zentrale werden wir die Regel auf Mai anpassen. Wir gehen von zwei Tagen Homeoffice auf einen Tag zurück.
Wird zu Hause zu wenig gearbeitet?
Das ist nicht der Grund. Ich glaube, viele arbeiten daheim sogar mehr und machen kürzere Pausen.
Was ist denn der Grund für die Anpassung?
Es geht um die Unternehmenskultur. Dazu gehört auch der informelle Austausch, der bei Videocalls verloren geht, der aber wertvoll ist. Wenn man sich bei der Kaffeemaschine trifft, bespricht man vielleicht noch etwas, klärt ein Thema oder kommt auf neue Ideen. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Und noch etwas ist enorm wichtig: Mitarbeitende, die neu bei uns eintreten, haben so besser die Möglichkeit, Fuss zu fassen. Sie sehen Kolleginnen und Kollegen nicht nur über den Bildschirm und bekommen ein Gefühl dafür, wie der Laden läuft. Gerade für junge Menschen, die neu ins Arbeitsleben starten, ist eine Integration wichtig.
Wie kommt die neue Regel intern an?
Natürlich sind nicht alle begeistert, aber viele verstehen es. Wir diskutieren und erklären unseren Entscheid. Das funktioniert gut.
Wo ist Ihr Wohnsitz?
Wir haben uns auf der deutschen Seite am Bodensee niedergelassen – mit Blick auf die Schweizer Berge. Wir sind die letzten 20 Jahre aus beruflichen Gründen viel umgezogen. Irgendwann reicht das dann aber auch. Deshalb haben wir als Familie beschlossen, uns dort niederzulassen, wo meine Frau aufgewachsen ist. Es ging also sozusagen «back to the roots».
Manor ist Teil des Familienunternehmens Maus Frères. Wie stark redet die Muttergesellschaft mit?
Wir haben viermal pro Jahr eine Verwaltungsratssitzung. Dort werden Strategien besprochen und vorgestellt. Grundsätzlich kann ich sagen: Man lässt uns machen. Wir spüren den vollen Support der Familie. Das ist wichtig, damit wir unsere Pläne umsetzen können.
Es gab Spekulationen über einen Verkauf von Manor. Was ist da dran?
Das ist kein Thema. Wir investieren viel Geld in neue Konzepte, in den Umbau unserer Warenhäuser und auch in die IT-Infrastruktur. All das ist auf die Zukunft ausgerichtet – das spricht für sich.