Nach einem schwachen Börsenjahr 2018 mit einem Minus von über 10 Prozent und einem phantastischen 2019 mit einem Zuwachs der Kurse um rund 25 Prozent liegt das auslaufende Jahr in der Mitte. Was zu anderen Zeiten ein Gähnen ausgelöst hätte, kann im Jahr, als die Corona-Pandemie das Diktat über Gesellschaft, Politik und Wirtschaft übernahm, durchaus als positive Überraschung wahrgenommen werden.
Die Seitwärtstendenz übers Gesamtjahr darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass an den Börsen Einiges los und die Volatilität im Jahresverlauf entsprechend hoch war. Als sich die Gefährlichkeit des Corona-Virus Mitte Februar manifestierte, brach der hiesige Leitindex SMI von seinem Jahreshoch bei 11'270 Punkten innerhalb von rund vier Wochen bis Mitte März auf das Jahrestief von 7'650 Punkten um beinahe einen Drittel ein.
Nicht ganz so schnell - aber doch schnell - folgte die Erholung. Anfang Juni wurde die Marke von 10'000 Punkten zurückerobert, in der Folge kletterte der SMI wieder auf über 10'500. Einen nochmaligen Rücksetzer brachte dann die zweite Corona-Welle ab Mitte September bis Ende Oktober. Ab dann «retteten» die Aussichten auf die baldige Zulassung von Impfstoffen die Stimmung.
Während der Weihnachtspause lösten sich dann zwei Konflikte, die weiteren Schub gaben. Zum einen gab es nach langem Ringen einen Brexit-Deal, zum anderen hat US-Präsident Donald Trump ein 900 Milliarden US-Dollar schweres Corona-Konjunkturpaket doch noch in Kraft gesetzt.
So steht der SMI kurz nach Weihnachten bei rund 10'517 Punkten, was noch eine leicht negative Jahresbilanz von knapp -1 Prozent ergibt. Bereinigt um den Abzug der Dividenden (SMIC) legte der SMI gar leicht zu.
Im internationalen Vergleich muss sich der SMI nicht verstecken, wenngleich der deutsche DAX zuletzt hat neue Rekordwerte erreicht hat. Dieser steht nun etwas mehr als 1 Prozent über dem Stand von Ende 2019 und
Für den angesichts der beispiellosen Corona-Krise glimplichen Verlauf des Börsenjahres gibt es zwei Hauptgründe: Einerseits die von den Regierungen weltweit ausgelösten Hilfsprogramme für die Wirtschaft, welche die coronabedingt von Produktions- und Lieferunterbrüchen geplagten Unternehmen stützten und damit viele Arbeitsplätze retteten. Und andererseits die Notenbanken, welche ihre schon zuvor sehr expansive Geldpolitik beibehielten oder gar noch einmal ausweiteten. Für die Investoren galt damit noch stärker als in den Vorjahren die Devise: «Aktien, was sonst?».
Auf der politischen Ebene überstrahlten die Präsidentschaftswahlen in den USA alles Übrige. Die Scharmützel im Vorfeld der Wahl und das unrühmliche Nachspiel, inszeniert vom Verlierer, hielten die Börsianer zwar auf Trab und sorgten immer wieder für Kursausschläge in die eine oder andere Richtung. Letztlich blieben sie per Saldo ohne aber grossen Einfluss auf die Aktienkurse.
Wirtschaftlich gesehen sind sich die Ökonomen weitgehend einig, dass auf den markanten Einbruch der Weltwirtschaft im kommenden Jahr eine kräftige Erholung folgen wird. Weniger einig sind sich die Experten in der Frage, wie lange es dauern wird, bis das frühere Niveau wieder erreicht ist. Für die Reise- und dort vor allem für die Luftfahrtbranche wird der Weg der Erholung wohl noch lang und steinig, was die jüngsten Reiseeinschränkungen im Zusammenhang mit einer Mutation des Coronavirus unterstreichen.
Unter den 30 wichtigsten Aktien des SMI/SLI fallen insbesondere zwei so genannte «Corona-Winner» als Überflieger auf: Logitech kosten derzeit über 80 Prozent mehr als noch Ende 2019 und Lonza immerhin knapp 60 Prozent. Während Logitech als Anbieter von Peripherie-Geräten für den Computer vom Trend zu mehr Home Office getrieben wurden, profitierten Lonza von der Ausrichtung als Pharmazulieferer. Und dabei fiel für die Basler natürlich insbesondere die Zusammenarbeit mit Moderna positiv ins Gewicht, dessen Impfstoff gegen Covid vor kurzem eine erste Notfallzulassung erhalten hat und den Lonza mitproduziert.
Guten Gewinn erzielten auch Investoren, die Anfang Jahr auf Sika, Kühne+Nagel und Givaudan gesetzt hatten. Die Avancen dieser drei Titel liegen zwischen 20 und 30 Prozent. Ebenfalls knapp zweistellig liegen Partners Group im Plus, während sich Anleger in ABB oder Straumann mit einstelligen Kurszuwächsen begnügen mussten.
Die klar längere Liste der Verlierer wird von AMS angeführt, gefolgt von Swiss Re und Temenos. Die Abgaben betragen hier zwischen 20 und 30 Prozent.
Bei den drei Index-Elefanten blicken für einmal auch Novartis mit einem Kursminus im zweistelligen Bereich auf ein schwächeres Jahr zurück, wogegen Roche und Nestlé nur wenige Prozentpunkte einbüssten.
Schaut man auf den breiten Markt, stechen die Glückspilze ins Auge, welche Aktien von Relief Therapeutics noch zum Ende 2019 gültigen Preis von einem Zehntelrappen (!) gekauft haben. Derzeit notieren die Papiere bei rund 37 Rappen, im Hoch lagen sie gar bei 80 Rappen. Das Biotechnologieunternehmen strebt gemeinsam mit einem Partner die Zulassung für ein Mittel zum Einsatz gegen Covid-19 bedingtes akutes Lungenversagen an.
Nicht ganz so spektakulär, aber doch beeindruckend ist die Verdreifachung des Kurses des Chemieunternehmens Dottikon ES von Markus Blocher. Und mit Zur Rose konnte eine weiteres Unternehmen aus der Gruppe der «Corona-Profiteure» den Aktienkurs im laufenden Jahr mehr als verdoppeln.
Für die Gegenseite ist die Kurshalbierung der MCH Gruppe sinnbildlich. Der Messebetreiber wurde schwer von der Pandemie getroffen. Ähnlich stark waren die Einbussen beim Technologieunternehmen Wisekey, noch stärker beim Pharmaunternehmen Santhera.
(SDA)