M. Prix Stefan Meierhans kämpft für Konsumenten
Auch in Corona-Zeiten im Westen nix Neues …

Die Kosten im Gesundheitswesen laufen aus dem Ruder. Es braucht dringend Gegensteuer, und dies muss den Patientinnen und Patienten gar nicht wehtun, sagt der Preisüberwacher.
Publiziert: 22.02.2021 um 09:47 Uhr
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Aktualisiert: 23.03.2021 um 11:31 Uhr
Preisüberwacher Stefan Meierhans.
Foto: Keystone
Stefan Meierhans, Preisüberwacher

Unsere Krankenkassenprämien hängen direkt von den Gesamtkosten ab, welche Ärzte, Therapeuten, Spitäler, Pharmafirmen etc. zu Lasten der Grundversicherung abrechnen. Wenn immer mehr Leistungen erbracht werden und teilweise auch noch die Preise dafür steigen, heisst das höhere Kosten, die dann durch höhere Krankenkassenprämien gedeckt werden müssen.

Natürlich ist der medizinische Fortschritt nicht gratis zu haben, auch haben wir glücklicherweise eine sehr hohe Lebenserwartung und nicht zuletzt auch ein vergleichsweise hohes Einkommen. Die Kosten für eine zeitgemässe Gesundheitsversorgung sind also per se immens. Umso wichtiger ist, dass man unnötige Kosten, die beispielsweise durch falsche Anreize entstehen, rigoros ausmerzt.

Ein Blick auf die Situation: Im Jahr 2018 konnten wir etwas aufatmen. Die für die Prämienberechnung relevanten Kosten pro versicherte Person sanken erstmals seit Jahren leicht. Dieses «Tauwetter» dauerte jedoch nur ein einziges Jahr, wie die neusten definitiven Zahlen zeigen. 2019 stiegen die Gesundheitskosten pro versicherte Person gegenüber dem Vorjahr bereits wieder um markante 3,8 Prozent auf insgesamt 34,4 Milliarden Franken. Eine explosive Entwicklung.

Und es kommt noch schlimmer: Die Kosten pro versicherte Person von stationären Spitalaufenthalten stiegen im selben Zeitraum noch stärker (um 5,4%) und diejenigen der Spitalambulatorien am stärksten (um 6,7%). Die Gründe dafür liegen vor allem in den Tarifsystemen der Spitäler. Vereinfacht gesagt: Je mehr Leistungen – Untersuchungen und/oder Operationen – erbracht werden, desto mehr wird verdient. Das Bundesamt für Gesundheit schätzt, dass ein Fünftel der durchgeführten Behandlungen unnötig sind.

Auch die Doppelrolle der Kantone verschärft das Problem: Einerseits sind sie für die Genehmigung der ausgehandelten Tarife zwischen Spitälern und Krankenversicherern zuständig. Gleichzeitig sind sie aber auch Eigentümer zahlreicher Spitäler. Da liegt es schon fast in der Natur der Sache, dass eher «grosszügige» Tarife genehmigt werden.

Der Zielkonflikt ist bekannt und harrt seit Jahren einer Lösung. Für die kommende Zeit sehen Prognostiker auf Seiten der Krankenversicherer keine Kosten-Entspannung. Im Gegenteil: Für dieses Jahr wird ein besonders grosser Kostensprung erwartet – infolge der Kombination aus coronabedingten Zusatzkosten und den Kosten aus nachzuholenden Operationen. Die Auswirkungen davon werden in den Krankenkassenprämien für 2022 sehen.

Gegensteuer bei der Beseitigung von Fehlanreizen ist wichtig und dringend. Deshalb erwarte ich, dass die Gesundheitspolitiker im Parlament ihren Einfluss nutzen, um kostensenkende Massnahmen etwa im Bereich der notorisch überhöhten Medikamentenpreise durchzusetzen.

Viel Geld für medizinischen Fortschritt zu zahlen, ist eins. Viel Geld für Unnötiges zu zahlen oder weil zu grosszügig tarifiert wurde, ist etwas ganz anderes.

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