Lukrativer Streik
Gewerkschaften zahlen jedem Bauarbeiter 170 Franken

3000 Bauarbeiter demonstrieren in der Deutschschweiz gegen die Baumeister. Dafür werden sie von den Gewerkschaften entschädigt – auch wenn sie das gar nicht nötig hätten.
Publiziert: 10.11.2015 um 16:48 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:16 Uhr
2000 Bauarbeiter demonstrieren in Zürich
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Für neuen GAV:2000 Bauarbeiter demonstrieren in Zürich

Auf dem Bau wird heftig gestritten. Die Gewerkschaften fordern, dass sich die Baumeister unter anderem stärker gegen Lohndumping einsetzen und die Renten nicht kürzen. Ende Jahr läuft der Landesmantelvertrag (LMV) aus. Die Baumeister wollen ihn unverändert verlängern, die Gewerkschaften machen nicht mit.

Protestierende Bauarbeiter am Dienstagmittag im Zürcher HB.
Foto: Unia

Darum haben am Montag 3000 Bauarbeiter im Tessin die Arbeit niedergelegt. Heute Dienstag machten 3000 Angestellte das Gleiche in Zürich, Basel und Bern. Alleine in Zürich waren 2000 Bau-Leute unterwegs. Am Mittag nahmen sie für kurze Zeit sogar den Hauptbahnhof ein.

Für die Aktion werden sie von den Gewerkschaften mit je 170 Franken entschädigt. Eine Tatsache, die beim Baumeisterverband (SBV) nicht gut ankommt. Man wirft den Gewerkschaften vor, die Leute zu kaufen.

Geld aus der Streikkasse

Falsch, sagt Unia-Zürich-Sprecher Lorenz Keller. «Unsere Mitglieder erhalten 170 Franken für den Lohnausfall. Es ist eine der ältesten Leistungen der Gewerkschaften, die Arbeitsniederlegung zu entschädigen.» Die meisten würden wegen der Protestaktionen keinen Lohn erhalten.

Gemeint ist die sogenannte Streikkasse. Doch die Gewerkschaften reden bei den Aktionen nicht von Streik, sondern von Protest. Denn Streik ist eigentlich nur im vertragslosen Zustand erlaubt, und noch gilt der LMV bis Ende Jahr. Also dürften die Arbeiter auch nicht aus der Streikkasse bezahlt werden. Keller betont allerdings, dass die meisten Bauarbeiter auch für den Protesttag keinen Lohn erhalten.

Das sieht man bei den Baufirmen anders. Die Marti Bauunternehmung in Zürich zahlt die Löhne normal weiter. «Wer streikt, muss einfach einen Tag Ferien nehmen», sagt Richard Mader, Bereichsleiter Hochbau bei Marti.

Jene Angestellten, die eigentlich gerne arbeiten wollten, aber von der Gewerkschaft davon abgehalten wurden, müssen keinen Ferientag beziehen. Sie kriegen trotzdem ihren Lohn. Weiter betont Mader, dass auf mehreren Baustellen im Raum Zürich normal gearbeitet wird.

Auch beim grössten Schweizer Bauunternehmen Implenia erhalten die protestierenden Angestellten ihren Lohn. Laut Sprecher Reto Aregger stehe es den Angestellten frei, «Ferien zu beziehen oder den Arbeitstag mit Gleitzeit zu kompensieren».

Zahlt Syna auch Mitläufer?

Die Gewerkschaft Syna, die zusammen mit der Unia die Protestaktionen organisiert, zahlt offenbar auch jenen etwas, die gar nicht auf dem Bau arbeiten. Auf Facebook schrieb ein Syna-Mitglied: «Alle, die mitkommen und nicht auf dem Bau arbeiten, erhalten 70 Franken bar auf die Hand.» Für Bauarbeiter gebe es 170 Franken.

Blick.ch konnte bei der Syna niemanden für eine Stellungnahme erreichen. Unia-Sprecher Keller bekräftigt, dass dies bei der Unia nicht zutreffe. (alp)

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