Der Schweizer verliess das Unternehmen nach fast zehn Jahren auf dem Chefsessel auf eigenen Wunsch Ende Mai vorzeitig. Er tritt in den Ruhestand. Zum Schluss konnte der wegen gescheiterter Fusionen oft Kritisierte noch mit einem Gewinnsprung auftrumpfen. Der Überschuss stieg um mehr als die Hälfte auf 762 Millionen Euro.
Beim neuen Chef Kengeter will die Deutsche Börse vor allem aus dessen engmaschigem Netz in Asien Kapital schlagen. Mit strategischen Aussagen hielt sich Kengeter an der Generalversammlung Mitte Mai zurück. Nur so viel gab der Deutsche zu Protokoll: Die Deutsche Börse sei «die einzige Börse mit europäischen Standards, welche in der Weltliga spielt».
Er sehe für den Dienstleister «als Bindeglied zwischen Regulierer und Regulierten ... durchaus weiteres Wachstumspotenzial». Zudem böten die Märkte im asiatisch-pazifischen Raum interessante Perspektiven. Mehr erfuhren die Aktionäre zunächst nicht - trotz Nachfragen.
Für Kengeter ist der Sprung an die Spitze der Deutschen Börse ein Comeback: Der Zockerskandal bei der Grossbank UBS führte im September 2012 zu einem Knick in seiner bis dahin steilen Karriere.
Der Londoner Händler Kweku Adoboli hatte die UBS mit betrügerischen Deals um 2,3 Milliarden Dollar gebracht und machte auch seinen Vorgesetzten Vorwürfe. Die UBS entzog Kengeter die Verantwortung für das Investmentbanking. Schliesslich verliess der Vater von drei Kindern die Grossbank 2013.
Schon vor seinem Einstieg bei der UBS 2008 arbeitete Kengeter bei internationalen Grossbanken: Nach dem Betriebswirtschaftsstudium im deutschen Reutlingen und im britischen Middlesex begann er 1992 bei der britischen Barclays.
Nach fünf Jahren wechselte er zu Goldman Sachs in Frankfurt und London. Von 2005 bis 2008 leitete Kengeter von Hongkong aus das asiatische Handelsgeschäft von Goldman.
Die Bedeutung Asiens hatte auch Kengeters Vorgänger Francioni immer wieder betont. Kritiker meinen, der Schweizer habe dies auch mangels eigener Vision getan.
Das ehrgeizigste Projekt der knapp zehnjährigen Amtszeit Francionis - die Fusion mit der New Yorker NYSE/Euronext zum weltgrössten Marktbetreiber - scheiterte Anfang Februar 2012 am Veto der EU-Wettbewerbshüter in Brüssel. Viele Aktionäre haben diese Schlappe noch nicht abgehakt - und hoffen auf frischen Wind unter Kengeter.